Darum wird jede Standortdebatte in diesem Wahlkampf spurlos versickern

Gestern hat ein Tweet von Michael Hüther, Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, mich dazu gebracht eine ältere Grafik hervorzukramen. Sie stammt noch aus dem Jahr 2013 - gleich sehen wir eine aktualisierte Version. Sie zeigt den Zusammenhang, den viele für die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit noch immer als fundmental erachten: Wenn die Arbeitnehmer entsprechend der Entwicklung der Arbeitsproduktivität entlohnt werden und dazu noch einen Inflationsausgleich bekommen, sei der Verteilungsspielraum zwischen Kapital und Arbeit ausgeschöpft - alle Seiten partizipieren gleichmässig am wachsenden Wohlstand. Wobei allerdings ausgeblendet wird, dass auf der Kapitalseite weniger Menschen Einkommen beziehen als auf der Seite der Arbeit. Aber egal. Genau dieser gesellschaftliche Konsens gilt seit 1996 nicht mehr. Damals versuchte Helmut Kohl ein „Bündnis für Arbeit“ zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schmieden, das allerdings scheiterte. Nichtsdestotrotz wichen die Tarifparteien seitdem vom Konsens ab, der die alte Bundesrepublik so lange geprägt hatte. Wie auch...

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Überhitzungsphantasien vernebeln die Köpfe unserer Wirtschaftspolitiker

Die Frucht geht um in Deutschland, dass die gute Lage am Arbeitsmarkt zu stärkeren Lohnsteigerungen führt und somit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gefährden könnte. Deshalb kursiert seit geraumer Zeit in konservativen oder eher marktliberalen Kreisen bei Politikern, Technokraten und in den Medien die eigenartige These von den ausgelasteten Kapazitäten (Maschinen, Anlagen, Computer usw.). Diese Mär dient allerdings nur als Vorwand dafür, dass die öffentlichen Haushalte sich trotz Nullzinsen nicht noch mehr verschulden dürfen. Wenn überhaupt dann sollen sie bitte ihre Ausgaben umschichten. Das allein klingt schon extrem merkwürdig, kennen wir doch den Investitionsbedarf der Kommunen von 136 Mrd. €. Wer kann da noch ernsthaft behaupten, wir müssten uns Spielraum verschaffen, um für künftige Krisen gewappnet so sein, so das Lieblingsmantra der Regierenden? Denn solch eine Krise, sie ist längst schon da! Und was genau wollen denn unsere lieben Experten hier noch umschichten? Auf der anderen Seite geistern offizielle und inoffizielle Verschuldungsprojektionen...

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Blockchain: Auch die Zukunft der Medien hängt an einer Kette

Dies war mein letzter Artikel, den ich für das WirtschaftsBlatt geschrieben haben. Am 2. September wurde die einzige Wirtschaftstageszeitung Österreichs eingestellt. Wir hatten in der Zeitung eine Rubrik, die hieß Wirtschaftswunder. Hier war eigentlich alles erlaubt: Reportagen, Features und auch Meinungsstücke oder Analysen. Oder alles zusammen. Schön, dass jemand der nicht an Wirtschaftswunder glaubt, das letzte Stück in dieser Rubrik schreiben durfte. Der Begriff der Blockchain kommt hier allerdings zu kurz, so dass ich auf folgenden Artikel (Was ist eigentlich die Blockchain?) aus der FAZ verlinken möchte. Gern hätten wir auch in den nächsten 21 Jahren beschrieben und beleuchtet, wie und wo die Geschäfte in Österreich und auf der Welt gut und wo sie schlecht laufen. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir stattdessen die vielen Karriere-Beilagen des WirtschaftsBlatts durchsehen, die seit 1995 Woche für Woche erschienen sind: Tipps für Bewerbungen oder wie man eine Firma gründet wird uns brennend...

