Schäubles Kehrwoche

Anfang des Jahres ist diese peinliche Diskussion über Schwaben in Berlin wieder aufgekocht. Dabei ging es darum, warum in den schwarz-grünen Biedermeiervierteln Prenzlauer Bergs die Schrippen jetzt Wecken heißen und Pflaumenkuchen jetzt Pflaumendatschi genannt werden. Und die Schwaben doch endlich begreifen sollten, dass sie jetzt in Berlin seien und nicht mehr in ihrer Kleinstadt mit Kehrwoche. Kennen wir alles. Interessiert aber keinen Berliner, es wohnt ja kaum noch einer da in diesen Vierteln. Gestern musste ich aber wieder daran denken, als ich den Film von Harald Schumann "Staatsgeheimnis Bankenrettung" sah. Besonders als Wolfgang Schäuble ganz unwirsch auf den Hinweis des Autors reagierte, dass auch deutsche Banken die Kreditvergabe und den Immobilienboom in Ländern wie Spanien oder Irland angeheizt hätten. Schäuble fiel dazu nur ein Goethe-Zitat ein: "Ein jeder kehre vor seiner Tür, und rein ist jedes Stadtquartier." Schäuble ist kein Schwabe, sondern Badener. Aber Gründlichkeit mag er offenbar auch. Gründlich sieht es...

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Crashkurs im Blindflug oder Wie Sparweltmeister Griechenland sogar die Schuldenbremse einhält und niemand weiß, seit wann

Langsam wird klar, warum die Deutschen ihre Schuldenbremse so schnell einhalten wollten. Aus Brüssel meldet die Kommission, die öffentlichen Haushalte haben die Vorgaben sogar krass übererfüllt: Der laut Schuldenbremse relevante Überschuss lag 2012 nach neuester EU-Schätzung bei 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dabei ist eigentlich noch ein kleiner Defizitpuffer von 0,5 Prozent erlaubt (0,35 Prozent für den Bund ab 2016 und für den Gesamtstaat ab 2020). Wäre schon sehr peinlich geworden, wenn ausgerechnet die Griechen oder andere Krisenländer noch vor den Deutschen die Schuldenbremse eingehalten hätten. Ein Scherz? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht! Darüber, warum Deutschland, das als halbwegs gesunde Wirtschaftsmacht der Währungsunion gilt und dessen Regierung immer noch Minizinsen zahlen muss, mitten in der Krise seine Sparvorgaben übererfüllt, wollen wir hier erst gar nicht anfangen zu reden. Ändern wird sich an dem Irrsinn so schnell sowieso nur wenig. Vielmehr geht es hier um eine Lehrstunde, wie die Griechen allen Europäern...

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Isa und Georgia tickern die Oscar-Verleihung

Nach dem Ende der FTD leiden manche Kolleginnen unter Langeweile. Macht aber nichts. Schließlich fand am Sonntag die Oscar-Verleihung statt. Da Bewerbungen auf den Job von Steven Gätjen leider erfolglos blieben, haben sich die früheren FTD-Mitstreiterinnen Isabel Gomez und Georgia Hädicke dazu entschlossen, die Veranstaltung vom Sofa aus zu kommentieren. In den Nebenrollen: Bier und Ben&Jerrys-Eis. Niemand hat behauptet, es gehe hier nur um Wirtschaft und Finanzen, getreu dem Motto dieses Blogs "Keine Wunder mehr, nur noch das Geschwätz" gibt es den Ticker zum Nachlesen - hier: 06:06 Uhr Bleibt uns nur, uns bei der Academy und beim Kollegen Kühnlenz zu bedanken. Ganz ohne Singen. Und ohne Bart. 06:00 Uhr Und nun kommt die ABC-Gruselguste vom Anfang nochmal und singt ein Lied für die Verlierer. Wie nennt der Amerikaner das? Adding insult to injury, oder? Wenn man einen Tinitus mit Botox aufspritzen könnte, wäre das das Ergebnis. 05:58 Uhr...

