Deutschlands Exportboom im Kriegsgebiet
Die halbe Welt redet mal wieder über Währungskrieg. Notenbanken stopfen ihre Banken mit sinnlosen Geldreserven voll, indem sie ihnen Anleihen abkaufen. Wenn sie Glück haben, drücken sie damit nicht nur die Zinsen sondern auch den Wert ihrer Währungen. Das ist allerdings gar nicht ausgemacht, und ob sich die Exporteure dieser Länder über frischen Wind im Geschäft freuen können, ist doch eher zweifelhaft. Wer sich aber so was von freut, das sind ausgerechnet die Ausfuhrfirmen aus Deutschland.
Ausgerechnet aus dem Land, wo die größten Inflationshysteriker in der Notenbank sitzen – und nicht nur da. Ausgerechnet aus dem Land, wo die Regierung stolz vor steigenden Steuereinnahmen berichtet und sich darauf vorbereitet, nie wieder neue Darlehen aufnehmen zu wollen. Ausgerechnet das Land, wo der Staat es sich leisten kann, seine Zukunftsinvestitionen um ein Zehntel zu streichen. Ausgerechnet dieses Land bekommt einen kräftigen Wachstumsschub via Geld(reserve)-Drucken der Währungshüter.
Um ganze 20 Prozent stiegen im ersten Dreivierteljahr 2012 die Ausfuhren in die USA, um 12 Prozent die nach Großbritannien und um 17 Prozent die nach Japan. Alles Länder wo die Notenbanken aktiv dabei sind mit Anleihekäufen. Weil die Deutschen aber weniger Güter dieser Länder kauften (oder ihre Käufe weniger stark stiegen als die Ausfuhren, wie im Fall der USA), stieg der deutsche Exportüberschuss in diese Ländergruppe um gewaltige 124 Prozent – 21,2 Mrd. Euro. Zusammen mit China gehörten diese Länder zu denen, wo das Pendel 2012 am stärksten zugunsten der Deutschen ausschlug.
Frankreich gehört zwar auch in die Top-5, die wollen wir aber lieber zur Euro-Zone zu zählen – sonst sieht’s da noch düsterer aus. Denn der Rest im Euroland streicht, was kaum verwundert, kräftig an Milliarden, die für deutscher Güter übrig sind. So zeigt sich, dass ohne die mehr als Verdopplung des Exportüberschusses – in die USA, nach Großbritannien, China und Japan – Deutschland schon längst in Stagnation und (inflationsbereinigt) vermutlich in eine Rezession gestürzt wäre. Denn der Überschuss machte von Januar bis September die Hälfte des deutschen Wachstums aus.
Nun können wir uns natürlich in Demut üben – nachdem wir noch schnell ein paar Sondereffekte wie den etwas schwächeren Euro im vergangenen Jahr oder den Investitionsschub wie nach Fukushima bis zum bitteren Ende analysieren. Wir müssen uns auch nicht gleich bedanken in Washington, London, Tokio oder in Peking.
Vielleicht könnten wir aber endlich über deutlich höhere Löhne und Gehälter in Deutschland nachdenken, oder ganz besonders über höhere Hartz-IV-Sätze oder über größere Ausgaben für öffentliche Investitionen. Steuererhöhungen verstehen sich eigentlich fast von selbst. Nicht nur unsere Nachbarn in Europa werden es danken (wegen des zu erwartenden Exportschubs nach Deutschland), nein auch die Währungshüter in Washington, London, Tokio oder Peking werden aufatmen, dass sie nicht mehr allein die katastrophalen Austeritätsexperimente Europas ausbaden mussten.
Im Zweifel sind es immer die gestiegenen Exportüberschüsse (in diesem Fall Deutschlands), die irgendwo auf der Welt (als Ersparnis verkleidet) nach lukrativer Finanzanlage suchen – sei es bei Lebensmitteln oder anderen Rohstoffe. Das hat vermutlich eher wenig mit den geparkten und gehorteten Reservemilliarden der Banken auf ihren verschiedenen Zwischenstationen zu tun – es sei denn, sie überfluten wie Europa als Fluchtgelder die deutschen Banken. Und wir wissen, am Ende geht das nie gut aus mit diesen Überschüssen – denn irgendwann ist das Ersparte aus Deutschland einfach weg. Hallo Berlin, hallo Frankfurt, bitte aufwachen!
genau so sehe ich das auch…..
Sehr guter Artikel. Hier sollte man regelmäßig vorbei schauen.