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Meine Stimme aus Wien: Der Durst wächst – nach Wirtschaftsinformationen

Wer sich die globale Konjunkturentwicklung anschaut, dem fällt sicherlich die Divergenz zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen auf. Amerikas Notenbankchefin, Janet Yellen, bekräftigte am Freitag zwar ihren positiven Ausblick. Interessanter war, was uns die zum Zwangsoptimismus verurteilte Ökonomin verschwieg: Die operativen Nettogewinne der US-Unternehmen sanken in den zwölf Monaten bis Juni um 3,4 Prozent. Kein Wunder, fahren die Manager doch ihre Neuinvestitionen zurück-um fast zehn Prozent. Hinzu kommt noch ein Alarmsignal: Die Firmen weiten ihre Lohnsumme deutlich langsamer aus, im Frühjahr verlangsamte sich der Zuwachs um 19 Prozent im Vergleich zum Sommer 2015. Anders sieht es auf den ersten Blick in der größten Volkswirtschaft des Eurolands aus. In Deutschland stieg der Exportüberschuss im Frühjahr auf den Rekord von 7,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In den zwölf Monaten bis Juni nahm die Nettoexportquote um 0,56 Prozentpunkte zu, während von den privaten Investitionen kein Impuls erkennbar war. Unübersehbar lässt der Impuls aus dem Außenhandel...

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Meine Stimme aus Wien: Gefährliche Steuersenkungsfantasien

Was für Unternehmen gilt, stimmt mitunter auch für ganze Standorte. Nur wer in zukunftsfähige Geschäfte investiert, wird im Wettbewerb bestehen können. Das, was gerade in Deutschland abläuft, erinnert fatalerweise aber an manches Unternehmen, das alle Warnrufe von Branchenkennern oder sogar aus der eigenen Belegschaft einfach mir nichts, dir nichts in den Wind schlägt und fröhlich weiter in bereits gescheiterte Geschäftsmodelle investiert. Bitter natürlich für so manche Belegschaft. Bitter für die Kinder und Kindeskinder der berufstätigen Deutschen ist das Versagen ihrer öffentlichen Haushalte. Investruinen in Berlin und Hamburg verschlingen Milliarden. Gleichwohl feiert Finanzminister Schäuble munter Überschüsse, schließlich will er der Enkelgeneration weniger Schulden hinterlassen. Doch während viele die schwarze Null bejubeln, verrotten überall im Land Brücken, Straßen und Schulen. Der Wertverlust durch ausgebliebene Ersatzinvestitionen in die öffentliche Infrastruktur summiert sich bereits auf gewaltige 67 Milliarden €. (Anmerkung: Nach neuesten Zahlen sind es bereits 69 Mrd. €). Da mutet die Steuersenkungsdebatte im Nachbarland geradezu grotesk...

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Meine Stimme aus Wien: Neue Geschäftsmodelle in Zeiten des Abschwungs

Der Konjunkturzyklus in den USA gibt noch immer Rätsel auf. Die Währungshüter der Notenbank Federal Reserve stochern im Nebel herum und verwirren die Marktteilnehmer noch zusätzlich mit ihren Aussagen. Dabei datiert die Industriestaatenorganisation OECD den Höhepunkt des vorigen Aufschwungs bereits auf Juli 2015 - seitdem erlebt die USA also einen Abschwung, der in einer Rezession mit Jobabbau und mauen Zuwächsen oder sogar schrumpfender Wirtschaftsleistung enden kann. Wir haben an dieser Stelle öfter dokumentiert, dass seit Sommer 2015 die Konjunkturpessimisten lauter werden. Ihre wichtigsten Argumente: Die Profitabilität der Unternehmen geht zurück und seit vorigem Jahr sinken die Investitionen. Neu ist jetzt, dass seit dem Frühjahr der Privatkonsum schneller wächst als das Gesamteinkommen der Amerikaner, dessen Wachstum durch die nachlassenden Investitionen erlahmt. Das alles zusammen ergab in der Vergangenheit immer wieder die Zutaten für eine Wirtschaftskrise. Dem wird sich Europa kaum entziehen können. Deutschland lebt derzeit von höheren Staatsausgaben wegen der Flüchtlinge sowie Impulsen...

