Meine Stimme aus Wien: Gefährliche Steuersenkungsfantasien

Was für Unternehmen gilt, stimmt mitunter auch für ganze Standorte. Nur wer in zukunftsfähige Geschäfte investiert, wird im Wettbewerb bestehen können. Das, was gerade in Deutschland abläuft, erinnert fatalerweise aber an manches Unternehmen, das alle Warnrufe von Branchenkennern oder sogar aus der eigenen Belegschaft einfach mir nichts, dir nichts in den Wind schlägt und fröhlich weiter in bereits gescheiterte Geschäftsmodelle investiert. Bitter natürlich für so manche Belegschaft. Bitter für die Kinder und Kindeskinder der berufstätigen Deutschen ist das Versagen ihrer öffentlichen Haushalte. Investruinen in Berlin und Hamburg verschlingen Milliarden. Gleichwohl feiert Finanzminister Schäuble munter Überschüsse, schließlich will er der Enkelgeneration weniger Schulden hinterlassen. Doch während viele die schwarze Null bejubeln, verrotten überall im Land Brücken, Straßen und Schulen. Der Wertverlust durch ausgebliebene Ersatzinvestitionen in die öffentliche Infrastruktur summiert sich bereits auf gewaltige 67 Milliarden €. (Anmerkung: Nach neuesten Zahlen sind es bereits 69 Mrd. €). Da mutet die Steuersenkungsdebatte im…

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Meine Stimme aus Wien: Neue Geschäftsmodelle in Zeiten des Abschwungs

Der Konjunkturzyklus in den USA gibt noch immer Rätsel auf. Die Währungshüter der Notenbank Federal Reserve stochern im Nebel herum und verwirren die Marktteilnehmer noch zusätzlich mit ihren Aussagen. Dabei datiert die Industriestaatenorganisation OECD den Höhepunkt des vorigen Aufschwungs bereits auf Juli 2015 – seitdem erlebt die USA also einen Abschwung, der in einer Rezession mit Jobabbau und mauen Zuwächsen oder sogar schrumpfender Wirtschaftsleistung enden kann. Wir haben an dieser Stelle öfter dokumentiert, dass seit Sommer 2015 die Konjunkturpessimisten lauter werden. Ihre wichtigsten Argumente: Die Profitabilität der Unternehmen geht zurück und seit vorigem Jahr sinken die Investitionen. Neu ist jetzt, dass seit dem Frühjahr der Privatkonsum schneller wächst als das Gesamteinkommen der Amerikaner, dessen Wachstum durch die nachlassenden Investitionen erlahmt. Das alles zusammen ergab in der Vergangenheit immer wieder die Zutaten für eine Wirtschaftskrise. Dem wird sich Europa kaum entziehen können. Deutschland lebt derzeit von höheren Staatsausgaben wegen der Flüchtlinge…

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Yeah, wir haben uns den Einheitsboom komplett weggespart

Was wir hier gleich sehen werden, das sind die Nettoanlageinvestitionen der öffentlichen Haushalte in Deutschland in die Infrastruktur: Schulen, Straßen, Brücken usw. Allerdings betrachten wir hier die Ausgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden für diese Investitionen ohne die Abschreibungen (also netto). Sie zeigen, was tatsächlich neu investiert wurde und nicht nur dem Werterhalt diente. Von 1991 bis 2002 haben die öffentlichen Haushalte eine Summe von 65,7 Mrd. € in die Infrastruktur (d.h. Nichtwohnbauten) investiert, hier zu sehen für jedes einzelne Jahr aufsummiert seit jeweils 1991: Seit 2003 geben die deutschen Kommunen nun aber unter dem Strich weniger für den Werterhalt von Straßen, Brücken, Schulgebäuden usw. aus als notwendig wäre. Deshalb fallen die Nettoanlageinvestitionen in die Infrastruktur seitdem für jedes Jahr negativ aus. Die Infrastruktur in Deutschland wird seit 2003 wertmäßig nicht mehr vollständig erhalten. Es tritt also buchhalterisch (und natürlich längst in der Realität) ein Verschleiß auf, der sich…

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Es gibt noch einen Grund für eisernen Optimismus am deutschen Aktienmarkt

