Meine Stimme aus Wien

Meine Stimme aus Wien: Von Rezessionsauguren ohne Jobangst und dem einzigen Sinn einer Zinserhöhung in den USA

Das britische Wochenmagazin "Economist" zitierte neulich einen Investmentbanker mit bemerkenswerten Sätzen: "Ich sage nie eine Rezession voraus. Wenn ich recht behalte, wird es mir niemand danken; wenn ich falsch liege, werde ich gefeuert." Wenig Sorgen um seinen Job macht sich dagegen Willem Buiter, Chefvolkswirt bei der Citigroup. Vielleicht muss man jahrelang im Zentralbankrat der Bank von England verbracht und Kolumnen in der "Financial Times" geschrieben haben, um die Gepflogenheiten seiner Zunft einfach ignorieren zu können. Jedenfalls sagte Buiter erst vor wenigen Wochen eine moderate globale Rezession (Link zum pdf der Citi via Buiters Webseite) für die zweite Hälfte des Jahres 2016 voraus. (Siehe auch: What Is A (Global) Recession?) Na, so was. Reden wir nicht darüber, dass die US-Wirtschaft so robust wächst, dass sie längst wieder höhere Zinsen verkraften könne. Banken und Versicherungen fiebern ohnehin höheren Zinsen entgegen, die sie endlich wieder mehr Geld verdienen lassen. Das sieht der Ökonom Stephen...

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Meine Stimme aus Wien: Globale Wachstumssorge

Auf den Finanzmärkten macht sich extremer Pessimismus breit. Noch hat aber kaum jemand die USA und Europa bei seinen Konjunktursorgen auf dem Radar. Anleger fürchten derzeit, Chinas Wirtschaft könne deutlich weniger wachsen als bislang und damit den Rest Asiens sowie Schwellenländer anstecken, die sehr stark vom Rohstoffexport abhängen. Gut möglich, dass sich diese Sichtweise als völlig übertrieben erweisen wird und sich die Aktienkurse weltweit bald stabilisieren, mit Ausnahme von China vielleicht, wo gerade eine Blase platzt. Als Pekings Notenbank vor zwei Wochen zuließ, dass ihre Währung, Renminbi, rund drei Prozent zum US-Dollar billiger wurde, löste dies heftige Abwärtsbewegungen bei den Devisen von Schwellenländern aus – vor allem im fernen Osten Europas, in Asien und Lateinamerika. Doch wer allein auf die Schwellenländer schaut, kann leicht übersehen, dass sich die Konjunkturaussichten auch in Europa und den USA eintrüben. Sicher, derzeit gibt es keinen Grund zur Panik, doch stimmen einige Signale zumindest nachdenklich. So sank...

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Meine Stimme aus Wien: Geistige Untiefen aus der Welt des Dr. Schäuble

Unter den Topökonomen Deutschlands spielt sich ein Trauerspiel ab. Vorige Woche legte der Sachverständigenrat, bekannt als „die Wirtschaftsweisen“, ein Gutachten vor. Darin setzen vier Professoren darauf, dass Investoren an den Finanzmärkten die Risiken von Staatspleiten richtig einschätzen und so die Euro-Regierungen von einer zu hohen Schuldenaufnahme abbringen sollen. Um den Druck zu erhöhen, müsse schlussendlich ein Euro-Austritt möglich sein. Der Rat liefert damit den Überbau für die Grexit-Fantasien von Finanzminister Dr. Schäuble. Wobei die Phrase „theoretischer Überbau“ einem kaum in den Sinn kommen mag. Ausgerechnet Investoren können zu mehr Stabilität beitragen? Nein, sagt der Berliner Ökonom Marcel Fratzscher: „Gerade die globale Finanzkrise 2008 und die europäische Krise der vergangenen Jahre zeigen, dass Investoren und Finanzmärkte eher die Ursache und nicht die Lösung von Finanzkrisen sind.“ Hinzu kommt, dass ein Austrittsmechanismus dazu einladen würde, erst recht gegen den Euro zu spekulieren. Keine Rezepte, die Griechenlandkrise zu beenden Bei so vielen Untiefen wundert es nicht,...

