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Ein kleiner Tabubrecher

Staatsbankrott ist keine schöne Sache – wie Herr Martenstein am Sonntag sehr schön aufgeschrieben hat. Ein Lesetipp für all diejenigen, die Martin Blessing, den Chef der Commerzbank, vergangene Woche als den großen Tabubrecher feierten.

Endlich ein Banker, der ausspricht, was sowieso alle wüssten: Nur ein Schuldenschnitt und zwar so schnell wie möglich könne Griechenland und den Euro-Raum noch retten. Ein Blick auf die Stresstestergebnisse zeigt allerdings, was Blessing am meisten umtreibt.

Blessing schlug vor, allen Gläubigern Athens anzubieten, ihre Staatsanleihen mit einem 30-Prozent-Abschlag in 30 Jahre laufende Papiere mit einem Zinssatz von 3,5 Prozent zu tauschen. Die neuen Schuldverschreibungen sollten zudem von den Euro-Ländern garantiert werden.

Nicht alle feierten den Vorschlag. Die Zweifel an den Absichten Blessings sollten sich erhärten, wie die Stresstestergebnisse zeigen. Hier die Positionen der Deutschen Bank und Commerzbank gegenüber dem griechischen Staat in Mio. EUR, Ende 2010:

Deutsche Bank

Commerzbank

Bruttoposition

Nettoposition

Bruttoposition

Nettoposition

1

2

1

2

3M

305

304

0

0

1J.

214

203

1

0

2J.

482

443

38

31

3J.

257

222

7

0

5J.

163

109

100

94

10J.

84

65

21

21

15J.

270

164

2.898

2.898

1773

1510

3065

3043

(Buchwert inkl. Einzelwertberichtigungen)

(1) – (Cash-Short-Positionen)

(Buchwert inkl. Einzelwertberichtigungen)

(1) – (Cash-Short-Positionen)

Die Commerzbank hält vor allem griechische Staatsanleihen, die noch mindestens 15 Jahre laufen, also frühestens 2025 getilgt werden. Somit ist klar, dass die Commerzbank am wenigsten zu dem beigetragen hätte, was bis vor zwei Wochen als französisches Modell diskutiert wurde und von der Ratingagentur Standard&Poor’s nicht ganz unerwartet vom Tisch gefegt wurde.

Dagegen hätte nach dem Pariser Vorschlag, dem die deutsche Finanzwirtschaft eigentlich bereits zustimmt hatte, sich vor allem die Deutsche Bank beteiligt. Sie hätte wohl die Hälfte der versprochenen 2 Mrd. Euro Anleihen, die bis Mitte 2014 auslaufen, in neue Papiere getauscht. Danach hätte die Deutsche nur noch ein Drittel ihrer Bruttopositionen auf den Büchern gehalten, die sie noch Ende 2010 hatte. Die Commerzbank dagegen immer noch 98 Prozent.

Nun könnte man in Blessings Vorschlag einen Beitrag erkennen, die Schuldenlast Griechenlands deutlich zu senken. Klar, falls die Euro-Spitzen auf ihrem Gipfel am Donnerstag sich (hoffentlich) nicht auf eine Umschuldung einigen, ist die Gefahr eines späteren Schuldenschnitts nach wie vor hoch. Doch ein Blick auf die aktuellen Marktpreise verrät eigentlich schon sehr viel, was den Commerzbank-Chef wohl am ehesten umtreibt.

Nach Angaben von Bloomberg laufen ab 2025 genau noch vier Anleihen aus, in denen die Commerzbank investiert sein dürfte:

Anleihe

Preise vom 05.07.2011

Ausstehendes Volumen in Mio. €

GGB 2,9% 25.07.2025

45

7200

GGB 5,3% 20.03.2026

48

7000

GGB 2,3% 25.07.2030

41

7500

GGB 4,5% 20.09.2037

45

9000

GGB 4,6% 20.09.2040

46

7920

Durchschnittpreis

45,04

Durchschnittskupon

3,9

An der Börse Stuttgart notierten einige dieser Papiere vergangene Woche bereits bei deutlich weniger als 40 Prozent – ein Abschlag um 60 Prozent ist bei den Langläufern am Markt also bereits vorweggenommen. Da heißt: ein Schuldenschnitt, der die Schuldenquote Griechenlands auf ein Niveau von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts senken würde.

Und es ist klar: 30 Prozent Abschlag im Vergleich zu 60 Prozent wäre für die Commerzbank ein schönes blaue Auge. Zudem hätte die Commerzbank mit 3,5 Prozent eine nette Verzinsung der neuen Anleihen erreicht. Bei einem Schuldenschnitt zu aktuellen Marktpreisen würden sie dagegen mit zwei dicken fetten blauen Augen davon kommen, wobei sie im Gegensatz zur Deutschen Bank noch nicht einmal nennenswerte Wertberichtigungen auf die Papiere vorgenommen hat.

Auch wäre Blessings Rechnung wohl ohne die Deutsche Bank gemacht. Denn die Anleihen, die bis Mitte 2014 auslaufen, notierten Anfang Juli noch bei im Schnitt bei 77 Prozent. Für zwei Drittel ihrer Anleihen, hätte die Deutsche Bank keinen Anreiz, einen 30-Prozent-Abschlag hinzunehmen. Aber wir dürfen nicht vergessen, die Deutsche Bank hat bereits dem Pariser Modell zustimmt, ohne dass die Commerzbank sich dabei nennenswert beteiligen müsste.

Die Deutsche Bank würde doch ganz gut damit fahren, wenn es vorerst zu keiner Gläubigbeteiligung kommen würde und alle Anleihen bis Mitte 2014 einfach nur voll zurückgezahlt werden. Dazu müsste das zweite Rettungspaket allerdings eine Summe von 115 Mrd. Euro aufweisen.

Was hätte die Commerzbank davon? Herr Ackermann, alle anderen Gläubiger und die Bundesregierung sollten ganz einfach auf Herrn Trichet hören, der im heute im FTD-Interview sagt:

„Weltweit kann der private Sektor am besten in Form von ausländischen Direktinvestitionen, Privatisierung und durch die schnellstmögliche Rückkehr zur Finanzierung am Markt beteiligt werden.“

Genau das hier braucht ein Land, das seine Währung nicht abwerten kann, aber dringend müsste. Solange es keine Aufbauprogramm für Athen gibt, bringen Schuldenschnitte nur sehr wenig. Und die Deutsche Bank könnte am Ende noch dazu beitragen, dass die Anleihen der Commerzbank im Wert steigen.

http://wirtschaftswunder.ftd.de/2011/07/18/ein-kleiner-tabubrecher-oder-die-unterschiede-zwischen-deutscher-bank-und-commerzbank/

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