Allgemein

 

Was wäre hier wohl los, wenn Deutschland in sechs Jahren 600 Mrd. Euro an Produktionskapazitäten verlieren würde? Und sie wissen genau, wie sie Griechenland ökonomisch zerstören

Selbst wohlwollende Beobachter atmeten auf. Griechenlands Premier Alexis Tsipras hat vorige Woche seinen standfesten Finanzminister Yanis Varoufakis aus der direkten Schusslinie der Verhandlungen mit der Euro-Gruppe zurückgezogen. Nun sei die Tür für den herbeigesehnten Kompromiss wieder einen Spalt weit offen. Manchmal hören wir auch, Frau Merkel oder Herr Schäuble hätten insgeheim längst erkannt, wie ihre Austeritätsrezepte Griechenland und andere Krisenländer ruiniert haben. Wenn da nur nicht die Wähler daheim wären, denen demonstriert werden müsse, dass die Griechen den reicheren Gläubigernationen nicht auf der Nase herumtanzen dürfen. Die Griechen, die Jahrzehnte über ihre Verhältnisse gelebt haben und dabei Korruption und Misswirtschaft gedeihen ließen. Wie in Kriegszeiten Wenn Athen wenigstens formal die Reform- und Sparauflagen akzeptierte, sei noch viel Spielraum vorhanden, heißt es auch gern, dann könnten die Vorgaben bei der konkreten Umsetzung wie schon 2014 etwas gelockert werden. Doch genau hier liegt ein Trugschluss vor. Auch im vorigen Jahr gab es…

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Die relative Stärke im Kapitalaufbau Amerikas

Im jüngsten Wirtschaftsausblick des Internationalen Währungsfonds (IWF) findet sich eine bemerkenswerte Analyse über die angebliche Investitionsschwäche in den Industrieländern. Die IWF-Ökonomen stützen die These, dass der gleichzeitige Versuch des Privatsektors und der öffentlichen Haushalte, ihre Verschuldung zu senken, seit der Finanzkrise das Einkommenswachstum empfindlich gedämpft hat und Unternehmen weniger geneigt waren, ihren Kapitalstock zu erweitern. Warum die Ökonomen die Entwicklung der Investitionen mit früheren Prognosen vergleichen, bleibt zwar ein großes Rätsel. Doch für Paul Krugman ist klar, dass der IWF hier wieder einmal einem unter Europas Spitzenpolitikern verbreiteten Irrglauben entgegen tritt: Wenn Regierungen nur ihre Haushaltsdefizite abbauen, würden Mittel frei, die in die Privatwirtschaft fließen und dort Investitionen anschieben könnten. Wenn wir uns jedoch die Daten etwas genauer anschauen, stellen wir fest, dass am Ende doch beide Seiten dieser Kontroverse irgendwie recht haben und zugleich auch nicht. Blicken wir auf die amerikanische Volkswirtschaft, wo der Staat von Mitte 2009 bis…

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Pekings Großplan für die Seidenstraße reicht bis Osteuropa und noch weiter

Der große Plan steht. Ende März veröffentlichte die Regierung in Peking ein wichtiges Dokument, einen Aktionsplan: Mit der neuen Seidenstraße baut sich China nicht nur schnellere Verkehrswege nach Europa auf. Der Drang nach Westen erstreckt sich längst auf die Energie- und Informationsnetze sowie ganze Zulieferketten. Viele in Europa schlafen aber noch. Priorität Verkehr Die Seidenstraßen-Initiative besteht aus zwei Routen: einer Landverbindung über Zentral- und Westasien, auch über Russland oder Südosteuropa, bis nach Rotterdam und Hamburg. Die zweite, die maritime Strecke, verläuft über Südostasien und Afrika ebenfalls nach Europa (siehe Karte). Wobei die Routen selbst als breites Netzwerk gedacht sind, das sich auch künftig noch ausweiten darf. „Es deckt die historische Seidenstraße ab, aber ist nicht auf sie begrenzt“, heißt es in Pekings Aktionsplan. Die Initiative stehe allen Ländern sowie internationalen und regionalen Organisationen offen. Als Priorität schlägt der Aktionsplan vor, wichtige Verkehrsadern auszubauen, bislang noch unverbundene Straßenstücke miteinander zu verbinden,…

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Die Wunderheiler der Schuldenbonanza

