Deutschland könnte Europa in die Rezession stürzen

Auch wenn es schwerfällt, ich bleibe dabei: Anders als 2014/15 halte ich mich diesmal mit Rezessionsvorhersagen zurück. Wenn alle über eine nahende Wirtschaftskrise reden, ist es vielleicht eh besser, etwas nüchterner auf den Konjunkturverlauf zu blicken und keine Panik zu verbreiten. Anderseits wird jedoch auch Zweckoptimismus einen Abwärtssog kaum aufhalten können, wenn er einmal begonnen hat. Fakt ist zumindest auch: Bislang gibt es kaum Anzeichen, dass sich die Stimmung im Frühjahr in Europa drehen könnte. Es bleibt alles dunkelgrau. Wie stark konkret Handelskriege, EU-Austrittsverhandlungen oder eben auch sinkende Aktienkurse das Wirtschaftsgeschehen bestimmen, lässt sich wahrscheinlich niemals mit Modellen ermitteln, die akademische Volkswirte so gerne mögen. Aber zumindest lässt sich aus der Entwicklung der Betriebsüberschüsse und des Kapitalaufbaus sowie der Kreditaufnahme die Grunddynamik erkennen, die eine Volkswirtschaft voran oder abwärts treibt. So geht die Grundthese dieses Blogs, in dem wir uns die typischen Muster eines Konjunkturzyklus anschauen. Für die monatlichen Konjunkturindikatoren aus Deutschland...

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Tiefgraue Weihnachten in Deutschland

Nach einer kleinen Pause wollte ich eigentlich schon länger wieder einen Beitrag zur deutschen Konjunktur schreiben. Doch mit jedem Monat, der verging, wenn die Statistiker die neuesten Zahlen zur Auftragslage und zur Produktion in der Industrie veröffentlichten, mit jeder neuen Umfrage des Ifo-Instituts oder neuen Frühindikatoren zum Arbeitsmarkt schwand meine Hoffnung. Nein, nicht die Hoffnung auf eine konjunkturelle Besserung, sondern die Hoffnung, endlich etwas klarer zu sehen. Mit Blick (hier der Twitter-Thread von Ende November) auf die jüngsten Daten kommt mir nur ein komisches Wort in den Sinn: *PaintItExtremDunkelGrau*. Bei all der Indikatorschau und Kaffeesatzleserei auf Twitter fällt mir dann doch noch mein Lieblingsfrühindikator auf. Der hat nur einen Nachteil: Die Google-Suchanfragen nach «konjunktureller Kurzarbeit» schwanken sehr stark. Und wenn Weihnachten ansteht, wird eben weniger nach solchen Wörtern gesucht. Hier brauchen wir also noch eine Bestätigung im Januar. Stand heute zeichnet sich immerhin eine Entspannung im März und April ab. Gleichwohl steht...

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Meine Stimme aus Zürich: Die EZB hat alles richtig gemacht

Die Eurowährungshüter beenden wie in Aussicht gestellt das umstrittene Anleihenkaufprogramm. Ab dem neuen Jahr werden nur noch die Rückflüsse aus den Tilgungen wiederangelegt, der Bestand an Schuldverschreibungen auf der Bilanz der Europäischen Zentralbank (EZB) wird vorerst nicht schrumpfen  – und das noch eine Weile über den Zeitpunkt hinaus, ab dem die Notenbank ihre Leitzinsen erhöhen wird. Wann auch immer das sein wird. Die unkonventionelle Geldpolitik diente wie schon zuvor in den USA oder in Grossbritannien und Japan dazu, dass eine Wirtschaftskrise nicht durch sinkende Preise verschärft wird. Denn die Anleihenkäufe sind neben Leitzinssenkungen ein Instrument, um das Zinsniveau in einem Land zu drücken, was wiederum das Kreditgeschäft stützt. Es kann dadurch auch zu steigenden Aktienkursen und einer Währungsabwertung kommen, die wiederum den Exporteuren hilft. Die Handelspartner dagegen sind mit einer Aufwertung konfrontiert, wie die Schweiz leidvoll erleben musste. Diffuse Ängste und Vorurteile in Deutschland Vor allem in Deutschland waren die Anleihenkäufe umstritten, war...

