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Meine Stimme aus Wien: Wie eine Währungsunion an die Wand fährt

Viel lässt sich kritisieren am Stil und Geschick der Athener Regierung. Zu oft fühlten sich die Gläubiger Griechenlands zuletzt vor den Kopf gestoßen. Wie Freitagnacht, als Premier Alexis Tsipras ein Referendum über die Sparvorgaben ankündigte.

Leicht wird dabei aber übersehen, wie einhellig und klar die Diagnose der meisten Ökonomen ausfällt: Die geforderten Kürzungen und Steuererhöhungen treiben Griechenland nur noch tiefer in die wirtschaftliche Katastrophe.

Das gab es schon einmal, als sich die beiden deutschen Nachkriegsstaaten vor 25 Jahren zur D-Mark-Union zusammenschlossen. Laut waren die Warnrufe der Fachleute, Bundesbankchef Karl Otto Pöhl führte sie an.

Doch wie 2015 in Deutschland, Spanien, im Baltikum oder in Slowenien zählten damals die Mahner mit ökonomischem Sachverstand nichts, wenn es um Wählerfang geht. So erinnert sich der letzte DDR-Ministerpräsident, Lothar de Maizière, noch bestens an all die Gutachten, die ihm bereits 1990 voraussagten, nur ein Drittel der Betriebe werde den politisch gewollten Wechselkurs überleben.

Wer sich heute EU-Prognosen anschaut, erkennt schnell, dass die Griechen mindestens bis 2016 unter Kapitalvernichtung und Depression leiden müssen.

Damals wie heute gilt, dass Krisenursachen sich über Jahrzehnte aufbauen. Nur: Wer jetzt Reformen in Griechenland plant, die sogar weit über das hinausgehen, was Berlin oder Brüssel je im Sinn hatten, muss zuerst den wirtschaftlichen Absturz stoppen. Anders geht es nicht.

Weil sich beide Seiten darauf nicht einigen konnten, stehen die Griechen vor dem Komplettzusammenbruch. Wenn sie aber austreten, droht ein Albtraum im Euroland.

Dieser Beitrag erschien zuerst als Leitartikel im WirtschaftsBlatt am 29. Juni 2015.

Foto: Flickr/Murplejane/(CC BY-SA 2.0)

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