Österreichs bittere Bilanzrezession
Schauen wir uns die stagnierende Wirtschaft Österreichs an und sofort kommt uns Richard Koo und seine Bilanzrezession in den Sinn. Ja auch die Alpenrepublik hatte in den Jahren vor der Finanzkrise ihren Kreditboom. Hier waren es Immobilien und viel versprechende Projekte in Osteuropa. Nicht wenige Unternehmen ließen sich deswegen hinreißen. Einen Kredit nach dem anderen nahmen sie auf. Sehr oft und gerne in Yen oder Schweizer Franken.
Das war der klassische Carry Trade, bei dem Kreditnehmer sich in niedrig verzinsten Währungen verschulden, um das geliehene Geld in höher verzinsten Regionen der Welt anzulegen.
Nun ist es aber so eine Sache mit den Schulden des Privatsektors. Werden sie einmal zu groß, kommt Unternehmen und Haushalte an einen kritischen Punkt. Von da an geht nichts mehr. Wie jetzt bei den Österreichern. Selbst in lukrative Projekte legen sie kein Geld mehr an, weil der Schuldendienst einfach zu hoch ist, erzählte mir ein Forscher vom Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo. Das verspricht nichts Gutes, sollte einmal die Nachfrage auch Deutschland und Ostmitteleuropa wieder anspringen.
Mit fast 8 Prozent über dem Durchschnitt 1995 bis 2007 sind die Österreicher zwar noch gut dabei mit ihren Schuldentilgungen und Zinszahlungen. Zugleich werden die Banken aber vorsichtiger. Die Institute müssen zwar ihre Finanzanlagen, wie es Kredite nun einmal sind, mit mehr Eigenkapital refinanzieren. Bekommen sie aber keine frischen Eigenmittel, bleibt ihnen nur noch der Bilanzabbau. Banken und Unternehmen schrumpfen zeitgleich Angebot und Nachfrage nach neuen Krediten.
Auch in Deutschland hatten wir so einen Wendepunkt. Da waren die Schulden 2003 auf knapp 140 Prozent des BIP gestiegen. Danach hieß es erst einmal Schuldenabbau – und das über Jahre. Erst seit Anfang 2011 hat sich die Verschuldung stabilisiert, wie das jüngste Update der BIZ-Daten zeigen. Die Österreicher wären sicherlich froh, wenn sie jetzt nur bei 140 Prozent liegen würden.
Was wir jetz in Österreich sehen, ist eine klassische Bilanzrezession wie sie nicht besser im Bilderbuch stehen könnte. Allein im vierten Quartal 2012 sank die Verschuldung um 2 Prozentpunkte des BIP. Seit dem Hoch Ende 2010 – da waren es noch 164 Prozent des BIP – ging es bereits 6 Prozentpunkte runter. Die Banken berichten von nachlassendem Kreditgeschäft auch in den ersten fünf Monaten des Jahres. Und das Schlimme ist, niemand weiß, wann die Firmen wieder anfangen, zu investieren und neuen Kredit dafür aufzunehmen.
Was war Richard Koos Rezept für eine Volkswirtschaft in der Bilanzrezession? Der Staat muss einspringen. Aber das geht nun nicht mehr. Völlig egal, dass wir Privatschulden nicht mit Staatsschulden in einen Topf werfen sollten – wir Deutschen glauben nun einmal an Regeln, so wie die tollen Schuldenbremsen. Und daran müssen wir alle Europäer jetzt auch glauben. Über eins allerdings, da können sie in Berlin ganz sicher sein, in Wien werden sie Frau Merkel sicherlich nicht mit Hitler-Bildern begrüßen. Dann werden sich die Arbeitslosen eben etwa anderes einfallen lassen. Ganz sicher.
ps: Die Regierung hat ein Konjunkturpaket mit zusätzlichen Ausgaben von 800 Mio. Euro, über zwei Jahr verteilt, verabschiedet. Das sind gerade einmal 0,25% des BIP.
pps: Noch hat Österreich mit 4,7 Prozent Arbeitslosigkeit die niedrigste Quote in der EU – praktisch Vollbeschäftigung. Die Pleite des Baukonzerns Alpine war allerdings wohl nur ein Vorbote für das, was jetzt noch droht.