Blanchard führt uns auf den falschen Weg

Schon der erste Punkt von Olivier Blanchards neuer Warnung vor einem Inflationsflächenbrand in der amerikanischen Wirtschaft in diesem Jahr führt uns auf einen falschen Weg. Eine spannende Debatte in den USA, ein paar Notizen dazu...

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Meine Stimme aus Zürich: Kein leichter Start (für die Wiederbelebung der EU)

Es war klar, dass der EU der historische Schritt nicht leichtfällt. Davon zeugt allein die Länge des Gipfels vom Wochenende. Erstmals wird die Union ihre Fiskalausgaben bündeln und über gemeinsame Staatsanleihen finanzieren. Am Ende blieb ihr nichts anderes übrig, zu stark sind die wirtschaftlichen Verwerfungen. Dass die EU diesen Schritt machen konnte, ist besonders den Konservativen in Deutschland zu verdanken. Damit sie ihre Grundüberzeugung nicht aufgeben mussten, brauchte es zwei Bedingungen: Jedes Land haftet nur mit seinem Anteil an der Wirtschaftsleistung. Und: Der Wiederbelebungsfonds darf nur vorübergehend sein und nicht den Einstieg in die Schuldenunion bedeuten. Grössere Probleme hatten andere. Allerdings wirkte es fast schon fragwürdig, wie die Regierungschefs der Niederlande, Österreichs, Dänemarks oder Schwedens versuchten, sich als Verfechter ihrer nationalen Interessen zu inszenieren. Das «gemeinsame Europa» drohte unterzugehen. Am Ende setzen sie sich durch: Die Zuschüsse, die gemeinsam ab 2028 zurückgezahlt werden, fallen um 0,05% der Wirtschaftsleistung der Jahre 2021 bis 2027...

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Meine Stimme aus Zürich: Die «Lächerlichen Fünf» sparen 0,05% der EU-Wirtschaftsleistung

Es war ein unwürdiges Schauspiel, das die Staats- und Regierungschefs der EU am Wochenende abgeliefert haben. Den vierten Tag in Folge ringen sie am heutigen Montag darum, wie stark der Fonds zur Wiederbelebung der Wirtschaft («Recovery») an rechtsstaatliche Bedingungen geknüpft wird. Erwartungsgemäss ist der Widerstand vor allem in Ungarn und Polen gross. Die Niederlande bestehen zu Beginn des Gipfels noch strikt auf einem Vetorecht bei den Reformvorgaben: An die Umsetzung von Reformen sollte ihrer Meinung nach die Auszahlung der geplanten Zuschüsse an die Mitgliedländer wie Italien geknüpft werden. Hier zeichnet sich immerhin eine pragmatische Lösung ab – auch wenn noch die letzten Details geklärt werden müssen, wie einzelne Länder ihre Zweifel am Reformeifer einbringen können. 43 Mrd. € weniger Zuschüsse als Kompromiss Lächerlich aber wird es bei den Summen, um die die Gespräche kreisen. Laut Korrespondentenberichten wird es wohl auf einen Betrag von 390 Mrd. € an Zuschüssen hinauslaufen. Die sollen in den...

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Meine Stimme aus Zürich: Bewährungsprobe für eine Fiskalunion

Bis zum Herbst müssen alle siebenundzwanzig Nationalparlamente und das Europäische Parlament darüber abstimmen, was die Brüsseler Kommission angedacht hat. Zuvor werden die Staats- und Regierungschefs noch um jede Nachkommastelle des geplanten Recovery Fund erbittert feilschen. Die Begleitgeräusche aus den Hauptstädten werden hässlich und anstrengend sein. Doch am Ende entscheiden allein die Ergebnisse, und die können die Union fundamental zum Besseren verändern. Klare Vorteile für die Schweiz Die Schweiz würde davon profitieren, wenn sich die EU-Wirtschaft mit einem Anschub von 750 Mrd. € aus dem Fonds schneller erholen könnte. Dies sind immerhin 5 bis 6% des Bruttoinlandprodukts (BIP) über die nächsten Jahre verteilt. Doch etwas anderes wird genauso wichtig für die Eidgenossenschaft sein: Denn erstmals wollen die EU-Staaten ­gemeinsam Schulden aufnehmen, um nennenswert das Budget der EU-Kommission zu finanzieren. Die Brüsseler Behörde würde mit einem Schlag und auf absehbare Zeit zum fünftgrössten Anleihenemittenten der EU aufrücken – nach Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien. Der Vorteil...