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Vergesst die amerikanische Zinskurve

Die deutsche Ökonomenzunft hat das Sommerloch damit gefüllt, das Target-Zahlungsverkehrssystem der Euronotenbanken noch einmal durchzukauen. Selbst wir bei FuW haben das Thema aufgegriffen, mit dem sich doch so schön hysterisch Panik verbreiten lässt: meine Analyse [Abo] und der Kommentar, zudem ein sehr langer und detaillierter Thread aus 140 Tweets sowie Anmerkungen zum Saldenausgleich. Es wird also Zeit, dass wir uns wieder einmal der Konjunktur widmen. Die Wachstumsdelle in der deutschen Industrie (2% Umsatzrückgang bei Investitionsgütern im ersten Halbjahr) hat sich vor dem Sommer etwas stabilisiert. Wenngleich die Neuaufträge für Investitionsgüter bis zuletzt weiter geschrumpft sind. Während der Dax den Aufwärtstrend seit 2009 erstmals nach unten durchbrochen hat, haben die Statistiker diese Woche die letzten Daten für das Frühjahrsquartal in Deutschland veröffentlicht: die Nettoinvestitionen, die hier im Blog so wichtig sind. Aus den Bruttozahlen wissen wir aber bereits, dass die privaten Ausrüstungsinvestitionen an Fahrt gewonnen haben, was an den vielen Grossbestellungen des Vorjahres...

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Meine Stimme aus Zürich: Keine Bange um die Bundesbank

Hans-Werner Sinn wird auch 2018 nicht müde. Noch immer fordert er, dass die Euro-Notenbanken ihren grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr strikt begrenzen. Stattdessen wünscht er sich ein privates System als Alternative herbei, die mögliche Verlustrisiken der Notenbanken reduziert. Leider bleibt der Ökonom auch in diesem heissen Sommer recht vage dabei, Verlustszenarien zu konkretisieren – es geht ihm immer nur um maximale Schadenssummen. Oder maximale Verunsicherung? Dabei können wir Woche für Woche aus den Bilanzposten des Eurosystems ohnehin ablesen, wie hoch der unplausible Totalverlust aller Forderungen der Euro-Notenbanken gegen Kreditinstitute, Regierungen und Unternehmen wäre: aktuell 3316 Mrd. €. Über den deutschen Anteil am Risiko der Geldpolitik sagen diese Positionen tatsächlich mehr aus als die Targetforderungen der Bundesbank, an denen sich Hans-Werner Sinn seit 2011 abarbeitet. Die private Geldleihe der Banken liegt darnieder Leider erklärt uns der emeritierte Professor auch nicht, wie ein privater Zahlungsverkehr funktionieren soll, wenn schon der private Geldmarkt der Banken seit der Finanzkrise darniederliegt....

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Die Chartparade zur deutschen Wachstumsdelle

Seit unseren beiden vorherigen Beiträgen hier im Blog über die deutsche Wachstumsdelle hat sich nichts Grundlegendes geändert. Die April-Daten brachten durchweg eine weitere Abschwächung, auch in den Neuaufträgen, die wiederum das künftige Wachstumstempo bestimmen. Bis März schrumpfte der Umsatz bereits in klassischen Branchen der Vorleistungsproduzenten wie Chemie und Metall. Jetzt erfasst die Produktionsschwäche auch noch Investitionsgüterbranchen wie Elektro und Maschinenbau, die zuvor bereits langsamere Jahresraten gesehen hatten. Die Autobauer, die für Unternehmen und für Privathaushalte produzieren, halten sich noch besser, und das angesichts der Drohung von Strafzöllen aus den USA. Kurzum: Ablauf und Breite der Wachstumsdelle sprechen dafür, dass weniger Sonderfaktoren und Währungsschwankungen am Werk sind. Auch keine plötzliche Verunsicherung oder Furcht vor Handelskriegen erklären die Schwäche bisher – was allerdings noch kommen kann. Es spricht einiges dafür, dass es nach einem zyklischen Schwächeanfall aussieht. Für eine ernsthafte Rezessionsgefahr müsste die Produktion wohl noch stärker sinken und müssten die Unternehmen ihre...

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Richtungssuche in der deutschen Wachstumsdelle

Nun ist es also der starke Euro. Oder das teurer werdende Öl. Einige Volkswirte haben die wichtigsten Gründe dafür gefunden, was ihrer Ansicht nach das Wachstum in Deutschland von 0,6% im vierten Quartal 2017 auf 0,3% im ersten Quartal halbiert hat. Und warum die Schwäche im Frühjahr wohl noch anhalten dürfte. Natürlich sind dies sind nicht die einzigen Gründe, die wir in den Berichten zum schwachen Jahresstart der deutschen Volkswirtschaft finden. Wie wir gleich sehen werden, erinnern sie allerdings an einen bunten Blumenstrauss an Erklärungen, aus denen sich jeder etwas raussuchen darf. Eins scheint unter den Konjunkturbeobachtern in den Banken und Versicherungen immerhin klar zu sein: Wir haben nicht etwa den Beginn eines längeren Abwärtstrends gesehen, Deutschland durchschreite nur eine mehr oder weniger lange Wachstumsdelle – wie sie nach synchronen Erholungen der Weltwirtschaft (z.B. 2017) nicht ungewöhnlich ist. Verständlich ist zwar, dass die Fachleute im Zweifel immer den optimistischen Blickwinkel einnehmen,...

