So warnt das Institut für Weltwirtschaft heimlich vor einer Rezession

Wer sich gelegentlich die Prognosen der Forschungsinstitute durchliest, wird erstaunt sein. Erstaunt darüber, wie wenig bis gar nichts wir dort über die Gewinne der Unternehmen lesen können. Für Wirtschaftsjournalisten, die wie ich in einem Unternehmensressort arbeiten, sicherlich auch für viele Bankanalysten wirken solche Blankostellen nur verwunderlich. Beschäftigen wir uns doch ständig (die Analysten natürlich ausführlicher) mit den erwarteten Gewinnmargen oder damit, welche Rendite das investierte Kapital bei einem Unternehmen abwirft – im Vergleich etwa zu den Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber (Zinsen) und der Eigenkapitalgeber (Dividendenerwartungen). Das jüngste Beispiel ist die Prognose des gewerkschaftsnahen Instituts IMK aus Deutschland. [Korrekterweise müssen wir hier ergänzen, dass das IMK ein unabhängiges Institut ist, das von Tantiemen der gewerkschaftlichen Aufsichtsratsmitglieder finanziert wird. Ursprünglich stand hier in einer früheren Version "Gewerkschaftsinstitut", was nicht richtig ist.] In irgendeiner Tabelle finden wir dort zwar die Vorhersage für das Unternehmens- und Vermögenseinkommen. Doch die Ökonomen verlieren nur einen Nebensatz darauf, um...

Read More

Wie der lange, mickrige Aufschwung die Hirne der Deutschen aufweicht

Wenn wir jetzt weiterhin nach Deutschland schauen, können uns die jüngsten Konjunkturdaten noch aus einem anderen Grund etwas verwirren. Meine FuW-Kollegen haben in den vergangenen Monaten immer wieder dasselbe Phänomen beschrieben: Weiche Daten wie Umfrageergebnisse zeichnen weltweit ein viel zu rosiges Bild vom Konjunkturverlauf. Was bei einigen deutschen Volkswirten schon länger regelrechte Überhitzungsfantasien aufblühen lässt. Hier soll die erfreuliche Entwicklung in Deutschland natürlich nicht schlechtgeredet werden, das zweite Quartal brachte nach den kurzfristigen Prognosen der Forschungsinstitute wie des DIW wohl wieder einen Zuwachs von 0,5% im Quartalsvergleich. Die Unternehmen stellen weiterhin ein, auch wenn eines der besten Arbeitsmarktbarometer für Deutschland bereits erste Kratzer im Jobboom signalisiert. Keine Spur von Investitionsboom Hier geht es um das grössere Bild. Und wie wir gesehen haben, ist die deutsche Volkswirtschaft weit von einem Investitionsboom entfernt. Die Unternehmen investieren zwar in den Ausbau ihres Kapitalstocks (Maschinen, Anlagen, Geräte usw.) – sonst würden die Deutschen auch keinen Aufschwung erleben....

Read More

Wenn Deutschland überhitzt, merkt es keiner

In Deutschland erleben wir alle paar Monate ein bizarres Schauspiel. Volkswirte legen ihre neuesten Prognosen vor und diejenigen, die die EZB-Politik besonders kritisch sehen, warnen uns davor, dass die Volkswirtschaft bereits überhitzt. Oder zumindest kurz davor steht und deswegen ein abrupter Absturz aus dem längsten Aufschwung seit der Einheit droht. «Die Zeit» hat das neulich schön beschrieben, wie die deutschen Volkswirte über diese Frage streiten. Wir wollen uns hier nicht weiter mit den Methoden der Warner und Mahner beschäftigen. Meist läuft es darauf hinaus, langjährige Durchschnitte (Kapazitätsauslastung, Produktionspotenzial) zu berechnen und zu schauen, wie die tatsächliche Entwicklung davon abweicht. Dies mag mitunter durchaus nützlich sein, kann aber vielleicht auch in die Irre führen, wenn man zum Beispiel Lohn- und Preisentwicklung dabei ausser Acht lässt. Für ein «Taktikblog» der Konjunkturbeobachtung, wie dieses hier, ergibt diese Methode ohnehin nur wenig Sinn. Wollen wir doch zunächst jeden Zyklus konkret anschauen, und dann vielleicht Gemeinsamkeiten und...