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Meine Stimme aus Wien: Fiskalunion ohne Basis

Groß war die Aufregung über den Souveränitätsverlust, den die Athener Regierung vor gut einer Woche hinnehmen musste. „Griechenland unter Protektorat“, so titelte unsere Schwesterzeitung „Die Presse“. Von vollständiger Kapitulation sprachen Beobachter weltweit – zu Recht: Denn das griechische Parlament darf nicht einmal mehr über Gesetze diskutieren, bevor die Gläubigerinstitutionen konsultiert wurden, so haben es alle 19 Regierungs- und Staatschefs beschlossen. Aber geht es nicht genau darum, wenn wir uns in Europa nach einer Fiskalunion sehnen, die endlich das politische Fundament für die gemeinsame Währung legen soll? Bedeutet nicht auch ein Mehr an Vergemeinschaftung öffentlicher Budgetaufgaben, dass Regierungen stärker kontrolliert werden müssen? Soll nicht ein Euro-Finanzminister, so es ihn einmal geben wird, in die nationalen Haushaltspläne eingreifen dürfen? Richtig, genau darum geht es, weil am Ende immer die reicheren Nationen für Risken und Schulden haften müssen. Damit stellt sich die Frage, ob wir in Griechenland nicht gerade den Testlauf für eine Fiskalunion erleben....

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Meine Stimme aus Wien: Das EZB-Manöver beim Schuldenschnitt hat die Griechen-Krise verschärft

Es ist eine der absurdesten Entscheidungen in fünf Jahren Griechenland-Krise. Als im Frühjahr 2012 der Schuldenschnitt ansteht, setzt der damalige EZB-Chef, Jean-Claude Trichet, durch, dass die Euronotenbanken sich daran nicht beteiligen müssen. Sie haben zu dem Zeitpunkt griechische Anleihen in einem Volumen von 56,5 Milliarden € in ihren Büchern. Das meiste davon kam aus dem Anleihekaufprogramm SMP, mit dem die Währungshüter versuchten, den Zinsanstieg bei Anleihen der Krisenstaaten zu stoppen. Die Ausnahme erfolgt gegen die Bedenken der Bundesbank. In Frankfurt-Bockenheim sind sie der Meinung, dass die Euronotenbanker mögliche Verluste mittragen müssten, wenn sie schon das Risiko eingegangen sind. Bereits damals diskutieren die deutschen Währungshüter die Möglichkeit, griechische Anleihen auf den Rettungsschirm der Euro-Staaten zu übertragen. Diese Idee bietet mehrere Vorteile: Die Euro-Zentralbanken würden nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung verstoßen, wenn auch bei den Griechen-Anleihen – bislang auf den Notenbankbüchern – ein Schuldenschnitt erfolgt. Zudem ließen sich die Rückzahlungsfristen, auf die Jahre...

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Meine Stimme aus Wien: Wie eine Währungsunion an die Wand fährt

Viel lässt sich kritisieren am Stil und Geschick der Athener Regierung. Zu oft fühlten sich die Gläubiger Griechenlands zuletzt vor den Kopf gestoßen. Wie Freitagnacht, als Premier Alexis Tsipras ein Referendum über die Sparvorgaben ankündigte. Leicht wird dabei aber übersehen, wie einhellig und klar die Diagnose der meisten Ökonomen ausfällt: Die geforderten Kürzungen und Steuererhöhungen treiben Griechenland nur noch tiefer in die wirtschaftliche Katastrophe. Das gab es schon einmal, als sich die beiden deutschen Nachkriegsstaaten vor 25 Jahren zur D-Mark-Union zusammenschlossen. Laut waren die Warnrufe der Fachleute, Bundesbankchef Karl Otto Pöhl führte sie an. Doch wie 2015 in Deutschland, Spanien, im Baltikum oder in Slowenien zählten damals die Mahner mit ökonomischem Sachverstand nichts, wenn es um Wählerfang geht. So erinnert sich der letzte DDR-Ministerpräsident, Lothar de Maizière, noch bestens an all die Gutachten, die ihm bereits 1990 voraussagten, nur ein Drittel der Betriebe werde den politisch gewollten Wechselkurs überleben. Wer sich heute EU-Prognosen anschaut,...

