Meine Stimme aus Wien: Ein erster Schritt zum Frieden
Aus finanzieller Sicht ist die Ukraine vorerst gerettet. Wie der Internationale Währungsfonds mitteilte, wollen die Geldgeber ihre Finanzhilfen in den nächsten vier Jahren auf 40 Milliarden US-$ aufstocken – acht Milliarden $ davon sind bereits ausgezahlt. Dies dürfte den Finanzbedarf des Landes für ein paar Jahre decken und helfen, Währungsverfall und Wirtschaftseinbruch aufzuhalten.
Der Krieg in der Ostukraine wird nicht so einfach zu beenden sein. In Minsk gab es jetzt einen ersten, ermutigenden Schritt dorthin: Die Konfliktparteien haben sich erneut auf einen Waffenstillstand und den Rückzug schwerer Waffen geeinigt. Die schwierige Aufgabe einer politischen Lösung des Konflikts steht allerdings noch bevor. „Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem nächtlichen Gipfel von Minsk.
Was Hoffnung gibt, ist der konkrete Fahrplan zur politischen Lösung, bei dem sich offensichtlich vor allem die russische Seite durchgesetzt hat. Er wurde jedoch von Vertretern der Ukraine, Russlands, der OSZE und der selbst ernannten Volksrepubliken unterschrieben. Für Kiew wird wichtig sein, dass im Konfliktgebiet Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht stattfinden. Kernstück aus Moskauer Sicht ist, dass bis Ende des Jahres eine neue Verfassung in der Ukraine in Kraft tritt. Erst nach den Wahlen und mit neuer Verfassung soll die vollständige Kontrolle der Grenze des Konfliktgebietes zu Russland an die ukrainischen Kräfte übergehen, so haben es alle Seiten vereinbart.
Auch die Präsidenten Russlands und der Ukraine erklärten, sie unterstützten das „angenommene und unterzeichnete Maßnahmenpaket“. Ob der Ukrainer Petro Poroschenko damit weit kommt bei seinen Koalitionskollegen in Kiew, bleibt aber mehr als fraglich. Denn Moskau hat eigene Vorstellungen, wie es über eine Dezentralisierung des Landes seinen Einfluss in der Ukraine erhalten oder wiedererlangen will.
Mit dem Ziel einer politischen Lösung wächst die vage Hoffnung, dass der Waffenstillstand länger hält als bisher und sich das Land wirtschaftlich stabilisiert. Sollte Russland nicht zufrieden sein mit den Ergebnissen der Verfassungsreform oder sollten den ukrainischen Kämpfern mögliche Kompromisse zu weit gehen, kann die fragile Waffenruhe schnell wieder in Krieg umschlagen.
Mein Leitartikel aus dem WirtschaftsBlatt vom 13. Februar 2015.
Foto: Flickr / zobaken / (CC BY 2.0)