Meine Stimme aus Zürich: Ein EU-Einkaufskartell für Gas muss her
Europa zahlt horrende Preise für Alternativen zum russischen Gas. Mit mehr Geschick in den Preisverhandlungen lässt sich das aber vermeiden.
Jetzt dürfte auch der Letzte es gemerkt haben: Der Kreml provoziert um jeden Preis eine Energiekrise in Europa. Ganz offen redet Russlands Präsidentensprecher Dmitri Peskow davon, dass die Ostseegasleitung Nord Stream 1 erst wieder mit der vollen Kapazität in den Betrieb geht, wenn die Sanktionen aufgehoben sind. Ob wenigstens die stark reduzierten Mengen von Ende August wieder strömen werden, ist derzeit noch komplett offen.
Teure Bezugsquellen
Den europäischen Ländern bleibt daher nur eins: Sie müssen andere, leider sehr teure Bezugsquellen finden und den Verbrauch senken. Letzterer ist in Deutschland in der Industrie bereits erheblich gefallen – hoffentlich nicht nur deswegen, weil Produktionsstätten stillstehen.
Andere Grossabnehmer wie Italien hinken aber noch deutlich hinterher. Bei den Privathaushalten versucht die Politik es oft nur mit Sparappellen. Andere, auch finanzielle Anreize werden schon gar nicht erst erwogen. Was vielleicht sogar recht klug sein mag.
Kritische Lage
So müssen die Europäer aber die horrenden Preise für alternative Gasquellen zahlen. In Deutschland ist norwegisches Gas zum Beispiel im Sommer fast dreimal so teuer wie russisches. Am Ende könnte daher ein zentrales Einkaufskartell aller EU-Staaten tatsächlich die beste Lösung sein. Gas- und Strompreise sollen schliesslich nicht Wirtschaft und Privathaushalte in die Knie zwingen. Das hat zwar wenig mit Marktwirtschaft zu tun, ihre Regeln werden aber ohnehin schon überall bis aufs Äusserste gedehnt. Dem sozialen Frieden zuliebe.
Dieser Kommentar erschien zuerst in der «Finanz und Wirtschaft»
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