Trübe Aussichten für Deutschland im neuen Jahr
Was so ein sinkender Ölpreis alles in der deutschen Autoindustrie anrichten kann (und in so manchen Köpfen unserer lieben Konjunkturbeobachter). Um 20 Prozent stiegen die Neubestellungen von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren im Oktober im Vergleich zum Vormonat – und zwar aus Deutschland. Aus dem Ausland gab es immerhin noch ein Plus von 9 Prozent. Erste Ökonomen blicken daher bereits vorsichtig optimistisch auf den Beginn des neuen Jahres, dann könne die konjunkturelle Schwächephase in Deutschland überwunden sein, war dieser Tage öfter zu lesen.
Nun ist es aber so, dass ein größerer Autoabsatz noch lange nicht dafür spricht, dass die Autokonzerne nun sofort ihre Kapazitäten ausweiten und damit die Investitionen in Deutschland wieder anziehen werden. Klar dürften die Betriebe in nächster Zeit ihre Auslastung hochfahren und vorübergehend sogar mehr Leute einstellen – was tatsächlich mehr Nachfrage nach Konsumgütern bedeuten würde, wenn diese Beschäftigten mehr verdienen als sie jetzt bekommen. Doch wenn wir von Wachstum reden, dann bräuchten wir schon etwas mehr.
Verkauft ein Autohaus statt 20 Autos im Monat nun plötzlich 30 haben wir einen schönen Einmaleffekt. Aber wenn die Verkäufe dann ein Jahr lange bei 30 Stück stagnieren, haben wir praktisch ein Umsatzwachstum von null. Klar geben die neueingestellten Beschäftigten in der Autobranche mehr Geld aus. Am Ende zählt für die Konjunkturentwicklung aber immer noch, ob die Unternehmen tatsächlich mehr Kapitalstock aufbauen. Und wenn wir uns die Investitionsgüteraufträge in Deutschland ansehen, dann sieht es noch immer mau aus.
Wichtig dabei ist nur, dass wir die Investitionsgüter ohne Kraftfahrzeuge und auch ohne den Luft- und Raumfahrzeugbau betrachten. Laut Definition der Statistiker gehören diese Güterarten eben auch zu den Investitionsgütern. In der vorhergehenden Grafik sehen wir die laufenden Dreimonatsdurchschnitte. Und hier erkennen wir, dass die Bestellung aus dem Inland noch immer 3 Prozent unter dem Niveau zum Jahresanfang liegen.
Warum diese Bestellungen (vor allem von Maschinen, elektronischen Anlagen oder Metallerzeugnissen) so wichtig sind, können wir wiederum in der obigen Grafik ablesen. Erstens sind die Neu- oder Nettoinvestitionen, die den Aufbau neuen Kapitals messen, die entscheidende Größe für den Konjunkturverlauf. Und zweitens sind die privaten Nettoinvestitionen in Deutschland (außerhalb des Finanzsektors) bereits im Sommer ins Minus gerutscht: Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukts sanken sie im Vorjahresvergleich. (Destatis veröffentlicht freundlicherweise seit vergangenem Sommer die Sektorkonten für die Quartale fast zeitgleich mit den Details zum Bruttoinlandsprodukt und nicht erst mit Ablauf des jeweiligen Jahres.)
Nun hat der jüngste Ölpreisverfall seit dem Sommer sowie der schwächere Euro die Gewinnmargen der Unternehmen wachsen lassen. Die bis vorkurzem gestiegenen Aktienkurse sind auch damit zu erklären, womit sich das eine oder andere Unternehmen sicherlich reicher fühlen dürfte. Nur: Für eine längere Wachstumsphase braucht es auch in Deutschland wie in jedem anderen Land dauerhaft anziehende Gewinnmargen – und danach sieht es momentan eben nicht aus – auch weil in Amerika der Aufschwung wahrscheinlich auslaufen wird.
Deine Argumentation ist total schlüssig.
Die Historie hingegen zeigt:
Schwacher Euro ist gut für die Konjunktur,
niedrige Ölpreise sind gut für die Konjunktur,
niedrige Zinsen sind gut für die Konjunktur (OK, der Realzins ist nicht wirklich niedrig).
Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese großen Indikatoren irren. Vor allem, weil sie gebündelt auftreten.
Ja, Du hast ja recht. Natürlich wirken Euro und zum Teil auch Ölpreis positiv auf die Konjunktur. Wenn das Ausland weniger Güter in Deutschland bestellt, weil sie weniger Öleinnahmen haben, kann der Effekt aber leicht verpuffen.
Soweit bin ich auch kein Prophet, dass ich wüsste, wie stark der Effekt sein wird. Nur die Grundtendenz ist halt abwärts gerichtet. Und dann können weder Zinsen, noch Rohstoffpreise, noch Währungen eine Rezession/Stagnation abwenden.
Die Grundtendenz dreht eben erst dann, wenn die operativen Gewinnmargen steigen und es sich lohnt, mehr zu investieren. Noch hat die Grundtendenz aber nicht gedreht. Es kann auch gut sein, dass die Nettoinvestitionen so einen Zickzackkurs hinlegen wie vor 2005 – dann wird es halt eine Stagnation und keine Rezession… Aber von Aufschwung fehlt jede Spur… Sorry…
The eurozone’s working-age population had been growing until 2005, but it will fall from 2015 onward. Given that productivity has not been picking up, fewer workers mean significantly lower potential growth rates. And a lower growth rate implies that less investment is needed to maintain the capital/output ratio.
http://www.project-syndicate.org/commentary/eurozone-juncker-plan-by-daniel-gros-2014-12
Damit Sie sich mit Russland nicht verwirren:
http://zhu-s.livejournal.com
früher Mitglied des konsultativen Beirats der russischen Zentralbank.
Ich habe Ihrem Twitter entnommen, dass Sie den Verschwörungstheorien
nicht abgeneigt sind.
Dann bitte schön eine Weihnachtslektüre:
http://bohemicus.livejournal.com/90590.html
Ereignisse in der Ukraine im kulturhistorischen Kontext von Frisuren und Kopfbedeckungen