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Deutschlands platzende Auftragsblase – oft ein Vorbote für eine Rezession

Es gibt keine Zweifel mehr, in Deutschland ist das erste Quartal 2018 schlechter gelaufen als jedes Quartal im Vorjahr. In der Zeitung habe ich bereits über diese kleine Konjunkturdelle geschrieben, die wir allerdings noch nicht als Krisensignal interpretieren sollten. Es stimmt zwar, in den vergangenen Jahren konnten wir öfter beobachten, dass vor konjunkturellen Wendepunkten besonders viele Grossaufträge in der Industrie eingehen. Doch wir wissen noch nicht, ob die derzeit platzende Auftragsblase (die wir gleich genauer betrachten werden) direkt in die nächste Rezession führt. Wie für die US-Wirtschaft gilt für Deutschland: Auch diese Abkühlung kann immer noch eine neue Welle im Aufschwung einläuten. Das Rezessionsszenario wird allerdings immer wahrscheinlicher, je mehr solcher Wellen wir in diesem Konjunkturzyklus zählen. Ende des vergangenen Jahres zeigten die Konjunkturimpulse in der State-of-Swing-Taktiktafel jedenfalls noch eine leicht zunehmende Investitionsdynamik in Deutschland. Selbst die Gewinnquote des Standorts (also ohne operative Profite im Auslandgeschäft) schrumpfte langsamer. Damit könnte sich...

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Trump wird noch ein genialer Konjunkturpolitiker – vielleicht

So schnell kann es gehen. Vor Monaten hätte ich mich noch fast darüber beklagt, wie der globale und synchronisierte Aufschwung mich einlullt. Und schon ist es vorbei mit der Ruhe. Dabei muss man natürlich wissen, dass immer, wenn sich Konjunkturbeobachter langweilen, es der Wirtschaft, den Unternehmen und ihren Beschäftigten, eigentlich prima geht. Und tatsächlich deutet sich derzeit nach einem ordentlichen Schlussquartal auch für den Jahresanfang solides Wachstum in den grossen Wirtschaftsräumen wie den USA und Euroland an. Von Rezessionsgefahr bislang keine Spur. Selbst Europas Wirtschaft hat den kleinen Durchhänger Mitte 2017 offensichtlich überwunden. Weniger ruhig dürfte es dennoch werden, wenn wir uns die Neuaufträge der Investitionsgüterhersteller anschauen. Wie hier im Blog schon öfter gesehen, sind Investitionen in Kapital (vor allem Maschinen und andere Ausrüstung) die wichtigste Triebkraft eines jeden Aufschwungs. Durch Investitionen entstehen neue Jobs, und die Produktivität verbessert sich – in der Regel. Was wiederum positiv für die Kapitaleigentümer wirkt,...

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Die Taktiktafel der Konjunkturanalyse

Wirtschaftskrisen kommen selten unvorhergesehen. Klar, der genaue Zeitpunkt lässt sich eigentlich niemals voraussagen, auch nicht, wie lange eine Rezession dauert. Selbst die meisten ökonomischen Modelle taugen da recht wenig, wenn es darum geht, die Gründe für die periodischen Schwankungen der Wirtschaftsleistung zu erklären. In diesem Blog verfolge ich dagegen den Ansatz, dass Konjunkturkrisen deswegen ausbrechen, weil sich zuvor immer Übertreibungen in der Realwirtschaft herausbilden. Die Unternehmen investieren im Aufschwung fortlaufend in den Kapitalstock. Da ihnen in einer Marktwirtschaft aber niemand vorschreiben kann, wie viel sie in neue Maschinen und Anlagen investieren können oder sollten, damit die Gewinne weiterhin wachsen, passiert im Aufschwung Folgendes: Die Neuinvestitionen wachsen schneller und nochmals schneller als die Einkommen. Was nichts anderes heisst, als dass die privaten Konsumausgaben langsamer zulegen. Kapitalimpuls, Profitimpuls und Kreditimpuls Zugleich wächst regelmässig die Gewinnsumme schneller als die Lohnsumme – bevor der Staat über Steuern und Abgaben die Einkommen umverteilt. Genau diese Konjunkturdynamik lässt sich...

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