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Was eine halbe Million US-Jobs weniger ausmacht

Im Januar haben die amerikanischen Statistiker die Arbeitsmarktdaten in den USA nachträglich erheblich gesenkt. Stand Dezember 2019 gab es mit einem Schlag 422'000 Jobs weniger, die in der Trump-Ära entstanden sind. Zwischenzeitlich liegt die Differenz zwischen neuen und alten Daten sogar bei 520'000 Jobs. Und nicht zum ersten Mal fragen sich Beobachter, wie verlässlich die Jobzahlen sind, die jeden Monat die Finanzmärkte stark bewegen können. Doch wir wollen hier nicht in stumpfes Statistiker-Bashing einstimmen. Wichtiger ist, was uns die US-Daten vom Arbeitsmarkt dennoch über die Konjunkturdynamik sagen: wie fragil die Lage tatsächlich war, bevor die weltweite Coronapanik an den Finanzmärkten ihre Spuren auch in der US-Wirtschaft hinterlassen wird. Der Grossteil der Revisionen fand allerdings zwischen Ende 2017 und Winter 2019 statt: Genau in dieser Zeit, besonders Ende 2018, trübten sich die Konjunkturerwartungen unter Finanzmarktteilnehmern ein. Dies mündete schliesslich in den drei Zinssenkungen der US-Notenbank im vergangenen Jahr, während sie aufhörte, den Anleihenbestand...

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Mit der Taktiktafel durch die neuen Wachstumszahlen

Diese Woche beginnt der Reigen der Wachstumszahlen für das vierte Quartal in den USA und in Europa. Es wird das vorletzte Mal sein, dass Deutschland den grossen Volkswirtschaften um rund fünfzehn Tage hinterherhinkt. Ab diesem Sommer kommen die ersten Schätzungen aus dem Wiesbadener Statistikamt auch immer rund einen Monat nach dem Ende eines Quartals. Auf viele Details aus Europa müssen wir derzeit aber gleichwohl noch warten. Besser sieht es wie üblich in den USA aus, wo das BEA am Donnerstag, 30. Januar, die erste Schätzung vorlegt. Allerdings dauert es wie immer zu Beginn jedes Jahres bis zur dritten Schätzung Ende März, bis die Statistiker auch die Betriebsgewinne veröffentlichen. So oder so lohnt sich bei all den neuen Wachstumszahlen zunächst ein Blick auf die Taktiktafel der Konjunkturanalyse. Seit wenigen Tagen liegen endlich die Daten für die Taktiktafel fast vollständig bis zum dritten Quartal 2019 vor. In diesem Blog versuchen wir ohnehin die...

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Die Weltwirtschaft in der Gefahrenzone

Viel wurde 2019 über die Gefahren einer Rezession geredet. Viele Ökonomen und Anleger scheinen zum Jahreswechsel aber davon auszugehen, dass die Verunsicherung durch die Weltpolitik (Handelsstreit, Brexit) und damit die Krisensorgen wieder etwas schwinden. Schliesslich gab es bislang keine grossen Übertreibungen im globalen Kapitalaufbau. Und wenn damit kein Platz für private Kreditexzesse war, könne es auch keinen gravierenden Grund für eine Wirtschaftskrise geben. Diese weitverbreitete Sicht zum Jahreswechsel muss gar nicht so falsch sein. Doch werden wir hier in nur zwei Charts gleich sehen, was dieses Jahr gewesen ist und was nächstes Jahr sein wird – zumindest in den ersten Monaten 2020. Einer für Deutschland und einer für die USA. Tatsächlich könnte derzeit so etwas wie eine Bodenbildung (also noch kein Aufschwung) beginnen, oder aber: Es geht gerade erst los mit dem Abschwung. Wie die Überschrift bereits sagt, neige ich (durch die Brille der volkswirtschaftlichen Quotendynamik betrachtet) tatsächlich eher zur pessimistischen...