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Meine Stimme aus Wien: Die ökonomische Zerstörung Griechenlands

Da soll noch jemand sagen, die Griechen seien ein reformfaules Volk. Vorige Woche hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dem Land bescheinigt, bei Strukturreform deutlich vorangekommen zu sein. Verbesserungen sieht das arbeitgebernahe IW bei der Flexibilisierung der Lohnverhandlungen, den Beschäftigungsschutzregeln, in der Produktmarktliberalisierung sowie bei administrativen Vorschriften für Unternehmensgründungen. Griechenland liegt anders als noch 2008 im OECD-Ranking zur Beschäftigungsregulierung bereits deutlich vor Deutschland und dem Durchschnitt des Euro-Raums. Made with Chartbuilder So erfreulich diese Ergebnisse auch sein mögen, ändern sie jedoch bislang wenig am Kern der griechischen Malaise. Seit dem Sommer 2009 geben die Unternehmen weniger für Investitionsgüter aus, als sie an abgenutztem Kapital abschreiben. Die negativen Neuinvestitionen lagen seit Anfang 2012 im Durchschnitt bei rund 40 Prozent der Nettowertschöpfung, in den zwölf Monaten bis September waren es immer noch 21 Prozent, wie Daten der OECD zeigen. An den Aufbau einen Kapitalstocks denkt in Griechenland derzeit einfach niemand. Und...

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Meine Stimme aus Wien: Ein erster Schritt zum Frieden

Aus finanzieller Sicht ist die Ukraine vorerst gerettet. Wie der Internationale Währungsfonds mitteilte, wollen die Geldgeber ihre Finanzhilfen in den nächsten vier Jahren auf 40 Milliarden US-$ aufstocken – acht Milliarden $ davon sind bereits ausgezahlt. Dies dürfte den Finanzbedarf des Landes für ein paar Jahre decken und helfen, Währungsverfall und Wirtschaftseinbruch aufzuhalten. Der Krieg in der Ostukraine wird nicht so einfach zu beenden sein. In Minsk gab es jetzt einen ersten, ermutigenden Schritt dorthin: Die Konfliktparteien haben sich erneut auf einen Waffenstillstand und den Rückzug schwerer Waffen geeinigt. Die schwierige Aufgabe einer politischen Lösung des Konflikts steht allerdings noch bevor. „Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem nächtlichen Gipfel von Minsk. Was Hoffnung gibt, ist der konkrete Fahrplan zur politischen Lösung, bei dem sich offensichtlich vor allem die russische Seite durchgesetzt hat. Er wurde jedoch von...

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Meine Stimme aus Wien: Nächste Stufe im Ukraine-Krieg

Der Krieg in der Ostukraine eskaliert wieder. Der Russlandbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Gernot Erler, beklagt, dass die Falken, die den Konflikt militärisch lösen wollen, die Oberhand gewinnen. Alles, was in politischen Gesprächen zuletzt erreicht wurde, werde nicht umgesetzt. Der Grund: Russland sieht sich weiterhin nicht in der Verantwortung. Deshalb scheitern derzeit alle Versuche einer diplomatischen Lösung zur Beendigung des Krieges, sagt Erler. Moskau versucht weiterhin, die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk als vollwertige Partner bei den internationalen Verhandlungen aufzuwerten. Kiew hat die von Russland unterstützen Separatisten aber nie anerkannt, auch nicht, bevor die Militäraktion – Antiterroristische Operation genannt – im April 2014 begonnen hatte. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Für Russland geht es aber darum, dass es nur eine föderative Ukraine geben darf, in der die Russen ihren Einfluss behalten. Das ist die alte Roadmap aus Moskau vom März vergangenen Jahres. Wie es aussieht, versuchen die Rebellen derzeit...

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Meine Stimme aus Wien: Unruhige Monate stehen uns bevor

Mein Leitartikel aus dem Wirtschaftsblatt vom 7. August 2014. „Geopolitische Risiken belasten nicht allein die Konjunktur im Euroland“ Für Geschäftsleute in Österreich bringt der Sommer keine Besserung der Aussichten. Fast überall bricht derzeit die Konjunktur weg. In Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner, sanken die Neubestellungen der Industrie zuletzt kräftig. Italien rutschte im Frühjahr wieder in die Rezession. Sicherlich dürfte der Konflikt zwischen der EU und Russland einige Exporteure verunsichert haben. Wirtschaftsverbände und Unternehmen berichten, Investitionsprojekte würden zurückgestellt oder ganz abgeblasen. Dennoch können geopolitische Risiken als einziger Grund für die Wirtschaftsschwäche in Deutschland und anderen großen Euroländern nicht wirklich überzeugen. Hatte sich doch der Rubel im Frühjahr gefangen, auch die russische Wirtschaft erholte sich vom Einbruch zu Beginn des Jahres. Der Export aus Österreich und Deutschland stabilisierte sich auch zwischenzeitlich, nachdem Rubelabwertung und schwaches Wachstum bereits 2013 die Nachfrage der Russen gedrückt hatten. Auffällig ist, dass die deutsche Industrie bei Investitionsgüterbestellungen aus dem Euroland den...

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