Streit ums OMT-Programm – Wollen wir wirklich Chinas Staatskapitalismus kopieren? (Teil III – Planungsphantasien wie aus dem Politbüro)

Im zweiten Teil dieser Serie wurde hoffentlich klar, dass ohne das OMT-Programm die wichtigste Aufgabe der EZB – stabile Preise zu garantieren – keinen Sinn ergibt: Einem Land (und auch den Marktteilnehmern) stellt sich doch die Frage, was es überhaupt noch in dieser Währungsunion soll? Warum soll es im Euro bleiben, wenn ein solventes Land in einem Währungsverbund nicht vor dem Ausbluten geschützt werden kann? Stabile Preise hin oder her, und über die Unabhängigkeit der Notenbank braucht wir erst gar nicht reden. Die EZB muss leider auf Instrumente zurückgreifen, die eher an die Zeit vor der Währungsunion erinnern. Der Grund liegt darin, dass der Euro-Raum als Währungskonstrukt im Vergleich zur USA vorerst noch unterentwickelt bleibt, wie im ersten Teil und zweiten Teil dieser Serie klar wurde. Genau mit dem OMT-Programm schützt die Euro-Notenbank aber solvente Länder vor einer nie enden wollenden Kapitalflucht und schafft somit die Basis dafür, auch dort stabile...

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Streit ums OMT-Programm – Wollen wir wirklich Chinas Staatskapitalismus kopieren? (Teil II – Was kritisieren denn eigentlich die Deutschen?)

Im ersten Teil dieser Serie über die DIW-Konferenz wurde bereits deutlich, wie Anleihekäufe praktisch zum normalen Geschäft von Notenbanken gehören. Nun muss die EZB natürlich nicht all das tun, was bei allen anderen Notenbanken der Welt zum täglichen Geschäft gehört – das ist klar. Dies allein wäre ein sehr schwaches Pro-Argument für das OMT-Programm. Wie wir aber noch sehen werden, ist es im Großen und Ganzen und wie von Bini Smaghi skizziert genau das richtige Programm, um die Euro-Zone in ihrem halbgaren Zustand zusammen zu halten. Doch zunächst bleibt noch die Frage, was sie eigentlich kritisieren - die oftmals eher konservativen Ökonomen in Deutschland, die Bundesbank und Herr Issing? Den Deutschen missfällt, dass der mögliche Anleiheaufkauf durch die EZB selektiv erfolge. Weil nur Anleihen aus Krisenländern gekauft werden, komme es zu unerwünschten Verteilungseffekten. Die Bundsbank hätte früher nie Anleihen von krisenhaften Bundesländern gekauft, sagt zum Beispiel Stefan Homburg. Stattdessen werde bei der...

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Europa? So wie in Europapokal?

Es scheint, als ob uns Deutschen alles wichtiger ist als die ökonomische Katastrophe im Süden Eurolands: Champions League oder Europameisterschaft im Fußball – alles ist wichtiger als der Absturz Spaniens, Griechenlands oder Zyperns. Ja, das sei schon sehr bedauerlich und auch recht schmerzvoll, heißt es dann oft von unserer Regierung oder unserer Bundesbank. Doch die Krisenländer müssen eben büßen für die Verfehlungen der vergangenen Jahre. Es ginge halt nicht anders. Woran könnte das wohl liegen? Warum bleiben viele unserer Politiker so ungerührt bei der Tragödie, die sich vor unserer Haustür abspielt? Vielleicht sollten wir dorthin schauen, wo einige unserer Großkonzerne mittlerweile sehr viel Geld verdienen: nach China. Vor wenigen Wochen hatte ich es bereits über einen Umweg versucht, der zugegeben eher eine Vermutung war. Doch mittlerweile hat das Handelblatt zusammen mit der Unternehmensberatung EAC International Consulting Anfang August die Umsatzzahlen der 30 DAX-Konzerne in China aus dem vergangenen Jahr veröffentlicht: Um die...

