Author: André Kühnlenz

Kreditklemme in Italien und Spanien: Warten auf Draghis nächsten Knall

Ein eigenartiges Rätsel hat Mario Draghi den Journalisten am Donnerstag mit auf den Weg gegeben. So richtig wollte er es auf der Pressekonferenz nicht zugeben: Die klassische EZB-Geldpolitik versagt in Italien und Spanien völlig, die dortigen Banken geben die Minileitzinsen nicht an die Firmen weiter. Im Gegenteil, die Kreditzinsen entfernen sich immer stärker von denen in Frankreich oder Deutschland, als hätte es nie eine Gemeinschaftswährung gegeben. Industrieverband und Notenbank in Italien warnen eindringlich vor Kreditklemme und Kreditnotstand. Doch noch schlimmer als in Italien (-3,2%) sieht die Jahresrate in Spanien (-11,4%) aus  - hier die aktuellsten Kreditflussdaten für die Unternehmen. Aber woran liegt es, dass die Kreditkosten im Euroland so stark auseinander driften, die „dispersion of lending rates“ also zunimmt. Liegt es an den Banken oder der zu harschen Austerität in vielen Ländern? Man hätte gerne mehr dazu von Draghi erfahren. Wahrscheinlich hat sich beides mittlerweile gefährlich aufgeschaukelt. Immerhin war die Zinsdrift...

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Vorfreude auf den Geldflut-Brennpunkt der ARD zum DAX-Rekord

Bald ist es wieder soweit. Der deutsche Leitaktienindex DAX steht kurz davor, seinen alten Rekord bei 8151,57 zu überwinden. Die 8000er-Schwelle hat er bereits kurzeitig überschritten (dazu mehr bei meinen früheren Kollegen, die jetzt Feingold Research betreiben). Vielleicht wird dann der eine oder andere am Abend des Tages X, womöglich schon nächste Woche, die ARD-Börsensendung kurz vor der Tagesschau einschalten. Also die Sendung, wo die Kollegen immer wieder aufs Neue versuchen, Wirtschaft und Börse so weit herunter zu brechen, damit auch jeder TV-Zuschauer es verstehen möge. Höchstwahrscheinlich wird der DAX-Rekord dann sogar mit einem Brennpunkt garniert. Und ganz sicher werden uns die ARD-Kollegen dann Experten präsentieren wie Robert Halver, der dann so Sachen in die Kamera sagen darf, wie: "[O]ffenbar wird keine Krise so groß, dass sie nicht durch billiges und viel Geld geheilt werden kann." Nun wissen wir nicht so genau, was Halver genau damit meint. Noch viel weniger wissen...

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Die Alarmglocken schrillen laut im Euro-Tower – hoffentlich!

Stellen wir uns am besten auf eine Überraschung am Donnerstag ein. Nach allem, was wir vergangenes Jahr von der EZB gehört und gelesen haben, müssen sich die Währungshüter spätestens seit heute Morgen eingestehen, dass die Ankündigung des OMT-Programms nicht gereicht hat. Die Aussicht auf unbegrenzte EZB-Anleihekäufe in den Krisenländern hat zwar bis vor kurzem noch die Renditen der Staatsanleihen gedrückt. Sie hat aber nicht geholfen, die Kreditzinsen in Spanien und Italien ausreichend zu senken. Die zu hohen Zinsen sind der wichtigste Grund dafür, weshalb zum Beispiel in Italiens Wirtschaft das "Vertrauen" nicht ein µ gewachsen ist - trotz Montis Reformen. Die ohnehin fragwürdigen Hoffnungen in Berlin und Brüssel sind wie Seifenblasen zerplatzt. Auch Italiens Lieblingspolitiker im Norden Eurolands hat den dramatischen Wirtschaftseinbruch nicht aufgehalten, weswegen er abgewählt wurde. Wegen der hohen Zinsen ist vor allem die Kreditvergabe an die Firmen eingebrochen - obwohl die Nachfrage offensichtlich vorhanden war, wie die Anleiheemissionen...