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Mind the Gap

Oh là là! Wenn das mal nicht aufhorchen lässt: Die konjunkturelle Kluft zwischen den beiden Euro-Schwergewichten Deutschland und Frankreich könnte in diesen Wochen größer denn je seit Einführung der Gemeinschaftswährung sein. Darauf zumindest deuten die jüngsten Umfragen des Londoner Datendienstleisters Markit unter Einkäufern aus diesen beiden Ländern. Während die deutschen Firmenlenker nach dem schwachen Jahresausklang inzwischen wieder Zuversicht schöpfen, befindet sich die Konjunkturstimmung in Frankreich nahe Rekordtief. Vor allem die deutschen Dienstleister sind der Markit-Analyse zufolge optimistisch, so sehr wie zuletzt vor über anderthalb Jahren. Ähnliches ergab die vorgestern vom Mannheimer ZEW publizierte Umfrage unter Analysten und Anlegern. In Frankreich nehmen die wirtschaftlichen Sorgen hingegen Überhand: Der heute von Markit veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft ist nun zwar minimal gestiegen, liegt mit gut 43 Zählern jedoch noch immer weiter unter der Wachstumsmarke von 50 Punkten. "Frankreich und Deutschland liegen aktuell so weit auseinander wie nie seit Beginn der Umfragen im Jahr 1998",...

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Auf zur nächsten Krisenklippe – das 7500 Mrd. Dollar-Problem der Weltwirtschaft

Die Anzeichen der kommenden Krise sind für einige Fachleute nicht mehr zu übersehen: Immobilienblasen in Kanada und Skandinavien; Brasilien erlebt einen Konsumboom auf Pump. Seit 2007 hat der Schweizer Franken rund 30 Prozent und der japanische Yen knapp 50 Prozent an Wert gewonnen. Getreidepreise schwanken an den Terminbörsen wie wild hin und her. Die Aktienindizes in Deutschland und den USA fiebern längst wieder den Höchstständen aus den Tagen vor der Finanzkrise entgegen. Wer regelmäßig auf die Entwicklung an den globalen Finanzmärkten schaut, dem kann schon sehr mulmig werden. Manch einer blickt sich verwundert um, wo nur die Konjunkturüberhitzung bleibt, die man in früheren Zeiten mit nahenden Übertreibungen an den Märkten verbinden konnte. Ein oft gehörtes und sehr beliebtes Märchen, das diese unguten Gefühle erklären soll, geht so: Die Notenbanken in den USA, Euroland, Großbritannien und Japan lassen sich vor den Karren der Regierungen spannen und überschwemmen die Märkte mit billigem Geld. Weil...

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Deutschlands wundersame Hardcore-Sixpack-Diät

Es ist amtlich: Deutschland hat 2012 eine Schwelle überschritten, die im EU-Scoreboard „zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte“ (Sixpack) als Grenzwert vorgesehen ist. Die Bundesbank hat am Dienstag die Leistungsbilanzdaten für Dezember veröffentlicht. Demnach lag der Überschuss vergangenes Jahr bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erlaubt sind aber nur 6 Prozent. Muss Deutschland nun Sanktionen fürchten, wenn es drei Jahre diese Schwelle überschreitet? Natürlich nicht, denn der Überschuss mit dem Euroland schrumpfte in den zwölf Monaten bis einschließlich des dritten Quartals 2012 bereits auf weniger als 2 Prozent. Durchaus verkraftbar, könnte man meinen - Hauptsache man kann das Sixpack erkennen: „Das Überschreiten eines oder mehrerer Schwellenwerte führt nicht zwangsläufig zu weiteren Verfahrensschritten.“ Das vermeintliche Diät-Hardcore-Camp entpuppte sich für Deutschland dabei als bequeme Wohlfühl-Luxusloge: Weil überall in Euroland gespart wird, Unternehmen und Verbraucher ihre Verschuldung abbauen, fällt die Nachfrage überall um Deutschland herum. Das hat zur Folge, dass dort die Importe und...

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Oh my God! They killed China! oder Hurra, wir haben wieder Leistungsbilanzüberschuss mit der Volksrepublik

Die erste Runde im laufenden Währungskrieg geht schon einmal ganz klar an Deutschland. Eine besonders eigenartige Kuriosität: Seit Frühjahr 2012 weist dieses Land wieder einen Überschuss in der Leistungsbilanz mit China aus - erstmals seit 1989. Auch der Überschuss mit den südasiatischen Schwellenländern springt derzeit von Rekord zu Rekord, der Exportüberhang erreicht Höhen, wie sie zuletzt kurz vor der Asienkrise 1997/1998 gesehen wurden. Überschüsse ausgerechnet im Hinterhof der globalen Industrie, der die Welt seit Jahren mit billigen Waren überschwemmt! Das hat Folgen: Deutschland ist deswegen auf die Absatzgebiete in seinen Nachbarländern immer weniger angewiesen und kann deswegen den Euro-Ländern überharsche Austeritäts- und Reformprogramme aufdrängen. Bereits seit vergangenem Sommer liegen die Überschüsse mit Amerika und Asien erstmals seit 2003 wieder über denen mit Europa (Euroland ist schon seit Anfang 2012 abgehängt). So wie die Deutschen vor der Finanzkrise mit ihren Überschüssen (also der Ersparnis einiger Weniger) die Kreditexzesse in der Euro-Peripherie angeheizt haben,...