Was Berlin den Krisenländern wie Griechenland als Erfolgsmodell predigt, hat sogar einmal funktioniert. Dafür mussten sich die Europäer aber bei den Deutschen verschulden. *** Wenn es um die Griechen geht, da kennen viele Deutsche nichts. Politiker, Ökonomen und Medienleute prügeln mit größter Arroganz auf das kleine, überschuldete Land ein. Die Bild-Zeitung fährt dieser Tage eine beispiellose Hetzkampagne gegen die „gierigen Griechen“. Und deutsche Eliten wissen es wieder einmal besser, wie die Hellenen aus ihrem angeblich selbst verschuldeten Schlamassel herauskommen können: mit Reformen, eisernem Sparen und sinkenden Löhnen. Fast genauso hätten sie es doch auch geschafft, damals, als die ganze Welt Anfang des Jahrtausends Deutschland als den „Kranken Mann Europas“ verspottete. Viele Deutsche glauben noch immer, dass die Reform des Arbeitsmarkts die entscheidende Wende gebracht habe. Flexibilisierte Leiharbeit oder die Minijobs hätten den Unternehmen mehr Luft gegeben, die Löhne stiegen kaum und stärkten so die Firmen gegen die Konkurrenz. Nur vergessen…

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Un-verschuldet in die Deflation

Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden krisenhafte Preisrückgänge häufig beobachtet, vor allem in Konjunkturkrisen. Heute wächst die Furcht davor, dass hohe Schulden das Wachstum abwürgen. Wer dem neuen Finanzminister Griechenlands, Yannis Varoufakis, zuhört, der kommt an seiner Diagnose nicht vorbei: Die heutige Wirtschaftskrise der industrialisierten Welt erinnert ihn an Große Depression der 1930er-Jahre. Es ist der große Horror, der Politiker und Notenbanker noch heute umtreibt. Die große Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs soll sich nie mehr wiederholen. Eine Rückkehr der Depression wie nach der Weltwirtschaftskrise 1929 gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Die damalige Deflation, also eine Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen, fallenden Preisen und Massenarbeitslosigkeit sollte nie wieder die demokratischen Grundlagen der Gesellschaften zerstören. In der Zwischenkriegszeit fiel das Preisniveau der zehn größten Volkswirtschaften in Summe um 20 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte um zehn Prozent. Wer von einem krisenhaften Preisverfall redet, meint damit also nicht, dass Computer oder…

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Amerikas Überhitzung im Zeitalter mageren Wachstums

Die alles entscheidende Frage für die Weltwirtschaft in diesem Jahr lautet: Rutscht Amerika in die Krise/Stagnation/Depression oder kann die größte Volkswirtschaft der Welt noch Monate oder sogar Jahre den nächsten Abschwung hinauszögern? Wer die Meldungen vom Arbeitsmarkt oder von den Einkaufsmanagerbefragungen verfolgt, für den sieht natürlich noch immer alles rosig und nach Aufschwung aus. Genau so schreiben wahrscheinlich viele Volkswirte in Banken und Instituten ihre Prognosen einfach aus der Vergangenheit fort. Ein all zu oberflächliches Rätselraten, wie es scheint. Tatsächlich sah es 2014 auf den ersten Blick natürlich gar nicht so schlecht aus. Bei Barclays schätzen sie derzeit in ihrem Live-Tracking der monatlichen Konjunkturdaten ein Wachstum von 3,4 Prozent für das Schlussvierteljahr 2014 (nach 4,6 Prozent im Frühjahr und 5,0 Prozent im Sommer). Wie in den USA üblich sind die 3,4 Prozent eine auf das Gesamtjahr hochgerechnete Rate – nach europäischer Rechenweise wäre dies immerhin ein beachtliches Quartalsplus von 0,8…

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Meine Stimme aus Wien: Der traurige zweite Maidan

Eigentlich wollte ich 2014 nichts mehr zur Ukraine schreiben, dann habe ich für das Wirtschaftsblatt doch noch einen Rückblick gemacht, der hier weiter unten zu lesen ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Verschwörungstheorien, die besagen, dass der Euro-Maidan im November 2013 und der zweite Maidan danach von amerikanischen Geheimdiensten und bestimmten Oligarchen orchestrierte Proteste waren. Dafür fehlen natürlich alle Beweise. Fakt ist aber, dass die Bevölkerung unzufrieden war mit dem alten, korrupten Regime. Fakt ist auch, dass die Umsturz-Regierung nicht überall im Land unterstützt wurde. Und es geht nicht darum, Putin zu verstehen oder das russische Agieren zu rechtfertigen. Doch jeder konnte seit 2008 wissen, dass Russland so reagieren wird, wie es reagiert hat. Die Naivität, die Europas Spitzenpolitiker öffentlich zur Schau stellen, ist für mich nur schwer zu ertragen – genau wie die lächerliche Propaganda aus Moskau und die wachsende Repression in Russland. *** Als Frank-Walter Steinmeier kurz…