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Clowns und Populisten entdecken das Krisenmonster

Auf den ersten Blick wirkt es noch niedlich, wie deutsche Kommentatoren Europa zur politischen Krise erklären. Denn die Italiener haben Leute gewählt, die einigen in Brüssel, Berlin oder Frankfurt oder eben auch München so gar nicht richtig passen. Über Italiens Wähler schreibt Stefan Kornelius in der Süddeutschen Zeitung, sie würden die "Medizin, die gegen die Probleme verschrieben wurde, ablehnen", deswegen drohe jetzt wieder Unheil für das Euroland, das "Monster" der Krise stehe wieder einmal vor der Tür. Wir sollten aber eher solche Kommentare fürchten und die Einstellung, die dahinter steht. Demnach wäre die Krisenlösung eigentlich so einfach, sie liegt förmlich auf der Hand: "Die Italiener mögen den Euro behalten wollen. Aber sie werden nicht akzeptieren, dass dazu auch die Produktivität im Land steigen muss und nicht nur die Lohnkosten, die Preise und die Schulden", schreibt der SZ-Mann. Aber zugleich müsse die Politik büßen, weil diese Krise eben doch so "unglaublich komplex"...

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Der letzte Tango in Paris

Es ist schon bemerkenswert. Fast ganz Europa fährt seine Importe aus Deutschland zurück – wegen Rezession und mangelnder Darlehen aus dem Ausland. Doch es gibt noch ein Ort im Euroland, wo die Konsumenten und Firmen nichts von Krise wissen wollen: Frankreich. Unsere resistenten Nachbarn kaufen weiter deutsche Autos und Maschinen auf Pump als hätte es nie eine Krise im Euroland gegeben. Noch tragen die Franzosen damit zum deutschen Miniwachstum bei. Doch wie lange bleibt dies so? In den vergangenen Tagen wurden gerade aus Deutschland Stimmen lauter und lauter, die Paris ermahnen, die Budgetziele für dieses Jahr einzuhalten. Vordergründig geht es darum, die Glaubwürdigkeit der verschärften Fiskalregeln im Wachstums- und Stabilitätspakt zu stärken. Doch steckt dahinter nicht womöglich eine andere Strategie? Schauen wir uns die Außenbilanzen Deutschlands mit dem Rest des Eurolands an, könnte man meinen, dass die Leistungsbilanzungleichgewichte am besten komplett verschwinden sollten. Wenn schon der Markt keine Ersparnisse mehr aus den...

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Schäubles Kehrwoche

Anfang des Jahres ist diese peinliche Diskussion über Schwaben in Berlin wieder aufgekocht. Dabei ging es darum, warum in den schwarz-grünen Biedermeiervierteln Prenzlauer Bergs die Schrippen jetzt Wecken heißen und Pflaumenkuchen jetzt Pflaumendatschi genannt werden. Und die Schwaben doch endlich begreifen sollten, dass sie jetzt in Berlin seien und nicht mehr in ihrer Kleinstadt mit Kehrwoche. Kennen wir alles. Interessiert aber keinen Berliner, es wohnt ja kaum noch einer da in diesen Vierteln. Gestern musste ich aber wieder daran denken, als ich den Film von Harald Schumann "Staatsgeheimnis Bankenrettung" sah. Besonders als Wolfgang Schäuble ganz unwirsch auf den Hinweis des Autors reagierte, dass auch deutsche Banken die Kreditvergabe und den Immobilienboom in Ländern wie Spanien oder Irland angeheizt hätten. Schäuble fiel dazu nur ein Goethe-Zitat ein: "Ein jeder kehre vor seiner Tür, und rein ist jedes Stadtquartier." Schäuble ist kein Schwabe, sondern Badener. Aber Gründlichkeit mag er offenbar auch. Gründlich sieht es...

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Crashkurs im Blindflug oder Wie Sparweltmeister Griechenland sogar die Schuldenbremse einhält und niemand weiß, seit wann

Langsam wird klar, warum die Deutschen ihre Schuldenbremse so schnell einhalten wollten. Aus Brüssel meldet die Kommission, die öffentlichen Haushalte haben die Vorgaben sogar krass übererfüllt: Der laut Schuldenbremse relevante Überschuss lag 2012 nach neuester EU-Schätzung bei 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dabei ist eigentlich noch ein kleiner Defizitpuffer von 0,5 Prozent erlaubt (0,35 Prozent für den Bund ab 2016 und für den Gesamtstaat ab 2020). Wäre schon sehr peinlich geworden, wenn ausgerechnet die Griechen oder andere Krisenländer noch vor den Deutschen die Schuldenbremse eingehalten hätten. Ein Scherz? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht! Darüber, warum Deutschland, das als halbwegs gesunde Wirtschaftsmacht der Währungsunion gilt und dessen Regierung immer noch Minizinsen zahlen muss, mitten in der Krise seine Sparvorgaben übererfüllt, wollen wir hier erst gar nicht anfangen zu reden. Ändern wird sich an dem Irrsinn so schnell sowieso nur wenig. Vielmehr geht es hier um eine Lehrstunde, wie die Griechen allen Europäern...