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Zwei negative Konjunkturimpulse in den USA

Die Rezessionssorgen in den Vereinigten Staaten kommen nicht von ungefähr. Bereits zu Beginn des Jahres sendete der private Kapitalaufbau in den USA ein Alarmsignal: Nach der Logik der drei typischen Konjunkturimpulse, die im Zentrum dieses Blogs stehen, hatte sich bereits gezeigt, dass die Investitionen in zusätzlichen Kapitalstock (Maschinen, Anlagen, Gebäude, Patente usw.) stagniert sind. Mittlerweile sinken die privaten Nettoinvestitionen so stark, dass ihr Anteil am Nettoeinkommen in den USA sinkt. Das heisst: Der Kapitalimpuls ist negativ. Genau wie der Profitimpuls, wie wir gleich sehen werden. Nun kommt noch etwas hinzu, was in den Sommermonaten untergegangen ist. Die Statistiker des Bureau of Economic Analysis (BEA) haben die Gewinndaten seit 2014 erheblich revidiert, sodass ein komplett neues Konjunkturbild entsteht. In meiner Berechnungsweise sind die operativen Gewinne grösser als die vom BEA veröffentlichten (die wir in der Zeitung analysiert haben): Demnach sinkt die Gewinnquote gemessen am Bruttoinlandprodukt bereits länger als in den Jahren vor...

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Deutschland in der Autokrise 0.5

Im Internet kursiert ein Chart, auf dem wir sehen, wie die Pkw-Produktion in Deutschland zuletzt eingebrochen ist. Nach Zahlen des Automobilverbands VDA ist die Produktion in den zwölf Monaten (Excel) bis Juli sogar unter das Krisenniveau von 2008/2009 gesunken. Doch Vorsicht mit Schnellschüssen: Der gesamte Kraftfahrzeugbau war auf dem Höhepunkt der Krise Anfang 2009 um 40% eingebrochen, aktuell liegt das Minus aber «nur» bei rund 15% im Vergleich zum Jahr 2017. Beim «gesamten Kraftfahrzeugbau» zählen Statistiker neben den Pkw auch Busse und Lkw und Motoren mit. Bislang haben wir also keine «Autokrise 2.0», sondern noch nicht einmal eine «Autokrise 0.5», keine halbe Autokrise – wenn wir die Finanzkrise als Massstab nehmen. Am 27. August veröffentlicht das Statistikamt Destatis die Details zum Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal, dabei werden auch frühere Daten revidiert, besonders der Umsatz bei Investitionsgütern, zu denen teilweise auch Kraftwagen gehören, dürfte dabei interessant werden. Vielleicht bekommen...

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Wann kippt der US-Arbeitsmarkt?

Die Zinsstrukturkurve in den USA ist nur so semiinteressant – auch in Zeiten wachsender Rezessionsgefahr. Zumindest wenn wir uns aktuell ein Bild von der Konjunkturentwicklung machen wollen. Klar lassen sich immer Gründe finden, warum Monate vor einer Rezession in den USA die 10-jährige Rendite der Staatsanleihen regelmässig unter den Dreimonatszins rutscht. Aber das war es dann auch schon. Tatsächlich sagt die Zinsstrukturkurve wenig darüber aus, was in der Wirtschaft passiert. Interessant ist nur, dass der Zinsabstand im Mai noch gar nicht negativ war, wenn man ihn so berechnet wie die Notenbank von New York. Dies könnte sich nun im Juni geändert haben – neue Daten gibt es Anfang Juli. Spannender als der Blick auf die Zinskurve sind der Kapitalimpuls und der Profitimpuls in den USA, beide interessieren uns ohnehin in diesem Blog am meisten. Sie sagen uns, ob die Investitionen in neuen Kapitalstock (Maschinen, Gebäude, Patente usw.) und die operativen Gewinne...

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