USA provozieren Einmarsch Russlands in der Ukraine – Merkel muss uns den Irak-Schröder geben! – 5. Update
Zunächst muss eins festgehalten werden: Die Besetzungen von Verwaltungsgebäuden und die prorussischen Demonstrationen in der Ostukraine haben erst begonnen, nachdem die US-Regierung (zuletzt vor zwei Wochen in Paris) und die illegitime Regierung in Kiew der Führung in Moskau signalisiert hatten, der russische Vorschlag einer Föderalisierung der Ukraine kommt für sie nicht in Frage. In Kiew ist der von Nato und US-Regierung finanzierte (Übergangs-)Ministerpräsident nicht einmal bereit, darüber zu reden.
Nun weiß natürlich auch Moskau, dass eine Verfassung von einem legitimen Parlament oder in einer Volksabstimmung verabschiedet werden muss. In diesem Sinne, kann der Vorschlag aus Moskau nicht als Einmischung in die inneren Angelegten der Ukraine gewertet werden. Sondern als Gesprächsgrundlage. Zumal es auch ukrainische Präsidentschaftskandidaten und Politiker im Osten und Südosten der Ukraine gibt, die den Vorschlag einer Föderalisierung der Ukraine unterstützen. Am Ende bleibt es immer die Entscheidung des ukrainischen Volkes, welche Verfassung es sich gibt.
Was treibt die CIA in Kiew?
Nun sollen am nächsten Donnerstag Verhandlungen in Genf stattfinden, wo Vertreter der Ukraine, Russlands, der EU und der USA über eine Deeskalation in der Krise reden wollten. Dabei war geplant, auch über eine Verfassungsreform zu reden sowie über die russische Forderung nach Neutralität der Ukraine – was von Deutschland und Österreich unterstützt wird.
Am Samstag sagte der russische Außenminister, dass die Gespräche in Genf platzen werden, wenn Kiew Gewalt gegen die prorussischen Demonstranten einsetzt, bei der staatlichen Agentur Ria Nowosti werden sie übrigens auch „Unterstützer der Föderalisierung“ genannt. Und heute meldet eine andere russische Nachrichtenagentur, Interfax (laut Wikipedia die erste nichtstaatliche Agentur Russlands), dass gestern CIA-Chef John Brennan nach Kiew gereist ist und dass die Militäraktion in Slawjansk auf seine Vorlage („принималось именно с его подачи, с его руки“) zurückgeht. Die Agentur beruft sich auf eine Quelle im Kiewer Parlament, sie konnte diese Information aber selber nicht verifizieren.
Die Wahrheit stirbt immer zuerst
Natürlich müssen wir vorsichtig sein, welchen Quellen wir jetzt noch vertrauen dürfen. Fakt ist aber, dass Kiew seit heute mit einer Militäraktion in der Ostukraine begonnen hat. Aktuell gibt es erste Tote auf beiden Seiten. Andererseits ist auch klar, dass Russland sich seit zwei Wochen einen strategischen Vorteil für mögliche Verhandlungen schaffen will. Aber wie bereits erwähnt, fingen die Russen erst damit an, nachdem Washington und Kiew sich geweigert hatten, über eine Föderalisierung der Ukraine zu reden.
Wer darauf aber mit staatlicher Gewalt reagiert, wer damit die Genfer Gespräche platzen lässt, wer prorussische Demonstranten tötet – liefert nur den Vorwand für einen Einmarsch Russlands. Falls die Truppen nächste Wochen einmarschieren sollten, es wäre wohl wieder einmal ein Einmarsch mit Ansage. Denn Putin kann gar nicht anders. Er hat seiner Öffentlichkeit versprochen, dass er zum Schutz der russischen Bevölkerung militärisch eingreifen wird. Bei der aufgeheizten patriotischen Stimmung in Russland derzeit kommt er da so einfach nicht mehr raus.
Jeder deutsche Spitzenpolitiker muss sich dessen klar sein, was gerade in der Ukraine passiert. Steinermeier muss noch heute mit klaren Worten die Aktionen der ukrainischen Führung verurteilen. Er darf nicht nur Russland kritisieren. Die EU und besonders Deutschland dürfen sich nicht zum „nützlichen Idioten“ zweifelhafter Gestalten in Kiew (und Washington) machen lassen. Wir brauchen eine sofortige Waffenruhe, um die Genfer Gespräche nicht zu gefährden. Nur so kann wohl ein Einmarsch Russland noch verhindert werden.