[Eigennützigerfinanzblogpublikumspreishinweis: Hier kann jeder für WeitwinkelSubjektiv abstimmen oder „Die besten Mikroökonomen aller Zeiten“ oder andere…] Für alle, die durch den Nebel der kurzfristigen Schwankungen am Aktienmarkt hindurchschauen wollen: Ich hatte bereits im Dezember ein schönes und einfaches Modell präsentiert. Es zeigt die Marktkapitalisierung in Deutschland der nichtfinanziellen Unternehmen im 12-Monatstrend. Dass der deutsche Aktienmarkt schon lange im Abwärtssog steckt, dürfte kein Geheimnis mehr sein. Bemerkenswert an diesem Modell scheint jedoch, wie die Marktkapitalisierung offensichtlich mit den realwirtschaftlichen Größen der gelisteten und nichtgelisteten Unternehmen in Deutschland zusammenhängt. Zumindest seit 1999 – weiter reichen die Bundesbank-Daten leider nicht zurück. Wie schon damals im Dezember vermutet, stellt sich jetzt also heraus: Die Nettowertschöpfung des gesamten nichtfinanziellen Unternehmenssektors wirkt tendenziell als Grenze nach oben (schuldenfinanzierte Übertreibungen wie im Jahr 2000 eingeschlossen). Beim Zwischendip ab Mitte 2011 war diese Grenze dagegen noch lange nicht erreicht und so ging es nach einem kurzen Rücksetzer samt Kurzrezession…

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Von Hohepriestern und anderen Klageweibern in der Volkswirtschaftslehre

Die sich aufheizende Diskussion um die Plurale Ökonomik (zum Beispiel hier, hier, hier und hier) wird sicherlich wieder einmal in einer Sackgasse enden. Da brauchen wir uns keinen großen Illusionen hergeben. Denn wie bereits gesagt, geht es hier wohl eher um Machtkämpfe universitärer Zünfte, die uns fatalerweise an spätfeudale Zeiten erinnern. Immerhin führt uns die Debatte erschreckend vor, wie akademische Volkswirte auch nach fast 200 Jahren Geschichte der Konjunkturzyklen immer noch nicht begreifen, wie und warum das Auf und Ab der kapitalistischen Marktwirtschaften zustande kommt. Stattdessen klammern sich Ökonomen genau wie die völlig verunsicherten Wirtschaftspolitiker an alte Rezepte und Gedankengebäude, die heutzutage noch weniger mit der Realität zu tun haben als sagen wir vor zehn oder zwanzig Jahren. Der eine oder andere Pöbelbürger soll die grassierende Orientierungs- und Hilfslosigkeit durchaus schon bemerkt haben, hört man so. Der Magdeburger Professor Joachim Weimann brachte am Montag in der FAZ das Dilemma hervorragend…

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Meine Stimme aus Wien: Vergessen wir nicht Frankreichs Schuldenblase

Alle reden über Italien, wo die maroden Banken mit ihren notleidenden Krediten gerettet werden müssen. Dabei rückt ein Land etwas in den Hintergrund: Frankreich. Fast unbemerkt hat sich in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone eine gewaltige Schuldenblase gebildet. Die Bruttoschulden der Unternehmen machten zuletzt mehr als 1800 Prozent, also das Achtzehnfache, der operativen Gewinne (vor Steuern und Zinsen) aus. Vor der Finanzkrise war es noch das Zehnfache. Wenn wir die Forderungen aus Krediten und Anleihen abziehen, hat sich die Verschuldung immer noch verdoppelt: von 500 Prozent auf zuletzt 1000 Prozent. In Italien waren es Ende 2015 netto 735 Prozent. Hat Frankreich also ein größeres Schuldenproblem als Italien, müssen wir hier sogar mit mehr Zahlungsausfällen rechnen, wenn die Konjunktur und die Einnahmen wegbrechen? Französische Unternehmen brachten zuletzt fast 50 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Schuldentilgung und Zinsen auf, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schätzt. In Italien lag die Schuldendienstquote…

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Wie der Kredit eine Rezession aufschieben aber niemals aufhalten kann

Wie konnte ich nur solange den Kreditimpuls vergessen. Erst in den beiden vorherigen Blogbeiträgen bin ich durch einen Report von Albert Edwards wieder darauf gestoßen, dass wir uns die Verschuldung der amerikanischen Unternehmen immer sehr konkret anschauen müssen. Womit wir quasi zu den Ursprüngen dieses Blogs von Anfang 2013 zurückkehren. Denn die Verschuldung in den USA entwickelt derzeit eine Eigendynamik, die sich von anderen Konjunkturtreibern wie der Profitabilität und den Investitionen bereits erheblich abkoppelt. Während die Gewinne und die Neuinvestitionen sinken, schaffen die Firmen noch immer Monat für Monat unter dem Strich neue Jobs – wenngleich zuletzt etwas weniger. Und wenn jede neue Stelle in den USA dabei im Durchschnitt logischerweise weniger profitabel für die Unternehmen wird, drückt sich genau darin eine typische Krisentendenz aus. Es ist eine Krisentendenz, die die gesamte US-Ökonomie erfasst hat, sich bisher vor allem in der Industrie zeigt, die aber nur für 10 Prozent der…