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Streit ums OMT-Programm – Wollen wir wirklich Chinas Staatskapitalismus kopieren? (Teil I – Ein starkes Pro-Argument von Lorenzo Bini Smaghi)

Das beste Argument für unbegrenzte Anleihekäufe (auch bekannt als OMT-Programm) der EZB kam vom Lorenzo Bini Smaghi. Der Italiener saß vom 1. Juni 2005 bis 31. Dezember 2011 im Direktorium der Euro-Notenbank. Am Montag saß er auf dem Podium dieser Konferenz in Berlin. (Hier das Twitter-Protokoll zum Nachlesen) Der Ex-Währungshüter trug in meinen Augen das beste Pro-Argument gegen die Kritiker wie Otmar Issing oder Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich vor. Bini Smaghis Argumentation ist einfach und doch sehr einleuchtend - sie geht so: Wir müssen uns einfach nur vorstellen, die EZB ist - wie heute auch - die Notenbank für unseren gemeinsamen Währungsraum. Nun stellen wir uns aber auch vor, es gebe weiterhin wie früher D-Mark, Franc, Lira oder Peseta. Die nationalen Währungen wären über einmalig festgelegte Wechselkurse aneinandergekettet. Damit hätten wir es wie heute auch mit einer Gemeinschaftswährung zu tun. Denn die EZB müsste sich in diesem hypothetischen Fall verpflichten, immer dann am...

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Die Schwalbe und der Sommer (Teil 1 – Die Binnennachfrage)

Gut, es ist Wahlkampf. Da kann man schon einmal Sachen durcheinanderbringen. Alles nicht weiter schlimm. Morgen haben wir eh schon wieder vergessen, was unser Wirtschaftsminister den lieben langen Tag rumerzählt. So wie das, was er am Mittwoch gesagt hat: „Das Wirtschaftswachstum in Deutschland gewinnt derzeit neuen Schwung. Damit tragen wir dazu bei, dass nun auch der Euroraum insgesamt aus der eineinhalb Jahre dauernden Rezession herauskommt. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft wird immer stärker von der Binnennachfrage getragen.“ Wir stoppen hier, aus der Pressemitteilung der Bundesregierung zu zitieren. Wer jetzt schon weiterlesen möchte - hier geht’s lang. Wir kommen gleich noch einmal darauf zurück. Schauen wir uns stattdessen die Zahlen des deutschen Bruttoinlandsprodukts etwas genauer an. Das ist wegen ein paar Sondereffekten im Frühjahr wieder gestiegen, nachdem es im Winter noch stagniert war. Der Winter war aber sehr, sehr, sehr kalt und viele Bauarbeiter mussten ihre Arbeiten deswegen auf das Frühjahr verschieben. Somit interessiert...

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Meine Stimme aus Wien: Es wird sehr viel Blut fließen

Morgen erscheint im WirtschaftsBlatt aus Wien ein Leitartikel - von mir geschrieben - und nach dem Cartoon geht's los: Cartoon mit freundlicher Genehmigung von OL (http://webseite.ol-cartoon.de) Die kriegerische Eskalation in Syrien kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Nicht genug, dass fast alle wichtigen Schwellenländer mit Kapitalabflüssen und Währungskrisen kämpfen. Die militärischen Drohungen aus Washington verschärfen bereits die Turbulenzen: Die Ölpreise schießen nach oben und die Aktienkurse gehen in den Keller. Auch Europa wird die Schockwellen spüren. Natürlich stehen in einem Krieg immer die Toten und das Leiden der Opfer im Mittelpunkt. Und sollte es sich bewahrheiten, dass Syriens Führung hinter dem Giftgasangriff steht, so ist dies ein abscheuliches Verbrechen. Doch die Frage, wie die Amerikaner damit umgehen sollen, bleibt heikel: Eine Destabilisierung des Nahen Ostens wird gravierende Folgen haben. Vieles, was sich derzeit in Syrien abspielt, erinnert an den Beginn des Irak-Kriegs 2003. Beweise über Massenvernichtungswaffen bei Saddam Hussein stellten sich Jahre später als Lug und Trug heraus. ...

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Es drohen neue Fiskalschocks!

Eine zwiespältige Stimmung ist zuletzt aufgekommen im Euroland – zumindest aus konjunktureller Sicht. In den großen Euro-Ländern schrumpft die Wirtschaftleistung zwar noch. Zugleich scheint es aber so, als würden sich die Krisenländer langsam an eine Wachstumswende heranschleichen: In Italien lag das Minus nur noch bei minus 0,2 Prozent und in Spanien waren es sogar nur noch minus 0,1 Prozent im Frühjahr. Die aufgehellten Krisenzahlen des Frühjahrs zeigen zwar eins: Die Regierungen kürzten ihre Ausgaben weniger rabiat und sie erhöhten weniger harsch ihr Einnahmen. Und schon stellte der moderate „Sparkurs“ die Weichen dafür, dass es bald wieder aufwärts gehen könnte. Doch was auf den ersten Blick erfreulich stimmt, dürfte bald schon wieder verfliegen. Denn im Herbst droht eine neue Austeritätswelle. Wie wir gleich sehen werden, haben sich die Regierungen in Madrid und Rom offensichtlich bewusst über die Vorgaben aus Brüssel hinwegsetzt. Wahrscheinlich nur deswegen konnten überhaupt die ersten vorsichtigen Hoffnungsschimmer aufkommen. Doch jetzt...

