Russland greift die globale Herrschaft des Dollar an
Noch ist unklar, wie ernst es der russische Top-Banker Andrej Kostin meint. Wenn es Russland schaffen sollte, dass Importeure das russische Öl und Gas nicht mehr in Dollar sondern in Rubel abrechnen, würde der Dollar als Leitwährung geschwächt. Seine Dominanz im Öl-Handel erlaubt es den USA, sich im Ausland gewaltig zu verschulden, und der US-Notenbank so viel Geld zu drucken, wie sie möchte. Bisher braucht fast die ganze Welt noch US-Dollar für das Öl. Das könnte sich jetzt ändern.
Denn Russland überlegt, Öl, Gas und Rüstungsgüter künftig in Rubel zu verkaufen und nicht mehr in Dollar. Dies forderte Andrej Kostin, Chef der zweitgrößten Bank des Landes, der VTB, am Mittwoch auf dem Kongress des Bankverbandes, wie russische Medien berichten. „Der Übergang zur Rubel-Abrechnung sollte eine der Schlüsselaufgaben des Bankensystems, der russischen Zentralbank und der Regierung sein“, sagte er.
Noch ist aber unklar, wie realistisch diese Forderung überhaupt ist. Für Kostin steht außer Frage, dass die großen Exporteure mitziehen werden. „Ich habe mit den Leitungen dieser Unternehmen geredet, sie sind nicht dagegen, den Export in Rubel abzurechnen. Man muss ihnen nur einen entsprechenden Mechanismus geben“, zitiert die Agentur Interfax den VTB-Chef.
Noch keine Reservewährung
Sollte Russland den Schritt ernsthaft erwägen, könnte die Bedeutung des Rubels schlagartig wachsen. Volkswirtschaften, die auf Rohstoffimporte aus Russland angewiesen sind, müssten einen Teil ihrer Reserven in Rubel halten, was dessen Kursverfall aufhalten dürfte. Dafür müssten allerdings auch die Importabnehmer neue Verträge mit Russland abschließen.
Der prominente russische Banker hat vor allem die Exportmärkte in Westeuropa und China im Blick. Dies könne „unsere Abhängigkeit von den Launen der US- und EU-Behörden verringern“, die Russland mit Sanktionen drohen, sagte Kostin weiter.
Sanktionen der Amerikaner
Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die US-Bank JP Morgan eine Dollar-Überweisung der russischen Botschaft in der kasachischen Hauptstadt Astana an eine Versicherungsgesellschaft blockierte, die der Bank Rossija gehört. Washington hatte dem Institut den Zugang zum amerikanischen Finanzmarkt gesperrt. Vergangene Woche kündigte die Bank an, nur noch Geschäfte in Russlands Devise anzubieten.
Zur Rubel-Abrechnung sollten vor allem die großen Exporteure übergehen – die alle vom Staat kontrolliert werden –, wie Kostin ausführte: Das sind die Energiekonzerne Rosneft und Gazprom sowie der Rüstungsexporteur Rosoboronexport.
Diese drei Unternehmen würden pro Jahr eine Summe von 230 Mrd. Dollar im Export einnehmen, was 44 Prozent der Gesamtausfuhren Russlands entspricht. Kostin sagte, dass die Hälfte des Exports und weniger als die Hälfte des Imports auf den Euroraum entfallen. Die USA stünden dagegen nur für zwei Prozent des Imports und fünf Prozent des Exports.
Skepsis unter Analysten
Analysten reagierten zunächst skeptisch: „Für die Käufer der russischen Exportwaren wäre der Übergang zum Rubel sehr unbequem. Einige Deals könnten sogar daran scheitern, was die russischen Exporteure treffen würde“, zitiert die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ die Analystin Jana Trubnikwa vom Brokerhaus Lionstone Investment in London. „Man sollte begreifen, dass der Rubel keine internationale Währung und sehr volatil ist.“
Dies könnte sich jedoch schnell ändern, denn nichts ist leichter, als US-Dollar und Euro in Rubel zu tauschen. Da die Exporteure wie Gazprom und Rosneft dann aber weniger US-Devisen auf Konten in russischen Banken halten, wird die russische Zentralbank dabei eine wichtige Anlaufstelle werden. Russische Unternehmen wiederum müssten Rubel wieder in Dollar und Euro tauschen, wenn sie ihre Importe bezahlen müssen. Das dürfte so lange kein Problem sein, wie Russland noch einen Exportüberschuss ausweist.