Kein Ende in Sicht: Der brutale Abbau europäischer Ungleichgewichte
Vorige Woche waren wir noch etwas verwirrt wegen dieser fehlenden Fußnoten. Es ging um die vorläufigen Zahlen zum Warenhandel mit dem Euroland – und zwar die vom Mai. Am Freitag nun haben die Statistiker von Destatis die richtigen Werte aktualisiert – in ihrer Genesis-Datenbank. Und natürlich haben wir noch Überschuss mit den übrigen Euroländern. Wenngleich er auch deutlich gesunken ist.
Mit 2,7 Mrd. Euro hatte Deutschland im Mai so einen geringen monatlichen Überschuss wie seit Dezember 2000 nicht mehr. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres sank er um ein Fünftel von 32 Mrd. Euro auf 26 Mrd. Euro – im Vergleich zum Jahr 2012.
Stand Frankreich vor einem Jahr noch für gut die Hälfte des Überschusses, waren es in den drei Monaten bis Mai bereits 61 Prozent. (Nur falls sich noch jemand über die ständigen Attacken aus Berlin und Frankfurt in Richtung des Nachbarn wundert.)
Die aussagekräftigen Zwölfmonatssummen (die sind besser, weil es keine Saisonbereinigung gibt) zeigen klar, woher der Abbau der Ungleichgewichte im Währungsraum kommt: allein durch die verschwundene Nachfrage aus den Euroländern. Arbeitslose essen nun mal keine deutsche Autos oder Maschinen.
Natürlich könnten wir Deutschen vielleicht mehr aus unseren Nachbarländern kaufen, um so die Schmerzen unserer Krisenfreunde zu lindern. Doch noch immer interessiert das kaum jemanden in diesem Land. Wir geben keine Kredite mehr an die Euroländer und wir wollen auch nicht mehr, dass die noch unsere Waren kaufen (zumindest nicht mehr als sie uns verkaufen). Allein darum geht es.
Chinesen essen deutsche Autos – aber wie!
Dafür haben wir ja die Chinesen, die zum Ausgleich unsere Autos kaufen. Um 17 Prozent stiegen die Auslieferungen im ersten Halbjahr – trotz aller Anzeichen einer Konjunkturabkühlung. Wie schön, dass der teilverstaatlichte VW-Konzern wenigstens noch etwas an Dividenden in deutsche Staatskassen spült. (Tut er doch, oder?). Staatskapitalistische Verbrüderung galore.
Interessant ist, dass deutsche Autokonzerne (zusammen mit ihren dortigen Partnern) im ersten Halbjahr fast 90 Prozent aller in China aufgelieferten Fahrzeuge in der Volksrepublik produzieren ließen. Die Deutschen werden immer weniger vom Export abhängig – zumindest in Fernost. Und so kommt einmal die Zeit, wenn die chinesischen Autoabsätze in der Tagesschau wichtiger werden als die schnöden Außenhandelszahlen von Destatis.
Jede Wette, dass wir damit ganz gut leben können: Der Überschuss im Warenhandel mit dem Euroland dürfte wohl wieder auf gut ein Prozent des BIP zusammenschrumpfen. Das hatten wir schon einmal in den 90er Jahren. Doch bis es so weit ist, wird wohl noch etwas Zeit vergehen.
Wie lange das dauert – dürfte vor allem von den Franzosen abhängen. Die wehren sich noch verzweifelt dagegen, dass das alles so rabiat wie im Rest des Eurolands vorangehen soll – dieser Abbau der Ungleichgewichte – und zwar zu Recht!