Read More

Die US-Wirtschaft flirtet noch immer mit einem schwarzen Schwan

Zuvor haben wir (hier und hier) gesehen, wie wichtig es ist, vor allem die Neuinvestitionen einer Volkswirtschaft zu beobachten. Ausgaben, die den Kapitalstock eines Landes erweitern, Ausgaben für Maschinen, Anlagen, Geräte, Wirtschaftsgebäude usw. Da wir frische Daten aber nur alle Quartale von den amtlichen Statistikern geliefert bekommen, werden wir uns hier im Blog auch auf monatliche Zahlen stürzen. Wie viele Volkswirte in den Banken, bei Vermögensverwaltern und Forschungsinstituten beobachten wir dabei Frühindikatoren: Am beliebtesten sind Umfragen unter Managern und Verbrauchern sowie der Auftragseingang in der Industrie. So können wir frühzeitig Hinweise finden, wohin sich die Produktion künftig bewegen wird, ob neue Jobs entstehen oder Unternehmen Stellen streichen. Jobaufbau hängt an der Geschwindigkeit der Investitionen Es reicht aber nicht, wenn wir eine Ahnung davon bekommen, ob die Investitionsausgaben künftig wachsen oder schrumpfen werden. Ganz wesentlich ist auch die Geschwindigkeit. Für die USA haben wir es bereits gesehen: Die Unternehmen bauen in der Regel erst...

Read More

Amerikas Krisentendenzen mit leicht freundlicher Note

Bevor uns hier gleich die Jobaussichten der US-Amerikaner interessieren sollen, möchte ich doch kurz etwas ausholen. Wenn wir regelmässig die Konjunktur beobachten, lohnt es sich immer, Statistiken anzuschauen, die über das Offensichtliche hinaus Erkenntnisse liefern. Ökonomen in den Banken oder den Instituten haben die ausgefeiltesten Methoden entwickelt, auf kurze Sicht recht gute Prognosen zu liefern, auf die wir alle irgendwie angewiesen sind. Selten finden wir jedoch in solchen Prognosen Hinweise, warum sich eine Volkswirtschaft im Aufschwung befindet, oder warum sie sich auf einen Abschwung zubewegt. Wer sagt, die Unternehmen stellen vermehrt ein und der Konsum der Beschäftigten steigt mit ihrem wachsenden Arbeitseinkommen, der sagt eben auch nur mit anderen Worten, dass wir uns im Aufschwung befinden. Aber nicht warum. Wer dann auch noch sagt, neue Jobs entstehen nur dann, wenn Unternehmen mehr investieren als zuvor – in neue Maschinen, Geräte, Anlagen oder Betriebsgebäude –, der sagt genau das Gleiche. Gerne untermauert mit...

Read More

Konjunkturanalyse geht jeden an

Konjunkturzyklen treten erst seit rund 200 Jahren in den entwickelten kapitalistischen Marktwirtschaften auf. Einige Historiker datieren die Wirtschaftskrise von 1825 in England als die erste Rezession überhaupt in der Geschichte, die ein gesamtes Land erfasst hat. Da war gerade einmal ein halbes Jahrhundert vergangen, seitdem Adam Smith über die unsichtbare Hand geschrieben hatte: Das Volkseinkommen eines Landes werde zwangsläufig und unbewusst (d.h. ohne Eingriffe des damaligen feudalen Staates) so gross wie möglich, wenn doch nur alle Geschäftsleute allein ihre eigenen Gewinninteressen verfolgen. Rund fünfzig Jahre später begann aber in England das regelmässige Auf und Ab, das wir als Konjunkturentwicklung kennen und das wir noch heute in fast allen modernen Volkswirtschaften beobachten können: Wie aus heiterem Himmel scheinen plötzlich, alle paar Jahre, die Gewinne zu schrumpfen, und die Unternehmen fahren schlagartig ihre Investitionen in neuen Kapitalstock zurück, also ihre Ausgaben für neue Maschinen, Anlagen oder für den Bau von Geschäftsgebäuden. Der Zusammenhalt ganzer...

