Meine Stimme aus Wien: Die ökonomische Zerstörung Griechenlands

Da soll noch jemand sagen, die Griechen seien ein reformfaules Volk. Vorige Woche hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dem Land bescheinigt, bei Strukturreform deutlich vorangekommen zu sein. Verbesserungen sieht das arbeitgebernahe IW bei der Flexibilisierung der Lohnverhandlungen, den Beschäftigungsschutzregeln, in der Produktmarktliberalisierung sowie bei administrativen Vorschriften für Unternehmensgründungen. Griechenland liegt anders als noch 2008 im OECD-Ranking zur Beschäftigungsregulierung bereits deutlich vor Deutschland und dem Durchschnitt des Euro-Raums. Made with Chartbuilder So erfreulich diese Ergebnisse auch sein mögen, ändern sie jedoch bislang wenig am Kern der griechischen Malaise. Seit dem Sommer 2009 geben die Unternehmen weniger für Investitionsgüter aus, als sie an abgenutztem Kapital abschreiben. Die negativen Neuinvestitionen lagen seit Anfang 2012 im Durchschnitt bei rund 40 Prozent der Nettowertschöpfung, in den zwölf Monaten bis September waren es immer noch 21 Prozent, wie Daten der OECD zeigen. An den Aufbau einen Kapitalstocks denkt in Griechenland derzeit einfach niemand. Und...

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Meine Stimme aus Wien: Ein erster Schritt zum Frieden

Aus finanzieller Sicht ist die Ukraine vorerst gerettet. Wie der Internationale Währungsfonds mitteilte, wollen die Geldgeber ihre Finanzhilfen in den nächsten vier Jahren auf 40 Milliarden US-$ aufstocken – acht Milliarden $ davon sind bereits ausgezahlt. Dies dürfte den Finanzbedarf des Landes für ein paar Jahre decken und helfen, Währungsverfall und Wirtschaftseinbruch aufzuhalten. Der Krieg in der Ostukraine wird nicht so einfach zu beenden sein. In Minsk gab es jetzt einen ersten, ermutigenden Schritt dorthin: Die Konfliktparteien haben sich erneut auf einen Waffenstillstand und den Rückzug schwerer Waffen geeinigt. Die schwierige Aufgabe einer politischen Lösung des Konflikts steht allerdings noch bevor. „Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem nächtlichen Gipfel von Minsk. Was Hoffnung gibt, ist der konkrete Fahrplan zur politischen Lösung, bei dem sich offensichtlich vor allem die russische Seite durchgesetzt hat. Er wurde jedoch von...

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Un-verschuldet in die Deflation

Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden krisenhafte Preisrückgänge häufig beobachtet, vor allem in Konjunkturkrisen. Heute wächst die Furcht davor, dass hohe Schulden das Wachstum abwürgen. Wer dem neuen Finanzminister Griechenlands, Yannis Varoufakis, zuhört, der kommt an seiner Diagnose nicht vorbei: Die heutige Wirtschaftskrise der industrialisierten Welt erinnert ihn an Große Depression der 1930er-Jahre. Es ist der große Horror, der Politiker und Notenbanker noch heute umtreibt. Die große Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs soll sich nie mehr wiederholen. Eine Rückkehr der Depression wie nach der Weltwirtschaftskrise 1929 gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Die damalige Deflation, also eine Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen, fallenden Preisen und Massenarbeitslosigkeit sollte nie wieder die demokratischen Grundlagen der Gesellschaften zerstören. In der Zwischenkriegszeit fiel das Preisniveau der zehn größten Volkswirtschaften in Summe um 20 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um zehn Prozent. Wer von einem krisenhaften Preisverfall redet, meint damit also nicht, dass Computer oder Mobilfunkgeräte heutzutage...