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Gute Zinsen, schlechte Zinsen

Irgendwie mag wohl niemand so richtig glauben, was gerade in Euroland vor sich geht. Soll das plötzlich alles vorbei sein mit der Schuldenkrise - überall reden alle nur noch von Entspannung oder sogar von einer "EURphoria". Höchstens noch eine ungezügelte Euro-Aufwertung erscheint als Schreckgespenst am Horizont. Sonst haben sich die Anleger an den Anleihemärkten beruhigt, und auch die Unternehmen in einigen Krisenländern fassen langsam wieder Tritt. Dabei hat EZB-Chef Mario Draghi eigentlich noch eins drauf zu setzen, wenn er am Donnerstag nach der EZB-Ratssitzung vor der Presse tritt: Endlich kommt seine Londoner Garantieerklärung vom Sommer 2012 auch in der Realwirtschaft an - also bei den Unternehmen. Besonders in Spanien dürften die Firmen sehr erleichtert sein, dass sie wieder deutlich günstiger an frische Kredite kommen. Schauen wir uns - wie schon im Januar - die Lieblingszinsen von EZB-Direktor Jörg Asmussen an. Die hat er immer dann hervorgeholt, wenn er seinen Zuhörern zeigen...

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Die erste Draghi-Kugel ist wieder drin

So schnell kann es gehen. Die "Dicke Bertha" ist zur Hälfte wieder eingesammelt. So hatte EZB-Chef Mario Draghi die beiden außerordentlich langen Geldleihegeschäfte mit den Banken im Dezember 2011 und Februar 2012 genannt, die auf seine Initiative aufgelegt worden waren. Und Draghi war es auch, der im vergangenen Sommer mit seiner Garantieerklärung für die Staatsanleihemärkte die Krise zumindest vorübergehend abklingen lassen hat. Unterm Strich stieg Ende 2011 und Anfang 2012 die ausstehende EZB-Darlehenssumme an die Banken um rund 450 Mrd. Euro. Daraufhin stieg die Überschussliquidität (was das ist, habe ich hier erklärt) im Euro-System erst von rund 300 Mrd. Euro auf knapp 470 Mrd. Euro Anfang 2012 und dann ab März auf rund 770 Mrd. Euro. Aktuell liegt sie wieder bei gut 450 Mrd. Euro - nachdem die Banken seit dieser Woche die dreijährigen Darlehen erstmals vor Ende der Laufzeit wieder zurückzahlen dürfen. Was lernen wie draus? Erstens: Überschüssige Geldreserven wieder einzusammeln, kann...

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Deutschlands Exportboom im Kriegsgebiet

Die halbe Welt redet mal wieder über Währungskrieg. Notenbanken stopfen ihre Banken mit sinnlosen Geldreserven voll, indem sie ihnen Anleihen abkaufen. Wenn sie Glück haben, drücken sie damit nicht nur die Zinsen sondern auch den Wert ihrer Währungen. Das ist allerdings gar nicht ausgemacht, und ob sich die Exporteure dieser Länder über frischen Wind im Geschäft freuen können, ist doch eher zweifelhaft. Wer sich aber so was von freut, das sind ausgerechnet die Ausfuhrfirmen aus Deutschland. Ausgerechnet aus dem Land, wo die größten Inflationshysteriker in der Notenbank sitzen - und nicht nur da. Ausgerechnet aus dem Land, wo die Regierung stolz vor steigenden Steuereinnahmen berichtet und sich darauf vorbereitet, nie wieder neue Darlehen aufnehmen zu wollen. Ausgerechnet das Land, wo der Staat es sich leisten kann, seine Zukunftsinvestitionen um ein Zehntel zu streichen. Ausgerechnet dieses Land bekommt einen kräftigen Wachstumsschub via Geld(reserve)-Drucken der Währungshüter. Um ganze 20 Prozent stiegen im ersten Dreivierteljahr 2012...

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