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Meine Stimme aus Wien: Wenn Amerikas Schuldenblase platzt

Die US-Wirtschaft hängt derzeit allein am Kredittropf. Während die Gewinne und Investitionen bereits seit 2015 sinken, schaffen die Firmen dank neuer Darlehen oder Anleihen weiterhin Stellen, ein großer Teil der geborgten Mittel fließt auch in Aktienrückkäufe sowie Fusionen und Übernahmen. Um abschätzen zu können, wie lange dieses Aufschaukeln der Nachfrage durch den Kredit noch gut gehen kann, ein paar Zahlen, die die Dimension vergegenwärtigen: In der Finanzkrise stiegen die Nettoschulden der nichtfinanziellen Unternehmen auf 614 Prozent der operativen Vorsteuergewinne. Im Gegensatz zu heute verlief die Dynamik der Neuinvestitionen und der Neuverschuldung damals jedoch praktisch synchron – beide rutschten in den ersten Monaten des Jahres 2008 gleichzeitig auf Jahressicht ins Minus, und die Unternehmen fingen an, Stellen zu streichen. Bis zum Sommer jenes Jahres war die Verschuldung bereits innerhalb von nur zwei Jahren von 430 Prozent auf 550 Prozent am Vorabend der Lehman-Pleite exorbitant gewachsen. Seit dem Frühjahr 2012 erleben wir…

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Meine Stimme aus Wien: Die Briten verlassen das sinkende Schiff

Großbritannien gehört seit der Finanzkrise wie die Vereinigten Staaten zu jenen Industrieländern, deren Wirtschaft am schnellsten wächst. Sei es nun das volkswirtschaftliche Einkommen-das Bruttoinlandsprodukt-oder der Wert des Kapitalstocks, das ist das gesamte Anlagevermögen eines Landes wie Maschinen, Geräte, Gebäude oder auch Patente. Nun werden die Briten also den Klub der dahinkriechenden Europäischen Union verlassen-und das ist vielleicht aus ihrer Sicht sogar nachvollziehbar. Denn Neuinvestitionen in die Produktionskapazitäten sind die wichtigsten Ausgaben in einer Marktwirtschaft, sie legen erst die Basis dafür, dass überhaupt Gewinne und Lohneinkommen wachsen können. Alle Erfahrungen seit dem Zweiten Weltkrieg zeigen, dass der Kapitalstock im Aufschwung nicht einfach nur wächst, sondern sich stetig und beschleunigt erweitert. Kommt es zu Wirtschaftsflauten oder Krisen, wächst der Kapitalstock selbst dann noch, nur eben langsamer. Dies wirkte lang wie Balsam nach dem Schock der wirtschaftlichen Katastrophe in den 1930er-Jahren-möglicherweise zu lang. Damals hörte der Kapitalstock in Amerika und anderswo einfach auf…

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Plurale Ökonomie: Wir müssen den Studenten zuhören, sonst droht uns eine geistige und moralische Sackgasse (Update mit Reaktion von Bachmann)

Monika Schnitzer, Vorsitzende der großen Ökonomenvereinigung mit dem Namen „Verein für Socialpolitik“ (VfS), hat es in Wien offen ausgesprochen: Plurale Ökonomie ist eine Frage der Macht in den Fakultäten. Und sie als Mikroökonomin will ihre Studenten schließlich nur „fit“ für den Job machen, was für eine Mikroökonomin sogar noch nachvollziehbar erscheint. Denn kein anderer Zweig der Volkswirtschaftslehre hat es in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, so nützlich für die Praxis zu sein wie die Mikroökonomie. Davon kann die Makroökonomie nur träumen. Für alternative Ansätze zum Beispiel in der Makroökonomie, so behauptet es die Mikroökonomin Schnitzer, bleibe keine Zeit mehr, solange die anderen Denkschulen angeblich nicht beweisen könnten, dass sie bessere Erklärungen für Wirklichkeit liefern. Eines besseren Beweises dafür, dass die Dame jeden Hauch von Wissenschaftlichkeit aufgegeben hat, braucht es da wohl nicht mehr. Bekanntlich haben andere Ausrichtungen der Makroökonomie als der herrschende Mainstream in den vergangenen 30 Jahren einen Machtkampf verloren…

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