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Auf zur nächsten Krisenklippe – das 7500 Mrd. Dollar-Problem der Weltwirtschaft

Die Anzeichen der kommenden Krise sind für einige Fachleute nicht mehr zu übersehen: Immobilienblasen in Kanada und Skandinavien; Brasilien erlebt einen Konsumboom auf Pump. Seit 2007 hat der Schweizer Franken rund 30 Prozent und der japanische Yen knapp 50 Prozent an Wert gewonnen. Getreidepreise schwanken an den Terminbörsen wie wild hin und her. Die Aktienindizes in Deutschland und den USA fiebern längst wieder den Höchstständen aus den Tagen vor der Finanzkrise entgegen. Wer regelmäßig auf die Entwicklung an den globalen Finanzmärkten schaut, dem kann schon sehr mulmig werden. Manch einer blickt sich verwundert um, wo nur die Konjunkturüberhitzung bleibt, die man in früheren Zeiten mit nahenden Übertreibungen an den Märkten verbinden konnte. Ein oft gehörtes und sehr beliebtes Märchen, das diese unguten Gefühle erklären soll, geht so: Die Notenbanken in den USA, Euroland, Großbritannien und Japan lassen sich vor den Karren der Regierungen spannen und überschwemmen die Märkte mit billigem Geld. Weil...

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Deutschlands wundersame Hardcore-Sixpack-Diät

Es ist amtlich: Deutschland hat 2012 eine Schwelle überschritten, die im EU-Scoreboard „zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte“ (Sixpack) als Grenzwert vorgesehen ist. Die Bundesbank hat am Dienstag die Leistungsbilanzdaten für Dezember veröffentlicht. Demnach lag der Überschuss vergangenes Jahr bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erlaubt sind aber nur 6 Prozent. Muss Deutschland nun Sanktionen fürchten, wenn es drei Jahre diese Schwelle überschreitet? Natürlich nicht, denn der Überschuss mit dem Euroland schrumpfte in den zwölf Monaten bis einschließlich des dritten Quartals 2012 bereits auf weniger als 2 Prozent. Durchaus verkraftbar, könnte man meinen - Hauptsache man kann das Sixpack erkennen: „Das Überschreiten eines oder mehrerer Schwellenwerte führt nicht zwangsläufig zu weiteren Verfahrensschritten.“ Das vermeintliche Diät-Hardcore-Camp entpuppte sich für Deutschland dabei als bequeme Wohlfühl-Luxusloge: Weil überall in Euroland gespart wird, Unternehmen und Verbraucher ihre Verschuldung abbauen, fällt die Nachfrage überall um Deutschland herum. Das hat zur Folge, dass dort die Importe und...

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Oh my God! They killed China! oder Hurra, wir haben wieder Leistungsbilanzüberschuss mit der Volksrepublik

Die erste Runde im laufenden Währungskrieg geht schon einmal ganz klar an Deutschland. Eine besonders eigenartige Kuriosität: Seit Frühjahr 2012 weist dieses Land wieder einen Überschuss in der Leistungsbilanz mit China aus - erstmals seit 1989. Auch der Überschuss mit den südasiatischen Schwellenländern springt derzeit von Rekord zu Rekord, der Exportüberhang erreicht Höhen, wie sie zuletzt kurz vor der Asienkrise 1997/1998 gesehen wurden. Überschüsse ausgerechnet im Hinterhof der globalen Industrie, der die Welt seit Jahren mit billigen Waren überschwemmt! Das hat Folgen: Deutschland ist deswegen auf die Absatzgebiete in seinen Nachbarländern immer weniger angewiesen und kann deswegen den Euro-Ländern überharsche Austeritäts- und Reformprogramme aufdrängen. Bereits seit vergangenem Sommer liegen die Überschüsse mit Amerika und Asien erstmals seit 2003 wieder über denen mit Europa (Euroland ist schon seit Anfang 2012 abgehängt). So wie die Deutschen vor der Finanzkrise mit ihren Überschüssen (also der Ersparnis einiger Weniger) die Kreditexzesse in der Euro-Peripherie angeheizt haben,...

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