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Meine Stimme aus Wien: Nächste Stufe im Ukraine-Krieg

Der Krieg in der Ostukraine eskaliert wieder. Der Russlandbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Gernot Erler, beklagt, dass die Falken, die den Konflikt militärisch lösen wollen, die Oberhand gewinnen. Alles, was in politischen Gesprächen zuletzt erreicht wurde, werde nicht umgesetzt. Der Grund: Russland sieht sich weiterhin nicht in der Verantwortung. Deshalb scheitern derzeit alle Versuche einer diplomatischen Lösung zur Beendigung des Krieges, sagt Erler. Moskau versucht weiterhin, die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk als vollwertige Partner bei den internationalen Verhandlungen aufzuwerten. Kiew hat die von Russland unterstützen Separatisten aber nie anerkannt, auch nicht, bevor die Militäraktion – Antiterroristische Operation genannt – im April 2014 begonnen hatte. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Für Russland geht es aber darum, dass es nur eine föderative Ukraine geben darf, in der die Russen ihren Einfluss behalten. Das ist die alte Roadmap aus Moskau vom März vergangenen Jahres. Wie es aussieht, versuchen die Rebellen derzeit...

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Amerikas Überhitzung im Zeitalter mageren Wachstums

Die alles entscheidende Frage für die Weltwirtschaft in diesem Jahr lautet: Rutscht Amerika in die Krise/Stagnation/Depression oder kann die größte Volkswirtschaft der Welt noch Monate oder sogar Jahre den nächsten Abschwung hinauszögern? Wer die Meldungen vom Arbeitsmarkt oder von den Einkaufsmanagerbefragungen verfolgt, für den sieht natürlich noch immer alles rosig und nach Aufschwung aus. Genau so schreiben wahrscheinlich viele Volkswirte in Banken und Instituten ihre Prognosen einfach aus der Vergangenheit fort. Ein all zu oberflächliches Rätselraten, wie es scheint. Tatsächlich sah es 2014 auf den ersten Blick natürlich gar nicht so schlecht aus. Bei Barclays schätzen sie derzeit in ihrem Live-Tracking der monatlichen Konjunkturdaten ein Wachstum von 3,4 Prozent für das Schlussvierteljahr 2014 (nach 4,6 Prozent im Frühjahr und 5,0 Prozent im Sommer). Wie in den USA üblich sind die 3,4 Prozent eine auf das Gesamtjahr hochgerechnete Rate – nach europäischer Rechenweise wäre dies immerhin ein beachtliches Quartalsplus von 0,8 Prozent...

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Meine Stimme aus Wien: Der traurige zweite Maidan

Eigentlich wollte ich 2014 nichts mehr zur Ukraine schreiben, dann habe ich für das Wirtschaftsblatt doch noch einen Rückblick gemacht, der hier weiter unten zu lesen ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Verschwörungstheorien, die besagen, dass der Euro-Maidan im November 2013 und der zweite Maidan danach von amerikanischen Geheimdiensten und bestimmten Oligarchen orchestrierte Proteste waren. Dafür fehlen natürlich alle Beweise. Fakt ist aber, dass die Bevölkerung unzufrieden war mit dem alten, korrupten Regime. Fakt ist auch, dass die Umsturz-Regierung nicht überall im Land unterstützt wurde. Und es geht nicht darum, Putin zu verstehen oder das russische Agieren zu rechtfertigen. Doch jeder konnte seit 2008 wissen, dass Russland so reagieren wird, wie es reagiert hat. Die Naivität, die Europas Spitzenpolitiker öffentlich zur Schau stellen, ist für mich nur schwer zu ertragen - genau wie die lächerliche Propaganda aus Moskau und die wachsende Repression in Russland. *** Als Frank-Walter Steinmeier kurz vor Weihnachten 2013...

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Trübe Aussichten für Deutschland im neuen Jahr

Was so ein sinkender Ölpreis alles in der deutschen Autoindustrie anrichten kann (und in so manchen Köpfen unserer lieben Konjunkturbeobachter). Um 20 Prozent stiegen die Neubestellungen von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren im Oktober im Vergleich zum Vormonat – und zwar aus Deutschland. Aus dem Ausland gab es immerhin noch ein Plus von 9 Prozent. Erste Ökonomen blicken daher bereits vorsichtig optimistisch auf den Beginn des neuen Jahres, dann könne die konjunkturelle Schwächephase in Deutschland überwunden sein, war dieser Tage öfter zu lesen. Nun ist es aber so, dass ein größerer Autoabsatz noch lange nicht dafür spricht, dass die Autokonzerne nun sofort ihre Kapazitäten ausweiten und damit die Investitionen in Deutschland wieder anziehen werden. Klar dürften die Betriebe in nächster Zeit ihre Auslastung hochfahren und vorübergehend sogar mehr Leute einstellen - was tatsächlich mehr Nachfrage nach Konsumgütern bedeuten würde, wenn diese Beschäftigten mehr verdienen als sie jetzt bekommen. Doch wenn wir von Wachstum...