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Trübe Aussichten für Deutschland im neuen Jahr

Was so ein sinkender Ölpreis alles in der deutschen Autoindustrie anrichten kann (und in so manchen Köpfen unserer lieben Konjunkturbeobachter). Um 20 Prozent stiegen die Neubestellungen von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren im Oktober im Vergleich zum Vormonat – und zwar aus Deutschland. Aus dem Ausland gab es immerhin noch ein Plus von 9 Prozent. Erste Ökonomen blicken daher bereits vorsichtig optimistisch auf den Beginn des neuen Jahres, dann könne die konjunkturelle Schwächephase in Deutschland überwunden sein, war dieser Tage öfter zu lesen. Nun ist es aber so, dass ein größerer Autoabsatz noch lange nicht dafür spricht, dass die Autokonzerne nun sofort ihre Kapazitäten ausweiten und damit die Investitionen in Deutschland wieder anziehen werden. Klar dürften die Betriebe in nächster Zeit ihre Auslastung hochfahren und vorübergehend sogar mehr Leute einstellen – was tatsächlich mehr Nachfrage nach Konsumgütern bedeuten würde, wenn diese Beschäftigten mehr verdienen als sie jetzt bekommen. Doch wenn wir von…

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Der sinkende Ölpreis wird nicht lange helfen, die US-Wirtschaft vor der Krise zu bewahren

Nach den jüngsten Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt bekam ich wieder einmal viel Häme ab von den lieben Kollegen (hier beim Wirtschaftsblatt in Wien). Wo sie denn nur bliebe, die Rezession, vor der seit dem Sommer in diesem Blog gewarnt wird. Auf Twitter attestiert man mir schon lange einen gewissen Realitätsverlust angesichts der doch so tollen Konjunkturdaten aus Amerika. Und in fast allen Prognosen der Banken ist zu lesen, die „US-Wirtschaft ist robust genug, dass selbst die butterweiche Fed die lockere Geldpolitik beendet.“ (Commerzbank). Institutsökonomen sprechen sogar davon, dass eine „kräftige Expansion in den USA“ im nächsten Jahr bevorsteht. Doch wenn wir uns weiterhin die richtigen Charts anschauen, spricht noch immer nichts dafür, dass am Ausblick vom Juli auch nur ein Wort geändert werden muss. Denn der Trend hat noch immer nicht gedreht – trotz der jüngsten Minierholung der Gewinnmargen. Wie hieß es hier damals im Blog: „Wir müssen uns in Europa…

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Meine Stimme aus Wien: Euroland weiter auf Harakiri-Kurs

Mein Leitartikel aus dem Wirtschaftsblatt vom 5. November 2014: Die EU-Kommission beklagt in ihrer Herbstprognose die schleppende Erholung im Euroraum. Die Investitionen hätten sich nicht als starker Konjunkturmotor erwiesen, schreiben die Fachleute. Nachdem sie im Frühjahr ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für dieses Jahr vorausgesagt hatten, sollen es jetzt nur noch 0,8 Prozent werden. Die Zahlen sind erschreckend, auch nach der jüngsten Umstellung der Statistik, die jetzt Forschungs- und Verteidigungsausgaben zu den Investitionen zählt. Die privaten Unternehmen werden 2013 und 2014 jeweils so wenig für die Erweiterung ihres Kapitalstocks ausgegeben haben, dass diese Summe nur noch 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. 2015 soll es kaum besser werden. Diese äußerst mickrigen Quoten sagen nichts anderes, als dass der Euroraum nur haarscharf an einer Kapitalvernichtung vorbeischlittert. Dabei lag die private Nettoinvestitionsquote in den Jahren 1995 bis 2008 im Schnitt bei 5,6 Prozent, selbst in Schwächephasen rutschte sie nie unter 4,7 Prozent. Wenn…

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