Naiv, ein transatlantischer Dummkopf oder beides
Und falls der Einmarsch nicht mehr verhindert werden kann: Das alte Europa sollte sich spätestens dann ein Vorbild an Gerhard Schröder im Irak-Krieg nehmen. Was wir in der Ukraine sehen, sieht nach bewusster kriegerischer Eskalation durch die Amerikaner aus – zumindest erleben wir keine Schritte zur Deeskalation durch die USA. Dabei dürfen Deutschland und die EU nicht mitmachen. Diese Kriegsspirale muss sofort durchbrochen werden. Wer jetzt noch Sanktionen gegen Russland fordert, der ist entweder naiv, ein transatlantischer Dummkopf oder beides.
Seit an Seit mit Amerika gegen Russland, das will die deutsche Bevölkerung nicht, das will die deutsche Wirtschaft nicht. Das wollen wohl nur durchgeknallte Vertreter der Grünen.
Für ein friedliches Europa!
Update #1 (13.04. 16:35)
Jetzt ist auch der sehr lesenswerte Artikel aus der FAS online: „Das sowjetische Erbe lockt„. Er macht deutlich, welches strategische Interesse Russland auch am Osten der Ukraine hat. Denn hier geht es um einen wichtigen Standort für Rüstungslieferungen nach Russland. Zitat:
Ende März hat die Übergangsregierung in Kiew entschieden, die militärische Zusammenarbeit mit Russland zu beenden. „Ja, wir werden ökonomische Verluste erleiden“, schrieb der neu eingesetzte Chef der Rüstungsholding Ukroboronprom in einem Zeitungsbeitrag, „aber wenigstens werden wir nicht mehr den Feind aufrüsten.“
Noch einmal: In Kiew sitzen ein nicht-legitimes Parlament sowie Regierung, die diese Entscheidungen getroffen hat – mit Rückendeckung aus Washington, dessen Botschafter regelmäßig an Regierungssitzungen in Kiew teilnehmen soll. Und auch die EU lässt es ebenfalls geschehen. Eine friedliche Lösung sieht anders aus – sie müsste die östlichen Regionen mit einbinden und ja, auch Russland.
Update #2 (14.04. 00:00):
Natürlich sieht es in den Augen der Weltöffentlichkeit so aus, als wäre Russland hier der einzige Kriegstreiber. Aber so ist es nun einmal im Krieg, der schon längst begonnen hat. Jeder schiebt die alleinige Schuld auf den anderen. Deswegen sollten wir uns über den Ablauf der Ereignisse im Klaren sein.
Erinnern wir uns:
- Mit der Angliederung der Krim hat Russlands Führung zunächst auf diplomatische Verhandlungen gesetzt, wobei zugleich die Truppen an der Grenze zur Ukraine nach Meldungen der Nato verstärkt wurden. Moskau brachte dabei zwei Hauptforderungen vor, über die man wenigstens hätte reden können: Neutralität und Förderalisierung der Ukraine.
- Nach dem letzten Treffen von Kerry und Lawrow in Paris hat Moskau eine Woche abgewartet, welche Signale aus Kiew kommen. Doch die Verfassungsvorschläge aus Moskau, die auch von einigen Politikern vor allem in der Ostukraine geteilt werden, fanden bei der illegitimen Regierung in Kiew kein Gehör.
- Erst als Russland angefangen hatte, im Osten der Ukraine wieder eine Drohkulisse aufzubauen, schlug Kerry auf einmal das Vierer-Treffen vor – am Montag vergangener Woche bei einem Telefonat mit Lawrow.
- Am Freitag kam dann wiederum Ministerpräsident Jazenjuk ins Spiel, der in den Osten gereist war. Aus der Reuters-Meldung: „Der Entwurf einer neuen Verfassung sehe vor, dass die Regierung in Kiew eine ganze Reihe von Zuständigkeiten an die Regionen abtrete, sagte Jazenjuk während einer Reise in die ostukrainischen Städte Donezk und Dnipropetrowsk am Freitag. Dadurch könnten die Regionalregierungen einen großen Teil der Steuereinnahmen in die örtliche Wirtschaft und den Ausbau der Infrastruktur stecken. Die Vorschläge gelten als Versuch, die Forderungen prorussischer Separatisten zumindest teilweise zu erfüllen.“
Das ist aber nicht das, worüber Russland und seine Verbündeten im Osten der Ukriane gerne reden wollten. Und es ist damit ein deutliches Signal: Eigentlich wollen wir auch gar nicht mir Euch darüber reden. Wir bestimmen hier die Verfassung. Ihr Russen und Eure Verbündeten im Osten der Ukraine haben hier gar nichts zu melden.