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Wo bleibt nur der spanische Schlendrian, nachdem die EZB und Frau Merkel die Austeritätspolitik beendet haben?

Die Austeritätspolitik war bitter für Spanien, sie war aber nie das größte Problem. Es war schon schlimm als die Regierung in Madrid Mitte 2011 anfing, rabiat Ausgaben zu streichen und Einnahmen zu erhöhen (die Betonung liegt auf „rabiat“ – alles andere ist keine Austerität!): Die Arbeitslosenquote war zuvor von gut 8 Prozent Mitte 2007 - dem Beginn der Finanzkrise - auf 21 Prozent hochgeschnellt. Die geplatzte Immobilienblase hat Privathaushalte, aber vor allem Unternehmen überschuldet zurückgelassen. Ein Desaster, das keinen Deutschen zu Übermut verleiten sollte. Denn wir waren es, die diesen Boom zuvor finanziert haben – auch wir Kleinsparer. Die wenigsten Deutschen waren sich der historischen Verantwortung für die spanische Katastrophe bewusst. Und so haben wir mit dazu beigetragen, dass alles noch viel schlimmer wird. Irgendwann werden Ökonomen die Wirkung der Austerität genauer untersuchen. Wahrscheinlich werden sie dann feststellen, dass genau diese Politik die Arbeitslosigkeit noch einmal um mehr als 5 Prozentpunkte...

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Nachtrag Exporteuropameister: Ist die Welt so dumm und kauft überteuerte spanische Güter?

Am Wochenende fand eine interessante Diskussion zum vorherigen Beitrag hier im Blog statt. Zwischen Thorsten Hild von der sehr lesenswerten Seite www.wirtschaftundgesellschaft.de (da sollte man ruhig regelmäßig vorbeischauen) und mir. Konkret schrieb Thorsten auf seiner Seite und später diskutierten wir auf Facebook. Seine Meinung war – kurz zusammengefasst -, dass erst die Entwicklung seit 1999 zeigen würde, wie die Länder im Euroraum auseinander gedriftet sind. Womit er natürlich völlig recht hat. Aber er meint auch, das würde dann erklären, warum Länder wie Spanien ihre Preise und Löhne senken müssen (abwerten) und Deutschland umgekehrt aufwerten müsse. Daran zweifle ich jedoch weiterhin - zumindest mit Blick auf Spanien oder auch Portugal. Ich bleibe bei meiner Einschätzung. Die Export- und Lohnentwicklung seit 1999 erklärt zwar die Ursache der Krise. Sie erklärt jedoch nicht, welchen "Anpassungsbedarf" es noch geben könnte. Gerade mit Blick auf Spanien bedeutet die These von Hans-Werner Sinn doch nur eins: Die ganze...

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Exporteuropameister oder wie Hans-Werner Sinn den Spaniern Wettbewerbsfähigkeit bescheinigt

Eine beliebte These von Hans-Werner Sinn geht so: „Spanien, Griechenland und Portugal müssen längerfristig im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone um etwa 30 Prozent billiger werden, um wieder wettbewerbsfähig zu werden und selbst Frankreichs Preise müssen um 20 Prozent gegenüber dem Durchschnitt fallen.“ Ein Satz, den auch der ahnungslose Herr Lucke von der AfD bei jeder Gelegenheit nachplappert. Als Sinn am 12. Oktober 2012 sein Buch „Die Target-Falle“ in  Berlin der Presse vorstellte, fragte ich ihn: Wie kann es dann aber sein, dass Spanien seit der Finanzkrise die Ausfuhr genau so stark steigert wie Deutschland? Nach meinen Audioaufzeichnungen antworte Sinn wie folgt: „Die sind ja gar nicht so stark gestiegen, die spanischen Exporte sind noch nicht wieder auf dem Trendniveau. Das war ja 2009 alles in den Keller gegangen. Beim Trend ist auch in Spanien noch nicht wieder angekommen. Wenn wirklich eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dahinter stünde, würden wir mindestens doch mal...

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