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Yeah, wir haben uns den Einheitsboom komplett weggespart

Was wir hier gleich sehen werden, das sind die Nettoanlageinvestitionen der öffentlichen Haushalte in Deutschland in die Infrastruktur: Schulen, Straßen, Brücken usw. Allerdings betrachten wir hier die Ausgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden für diese Investitionen ohne die Abschreibungen (also netto). Sie zeigen, was tatsächlich neu investiert wurde und nicht nur dem Werterhalt diente. Von 1991 bis 2002 haben die öffentlichen Haushalte eine Summe von 65,7 Mrd. € in die Infrastruktur (d.h. Nichtwohnbauten) investiert, hier zu sehen für jedes einzelne Jahr aufsummiert seit jeweils 1991: Seit 2003 geben die deutschen Kommunen nun aber unter dem Strich weniger für den Werterhalt von Straßen, Brücken, Schulgebäuden usw. aus als notwendig wäre. Deshalb fallen die Nettoanlageinvestitionen in die Infrastruktur seitdem für jedes Jahr negativ aus. Die Infrastruktur in Deutschland wird seit 2003 wertmäßig nicht mehr vollständig erhalten. Es tritt also buchhalterisch (und natürlich längst in der Realität) ein Verschleiß auf, der sich mittlerweile...

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Es gibt noch einen Grund für eisernen Optimismus am deutschen Aktienmarkt

[Eigennützigerfinanzblogpublikumspreishinweis: Hier kann jeder für WeitwinkelSubjektiv abstimmen oder "Die besten Mikroökonomen aller Zeiten" oder andere...

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Von Hohepriestern und anderen Klageweibern in der Volkswirtschaftslehre

Die sich aufheizende Diskussion um die Plurale Ökonomik (zum Beispiel hier, hier, hier und hier) wird sicherlich wieder einmal in einer Sackgasse enden. Da brauchen wir uns keinen großen Illusionen hergeben. Denn wie bereits gesagt, geht es hier wohl eher um Machtkämpfe universitärer Zünfte, die uns fatalerweise an spätfeudale Zeiten erinnern. Immerhin führt uns die Debatte erschreckend vor, wie akademische Volkswirte auch nach fast 200 Jahren Geschichte der Konjunkturzyklen immer noch nicht begreifen, wie und warum das Auf und Ab der kapitalistischen Marktwirtschaften zustande kommt. Stattdessen klammern sich Ökonomen genau wie die völlig verunsicherten Wirtschaftspolitiker an alte Rezepte und Gedankengebäude, die heutzutage noch weniger mit der Realität zu tun haben als sagen wir vor zehn oder zwanzig Jahren. Der eine oder andere Pöbelbürger soll die grassierende Orientierungs- und Hilfslosigkeit durchaus schon bemerkt haben, hört man so. Der Magdeburger Professor Joachim Weimann brachte am Montag in der FAZ das Dilemma hervorragend auf...

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Meine Stimme aus Wien: Vergessen wir nicht Frankreichs Schuldenblase

Alle reden über Italien, wo die maroden Banken mit ihren notleidenden Krediten gerettet werden müssen. Dabei rückt ein Land etwas in den Hintergrund: Frankreich. Fast unbemerkt hat sich in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone eine gewaltige Schuldenblase gebildet. Die Bruttoschulden der Unternehmen machten zuletzt mehr als 1800 Prozent, also das Achtzehnfache, der operativen Gewinne (vor Steuern und Zinsen) aus. Vor der Finanzkrise war es noch das Zehnfache. Wenn wir die Forderungen aus Krediten und Anleihen abziehen, hat sich die Verschuldung immer noch verdoppelt: von 500 Prozent auf zuletzt 1000 Prozent. In Italien waren es Ende 2015 netto 735 Prozent. Hat Frankreich also ein größeres Schuldenproblem als Italien, müssen wir hier sogar mit mehr Zahlungsausfällen rechnen, wenn die Konjunktur und die Einnahmen wegbrechen? Französische Unternehmen brachten zuletzt fast 50 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Schuldentilgung und Zinsen auf, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schätzt. In Italien lag die Schuldendienstquote bei...

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