Read More

Darum wird jede Standortdebatte in diesem Wahlkampf spurlos versickern

Gestern hat ein Tweet von Michael Hüther, Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, mich dazu gebracht eine ältere Grafik hervorzukramen. Sie stammt noch aus dem Jahr 2013 - gleich sehen wir eine aktualisierte Version. Sie zeigt den Zusammenhang, den viele für die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit noch immer als fundmental erachten: Wenn die Arbeitnehmer entsprechend der Entwicklung der Arbeitsproduktivität entlohnt werden und dazu noch einen Inflationsausgleich bekommen, sei der Verteilungsspielraum zwischen Kapital und Arbeit ausgeschöpft - alle Seiten partizipieren gleichmässig am wachsenden Wohlstand. Wobei allerdings ausgeblendet wird, dass auf der Kapitalseite weniger Menschen Einkommen beziehen als auf der Seite der Arbeit. Aber egal. Genau dieser gesellschaftliche Konsens gilt seit 1996 nicht mehr. Damals versuchte Helmut Kohl ein „Bündnis für Arbeit“ zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schmieden, das allerdings scheiterte. Nichtsdestotrotz wichen die Tarifparteien seitdem vom Konsens ab, der die alte Bundesrepublik so lange geprägt hatte. Wie auch...

Read More

Überhitzungsphantasien vernebeln die Köpfe unserer Wirtschaftspolitiker

Die Frucht geht um in Deutschland, dass die gute Lage am Arbeitsmarkt zu stärkeren Lohnsteigerungen führt und somit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gefährden könnte. Deshalb kursiert seit geraumer Zeit in konservativen oder eher marktliberalen Kreisen bei Politikern, Technokraten und in den Medien die eigenartige These von den ausgelasteten Kapazitäten (Maschinen, Anlagen, Computer usw.). Diese Mär dient allerdings nur als Vorwand dafür, dass die öffentlichen Haushalte sich trotz Nullzinsen nicht noch mehr verschulden dürfen. Wenn überhaupt dann sollen sie bitte ihre Ausgaben umschichten. Das allein klingt schon extrem merkwürdig, kennen wir doch den Investitionsbedarf der Kommunen von 136 Mrd. €. Wer kann da noch ernsthaft behaupten, wir müssten uns Spielraum verschaffen, um für künftige Krisen gewappnet so sein, so das Lieblingsmantra der Regierenden? Denn solch eine Krise, sie ist längst schon da! Und was genau wollen denn unsere lieben Experten hier noch umschichten? Auf der anderen Seite geistern offizielle und inoffizielle Verschuldungsprojektionen...

Read More

Blockchain: Auch die Zukunft der Medien hängt an einer Kette

Dies war mein letzter Artikel, den ich für das WirtschaftsBlatt geschrieben haben. Am 2. September wurde die einzige Wirtschaftstageszeitung Österreichs eingestellt. Wir hatten in der Zeitung eine Rubrik, die hieß Wirtschaftswunder. Hier war eigentlich alles erlaubt: Reportagen, Features und auch Meinungsstücke oder Analysen. Oder alles zusammen. Schön, dass jemand der nicht an Wirtschaftswunder glaubt, das letzte Stück in dieser Rubrik schreiben durfte. Der Begriff der Blockchain kommt hier allerdings zu kurz, so dass ich auf folgenden Artikel (Was ist eigentlich die Blockchain?) aus der FAZ verlinken möchte. Gern hätten wir auch in den nächsten 21 Jahren beschrieben und beleuchtet, wie und wo die Geschäfte in Österreich und auf der Welt gut und wo sie schlecht laufen. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir stattdessen die vielen Karriere-Beilagen des WirtschaftsBlatts durchsehen, die seit 1995 Woche für Woche erschienen sind: Tipps für Bewerbungen oder wie man eine Firma gründet wird uns brennend...

Read More