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So beginnt nun einmal in der Regel eine Rezession

Für Leser des WirtschaftsBlatts kommt die Diskussion wenig überraschend. In meiner Kolumne (wie auch hier im Blog) warne ich ja schon länger vor der nahenden Rezession in Amerika und den Auswirkungen auf den fragilen Euroraum. Seit wenigen Tagen beherrscht nun das R-Wort auch die Debatte unter Bankökonomen und Investoren. Offen diskutieren sie, ob die Zinserhöhung der US-Notenbank im Dezember 2015 ein Fehler war.

Derzeit sind es aber vor allem die Volkswirte in der Finanzbranche, die eher Panik an den Börsen ausmachen, statt Indizien für einen Abwärtstrend in der US-Wirtschaft zu erkennen. Wenn, dann sind es die Schwellenländer, allen voran China, die den Konjunkturausblick trüben. Dabei ignorieren viele beharrlich, dass die chinesische Konjunktur zuletzt zwar schwach geblieben ist, sich in den vergangenen Monaten aber immerhin stabilisierte.

Zugleich heißt es dann gern: In Europa wird die Erholung schon noch langsam voranschreiten und der Arbeitsmarkt stützt weiterhin den Privatkonsum der Amerikaner. Dabei leugnet eigentlich niemand, dass die US-Industrie längst in die Rezession abgerutscht ist, die jüngsten Neubestellungen lassen da auf keine baldige Trendwende schließen. Was aber die Hoffnung der Ökonomen gegen den Marktpessimismus am Leben hält: Amerikas Industrie steht nur für rund ein Zehntel der US-Wirtschaftsleistung und die Dienstleister halten sich ja nach wie vor wacker.

Diese Hoffnung wird sich wie in so vielen kritischen Konjunkturphasen zuvor als trügerisch erweisen. Eine Rezession beginnt meist damit, dass Unternehmen (auch die Dienstleister) langsamer in den Aufbau neuen Kapitalstocks investieren. Deswegen spüren die Hersteller von Investitionsgütern, also die Industrie, es immer als Erste, wenn der Arbeitsmarkt bald kippen wird. Dem geht gewöhnlich ein Rückgang der Profitabilität der Kapitalanlagen voraus – genau wie 2006/07, als der heiß gelaufene US-Immobilienmarkt zusammenbrach.

Gewiss: Den genauen Zeitpunkt, wann der Arbeitsmarkt und die Gesamtwirtschaft schlussendlich kippen, den kann keiner genau vorhersagen. Und solange klammert sich noch jeder an jeden erdenklichen Strohhalm. Dass es vielleicht doch nur ein kleiner Dip wie 2012/13 werden möge, zum Beispiel. Doch vor drei, vier Jahren läutete die Investitionsschwäche noch nicht das Ende des Zyklus ein, auch weil die Gewinne erst Ende 2013 ihren exorbitanten Höhepunkt im Vergleich zur Lohnsumme erreichten (auch ein wesentlicher Grund, warum der jüngste Aufschwung so mau geblieben ist).

Der damalige Dip war zudem auch die Folge dessen, dass der Kapitalaufbau zu schnell in kürzester Zeit nach dem Lehman-Absturz wieder hochgefahren wurde. So konnten wir es in Amerika und Europa beobachten. Es war nur der historische Fehler der Europäer, dass sie genau in jenem Augenblick anfingen, rabiat ihre Staatsbudgets zusammenzustreichen, während die USA wohl auch von Hilfe ihrer Notenbank und ganz sicher den gesunkenen Ölpreisen daheim profitierten.

Ende 2015 sank die private Nettoinvestitionsquote in den USA nun schon das zweite Quartal in Folge. Die Profitabilität der Kapitalanlagen lässt ohnehin schon seit Anfang 2014 nach, zugleich steigen die Unternehmensschulden in den USA wieder. Es fällt derzeit nicht leicht, auf dem Arbeitsmarkt und dem Dienstleistungssektor der USA einen Hoffnungsschimmer für die Weltwirtschaft zu finden. Kritisch wird es jetzt für das auseinanderdriftende Europa, wenngleich hier die Krisensignale zuletzt zum Teil noch weniger stark ausgeprägt waren. Genau darauf sollten wir jetzt aber genauer achten.

Dieser Text ist eine erweiterte Version meiner Kolumne im WirtschaftsBlatt vom 2. Februar 2016.

Foto: Flickr/john mcsporran/(CC BY 2.0)
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