Sie läuft, die Katastrophe im Euro-Raum
Gut, die EZB versucht noch alles, um das Euroland vor der Rezession zu retten. Glauben wir den neuesten Zahlen zum Auftragseingang in der deutschen Industrie ist es dafür aber wohl längst zu spät. Notenbanker und Regierungen können die verschärfte Krise nur noch abfedern. Dürfen wir bereits die Wochen zählen, bis auch die Berliner Regierung den Notstand eingesteht? Vorbereitet sind sie ja wohl halbwegs, wie wir diese Woche in der „Zeit“ lesen können – dazu später mehr.
Schauen wir uns also die Neubestellungen von deutschen Investitionsgütern an, sinnvollerweise als Jahresraten der laufenden Dreimonatsdurchschnitte und ohne Großaufträge – es geht um den langfristigen Trend.
Der eine starke Monat in Juli hat nicht ausgereicht, dass wir auch nur den Hauch einer Trendwende im Euro-Raum spüren. Bei den Neuaufträgen aus dem Rest Eurolands ging es weiter abwärts von minus 0,8 und auf minus 1,2 Prozent im Juli. Noch sind wir zwar von Rückgängen wie zum Höhepunkt der Euro-Krise verschont geblieben. Aber der Abwärtssog kann sich gerade bei Investitionsgütern schnell beschleunigen, wie wir 2011 gesehen haben. So bricht die Nachfrage aus dem Euroland wegen der anhaltenden Austeritätspolitik noch immer weg und längst sinken deswegen auch die Gewinnmargen (außer vielleicht noch in Spanien). Was für eine fatale Zwickmühle, sollte sie doch die Löhne senken und die Gewinne steigen lassen.
Bemerkenswert ist nur die Erholung bei den Bestellungen von außerhalb des Euro-Raums. Beim VDMA, dem Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer, wussten sie zwar auch nicht so genau, aus welcher Region das Plus kommt, als ich dort heute nachfragte. Sie vermuten aber, dass die Nachfrage nach deutschen Maschinen vor allem aus China und Südostasien zulegte. Nun spricht das aber nicht unbedingt für einen optimistischeren Ausblick für die Weltkonjunktur, wenn Konsumgüterhersteller wie die Chinesen sich neue Maschinen bestellen, die sie schnell auch wieder stornieren können, falls es schlechter laufen sollte.
Die Ökonomen der Bank of Amerika Merrill Lynch haben ausgerechnet, wieviel das neue iPhone den Chinesen bringen könnte: “The iPhone 6’s release could add 1% per month to China’s export growth for the rest of 2014. Impact on its GDP is negligible.” Auch hier sind also keine neuen Impulse zu erwarten, wenn es einmal mit der US-Konjunktur schlechter läuft. Und solange die Gewinnmargen in Amerika nicht steigen, bleibe ich bei meinem Pessimismus. Vergessen wir nicht, dass zum Ende eines Aufschwungs natürlich Jobaufbau und Privatkonsum immer als letztes reagieren. Wenn es auch hier abwärts geht, ist es eh zu spät.
Und dann lesen wir in der „Zeit“ folgende interessante Neuigkeiten aus Berlin: „In den zuständigen Ministerien werden (…) bereits Notfallpläne ausgearbeitet, um die Konjunktur stützen zu können, wenn sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert.“ Etwas weiter heißt es: „(I)nsgeheim wird nach Informationen der ZEIT an einer Art Konjunkturprogramm gearbeitet. Dazu ergänzen Gabriels Leute derzeit ein ohnehin geplantes Arbeitsprogramm für die Regierung um eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen.“
Ja, es wird ihnen nicht anderes übrig bleiben, die Gewinnmargen (vor Vermögenseinkommen, Zinszahlungen und Steuern) in Deutschland lagen Ende 2013 eh nur noch knapp über dem Niveau kurz nach der Euro-Einführung. In der nächsten Krise wird die Standortpolitik Deutschlands der vergangenen rund 20 Jahre wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Und wenn die Arbeitslosenzahlen erst einmal auch bei uns wieder steigen, wird es nicht mehr ausreichen, was die „Zeit“ weiter berichtet:
„Nun wird erwägt, im Krisenfall den Unternehmen zu ermöglichen, Maschinen und andere Anlagegüter schneller abzuschreiben. Damit würden die Firmen Steuern sparen und könnten mehr investieren. Eine ähnliche Regelung kam im Kampf gegen die Finanzkrise zur Anwendung. Im Ministerium denkt man auch darüber nach, die Stromsteuern abzuschaffen und mehr öffentlich zu investieren.“
Wir können nur hoffen, dass die Notfallpläne doch etwas üppiger ausfallen. Und hoffen wir auch, dass sie in Berlin längst ausgefeiltere Pläne für Euro-Bonds in der Schublade zu liegen haben – bei allem Tamtam um den Herrn Blessing. Die Gemeinschaftsanleihen könnten schneller gebraucht werden, als wir uns heute noch alle vorstellen.
Siehe auch: Anatomie einer angekündigten Katastrophe (Teil 2): Die nächste Krise kommt immer!