Konsequent ist anders, Herr Dijsselbloem: 40 Prozent Eigenkapital für Zyperns Banken!
Es gibt gerade viel Bohei um die Aussagen von Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem, um seine Blaupause für die künftige „Rettung“ von Banken im Euroland. Wenn die Troika aber Zypern schon als Experimentierfeld für eine mehr oder weniger ungeordnete Bankenabwicklung missbraucht und für einen forcierten Euroaustritt auserkoren hat, dann sollte sie wenigstens auch konsequent vorgehen. Vielleicht hätten wir dann alle mehr Grund zum Jubeln und zusammen mit Herrn Dijsselbloem ein ruhigeres Osterfest.
Spinnen wir ein bisschen rum: Konsequent wäre zum Beispiel, wenn in Zypern durchweg alle Einlagen mit Beträgen von mehr als 100000 € festgesetzt werden und nicht nur ein Teil davon. Konsequent wäre, wenn mit diesen Geldern das Eigenkapital etwa der übrig gebliebenen Bank of Cyprus nicht auf 9 sondern auf 30, 40 oder sogar 50 Prozent der Bilanzsumme hochgeschraubt würde – auch wenn die Einlagen dann mit einem Schlag erst einmal komplett flöten gehen. (Gewisse Freibeträge für zyprische Firmen sollten natürlich berücksichtigt werden.)
Mit einem Schlag hätten wir wahrscheinlich die am besten kapitalisierteste Bank der Welt auf Zypern. Der Aktienkurs der Bank of Cyprus würde nach oben schießen, jeder Neubesitzer der Bank könnte sich nach einer Haltefrist von, sagen wir, sechs oder zwölf Monaten jederzeit wieder von seinen Aktien trennen, ohne dass er einen Verlust fürchten bräuchte. Mit einem Schlag wäre auch die Gefahr einer Kapitalflucht gebändigt, die die Insel geradewegs in die Katastrophe zu stürzen droht. Auch die deutschen Steuerzahler müssen sich nicht mehr sorgen, dass schon in einem Jahr das nächste Rettungspaket für Zypern notwendig wird. Weil schon jetzt absehbar ist, dass das kriselnde Finanzsystem der Insel die gesamte Wirtschaft in den Abgrund reißt.
Niemand wird dann noch den sichersten Bankenplatz der Welt verlassen wollen! Selbst über einen Austritt aus dem Euro-Raum bräuchten wir nicht mehr nachdenken. Im Prinzip wäre es eine schöne Weiterentwicklung des Buchheit/Gulati-Plans. Denn auch die Regierung Zyperns bräuchte nicht mehr zu fürchten, dass sie in naher Zukunft noch für die Risiken des aufgeblähten Bankensektors aufkommen müsste. Die staatlichen Schuldenmanager könnten sich sogar schon im nächsten Jahr wieder an den Kapitalmarkt wagen, um auslaufende Darlehen über die Ausgabe neuer Staatsanleihen zu erneuern.
Dafür brächte die Regierung in Nikosia keine 10 Mrd. Euro an Hilfsdarlehen von seinen Euro-Partnern und vom IWF, wie jetzt geplant. Sondern es würden höchstwahrscheinlich sogar schon 5 Mrd. Euro genügen. Diese Summe würde ausreichen, um alle in diesem Jahr auslaufenden Staatsanleihen zu tilgen. Und es würde auch noch ausreichen, ein Budgetdefizit von sagen wir 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu finanzieren. Dabei angenommen, dass die nominale Wirtschaftsleistung 2013 wegen der bisherigen Verwerfungen um 5 Prozent auf 17 Mrd. Euro schrumpfen könnte.
Soweit die Rumspinnerei. Werden wir etwas konkreter: Sagen wir, nicht nur die Bank of Cyprus würde auf diesem Weg erfolgreich rekapitalisiert, sondern dieses Modell würde für alle Banken in Zypern gelten. Wenn schon, denn schon: Alle werden gleich behandelt, denn wir wollen am Ende der Entstehung des sicherste Finanzstandorts der Welt beiwohnen.
Inklusive der Interbankenkredite haben Zyperns Banken rund 100 Mrd. Euro an Einlagen. Nach Medienberichten soll die Zentralbank davon ausgehen, dass 30 Mrd. Euro auf Konten mit weniger als 100000 Mrd. Euro liegen – die werden natürlich ausgenommen. Bleiben also 70 Mrd. Euro, die man in Eigenkapital umwandeln könnte, davon ziehen wir noch 10 Mrd. Euro ab, die der aktuellen Kapitallücke entsprechen – das wäre auch der eigentliche Betrag, den Anleger tatsächlich als Verlust abschreiben müssten.
Diese übrig geliebenen 60 Mrd. Euro ergeben bei einer Bilanzsumme des zyprischen Bankensystems von 126 Mrd. Euro eine Eigenkapitalquote von 47 Prozent. Geben wir den Haltern der großen Einlagen noch ein Freibetrag von 7 Prozent und fertig wäre das schönste Osterei für die Zyprer, das man sich vorstellen kann. 40 Prozent Eigenkapital der Banken und das sicherste Bankensystem der Welt, das noch auf Jahre Verluste verkraften kann und keinem Steuerzahler der Welt mehr auf die Nerven geht.
Natürlich würde am Ende die Hälfte des Eigenkapitals der zyprischen Banken bei den Russen und Ukrainer landen. Aber wäre das wirklich so schlimm? Es ist immerhin ihr heiß geliebter Finanzhub. Naiv ist wohl eher, dass sich eine Deutsche Bank oder eine Commerzbank und wie sie alle heißen, niemals vorstellen könnte, mit 40 Prozent Eigenkapital zu werkeln und den Lobbyisten-Proteststurm aus den Bankentürmen in Frankfurt und sonstwo her den kann man sich jetzt schon lebhaft vorstellen.
Das muss aber weder Frau Merkel noch Herrn Schäuble wirklich stören, die sollen ja nur unsere Steuergelder bewahren. Die Chance, das globale Finanzsystem sicherer zu gestalten, sie liegt förmlich vor unserer Haustür, auch wenn sie eigentlich ganz weit weg im östlichen Mittelmeer schlummert. Ach, was hätten wir doch ein schönes Osterfest.