Das sind allerdings auch Aussagen, die klar gegen das Abkommen verstoßen, das Steinmeier sowie sein polnischer und sein französischer Kollege Ende Februar kurz vor dem Sturz des alten Präsidenten Janukowitsch in Kiew ausgehandelt hatten. Es sieht nämlich vor, dass alle Regionen eingebunden werden sollen.
- Am Samstag haben dann prorussiche Paramilitärs weitere Besetzungen durchgeführt. Wenn es nach den ersten Toten vom Sonntag tatsächlich zu dem befürchteten „Anti-Terror-Einsatz“ am Montagmorgen kommt, dann zeigt das nur eins: Hier hat jemand in Kiew (und in Washington) überhaupt kein Interesse an den Genfer Gesprächen. Hier wird nur ein Einmarsch provoziert.
Das Traurige daran: Es zeigt, wie machtlos die EU mittlerweile dasteht. Steinmeier und Merkel sind so was von raus aus diesem „Spiel“. Hier geht es nur noch um Amerika gegen Russland.
Update #3 (14.04. 11:45):
Erstmals bewegt man sich Kiew – nach zwei Wochen der Eskalation. Übergangspräsident Alexander Turtschinow hält ein Referendum über die Verfassung am 25. Mai für möglich, falls das Parlament in Kiew noch zustimme. „Wir haben nichts gegen ein Referendum. Mehr noch: Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Ukrainer sich für eine unteilbare, unabhängige, demokratische und unitäre Ukraine aussprechen wird“, sagte er.
Abwarten, was jetzt passiert. Schwer vorstellbar, dass die prorussischen Paramilitärs in der Ostukraine freiwillig abziehen werden. Derweil dementiert die CIA nicht, dass sich John Brennan vergangenes Wochenende in Kiew aufgehalten hat. Der Präsidentschaftskandidat Oleg Zarjow behauptet laut Ria Nowosti sogar, dass US-Geheimdienste mittlerweile ein ganzes Stockwerk im Quartier des ukrainischen Gemheimdienstes SBU belegen.
Update #4 (14.04. 15:00):
Warum kommt die Führung im Kiew erst jetzt auf die Idee, ein Verfassungsreferendum abzuhalten, wenn sie sich so sicher ist, dass die Mehrheit für den Zentralstaat und gegen die Föderalisierung stimmen wird? Dann hätte man sich doch eventuell die Besetzungen durch russische Paramilitärs im Osten verkneifen können. Aber vermutlich wird es auch gar nicht zur Abstimmung kommen.
Folgende Meldung lief gerade über Reuters:
Die USA erwägen Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wir betrachten das als eine Option“, sagte der US-Diplomat und Berater von Außenminister John Kerry, Thomas Shannon, am Montag in Berlin. „Es ist aber noch nicht klar, ob wir es tun werden oder nicht.“ Die ukrainische Führung hat die USA nach Angaben aus US-Regierungskreisen bereits vor einiger Zeit um die Lieferung von Waffen gebeten. Dieser Bitte kam die Regierung in Washington zunächst jedoch nicht nach, sondern beschloss lediglich, die ukrainische Armee mit Lebensmitteln zu unterstützen.
Update #5 (14.04. 20:30)
Und wieder aus einer Reuters-Meldung (hier die englische): USA bestätigen Besuch des CIA-Chefs in Kiew
Die USA haben bestätigt, dass sich CIA-Chef John Brennan am vergangenen Wochenende in Kiew aufgehalten hat. „Normalerweise äußern wir uns nicht zu den Reisen des CIA-Direktors“, sagte ein Sprecher des US-Präsidialamtes am Montag in Washington. „Angesichts der besonderen Umstände in diesem Fall und wegen der von Russland vorgebrachten Unterstellungen hinsichtlich der CIA bestätigen wir, dass der Direktor als Teil seines Europabesuchs in Kiew war.“ Russland hatte Medienberichten zufolge die USA aufgefordert, sie sollten erklären, was Brennan in der Ukraine gemacht habe.