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Der sinkende Ölpreis wird nicht lange helfen, die US-Wirtschaft vor der Krise zu bewahren

Nach den jüngsten Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt bekam ich wieder einmal viel Häme ab von den lieben Kollegen (hier beim Wirtschaftsblatt in Wien). Wo sie denn nur bliebe, die Rezession, vor der seit dem Sommer in diesem Blog gewarnt wird. Auf Twitter attestiert man mir schon lange einen gewissen Realitätsverlust angesichts der doch so tollen Konjunkturdaten aus Amerika. Und in fast allen Prognosen der Banken ist zu lesen, die „US-Wirtschaft ist robust genug, dass selbst die butterweiche Fed die lockere Geldpolitik beendet.“ (Commerzbank). Institutsökonomen sprechen sogar davon, dass eine „kräftige Expansion in den USA“ im nächsten Jahr bevorsteht. Doch wenn wir uns weiterhin die richtigen Charts anschauen, spricht noch immer nichts dafür, dass am Ausblick vom Juli auch nur ein Wort geändert werden muss. Denn der Trend hat noch immer nicht gedreht – trotz der jüngsten Minierholung der Gewinnmargen. Wie hieß es hier damals im Blog: „Wir müssen uns in Europa Sorgen machen. Denn...

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WikiSubjektiv: So funktioniert Quantitative Easing oder Die Psychologie der heißen Kartoffel

Um Ablauf und Wirkung von Anleihekäufen durch Notenbanken ranken sich viele Mythen. Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass die als quantitative Lockerung (Quantitative Easing, QE) bekannte Politik potenziell die Inflation anheizt oder sich Regierungen einfach so ihr Geld aus der elektronischen Druckerpresse ziehen, um ihre Staatsausgaben zu finanzieren. Unkonventionell. Die unkonventionelle Strategie der Notenbanken soll aber in erster Linie die Wirtschaft stützen. Auch im Euroraum spielt die Europäische Zentralbank mit dem Gedanken, private und öffentliche Wertpapiere aufzukaufen. Ziel sei es, einen krisenhaften Preisverfall, eine Deflation, zu verhindern. Doch unter Volkswirten ist umstritten, ob die quantitative Lockerung überhaupt einen Beitrag dazu leisten kann, oder ob nicht doch eher die Lohnentwicklung eines Landes viel wichtiger für die Massennachfrage und damit auch die Preise ist. Es scheint dennoch so, dass die bescheidene Wirtschaftserholung in den USA und Großbritannien seit der Finanzkrise maßgeblich durch die Zentralbanken angeschoben wurde. Strittig bleibt dabei nur, ob die Anleihekäufe...

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Meine Stimme aus Wien: Euroland weiter auf Harakiri-Kurs

Mein Leitartikel aus dem Wirtschaftsblatt vom 5. November 2014: Die EU-Kommission beklagt in ihrer Herbstprognose die schleppende Erholung im Euroraum. Die Investitionen hätten sich nicht als starker Konjunkturmotor erwiesen, schreiben die Fachleute. Nachdem sie im Frühjahr ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für dieses Jahr vorausgesagt hatten, sollen es jetzt nur noch 0,8 Prozent werden. Die Zahlen sind erschreckend, auch nach der jüngsten Umstellung der Statistik, die jetzt Forschungs- und Verteidigungsausgaben zu den Investitionen zählt. Die privaten Unternehmen werden 2013 und 2014 jeweils so wenig für die Erweiterung ihres Kapitalstocks ausgegeben haben, dass diese Summe nur noch 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. 2015 soll es kaum besser werden. Diese äußerst mickrigen Quoten sagen nichts anderes, als dass der Euroraum nur haarscharf an einer Kapitalvernichtung vorbeischlittert. Dabei lag die private Nettoinvestitionsquote in den Jahren 1995 bis 2008 im Schnitt bei 5,6 Prozent, selbst in Schwächephasen rutschte sie nie unter 4,7 Prozent. Wenn aber der private...

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