Was die Banken an der Griechenrettung verdienen?
Für alte Papiere, die heute bei 75% notieren, bekommen die Banken und Versicherungen nach dem franz. Vorschlag der Gläubigerbeteiligung neue Staatsanleihen Griechenlands. Nach dem geplanten Umtausch werden die alten Anleihen für die Investoren somit aber einen Gegenwartswert von gut 120 bis 150% haben. Ein feines Geschäft für die Geldhäuser. Selbst wenn wir einen Schuldenschnitt etwa im Jahr 2014 erwarten, kann die Finanzwirtschaft ihre möglichen Verluste reduzieren. (siehe auch: S&P zerpflückt Pariser Rettungsplan zu Recht und Ein Hoch auf Standard & Poor’s)
Die FAS hat einen schönen Artikel, der noch mal erklärt, wie die Banken um ihre Beteiligung am zweiten Rettungspaket für Griechenland davon kommen (h/t egghat). Darin zitiert die Autorin eine Studie der Deutschen Bank: „Würden die Banken sie (die bis 2014 auslaufenden Anleihen) jetzt verkaufen, würden sie nur etwa 74,7 Prozent des Ursprungswerts erhalten, rechnen die Analysten vor. Der Transfer des Geldes in das französische Modell macht das besser. Denn für die Investoren hat es einen Gegenwartswert von 74,6 bis 85 Prozent – je nachdem, wie gut sich die griechische Wirtschaft entwickelt und wie hoch die daran gekoppelten Zinsen sind.“
In Wirklichkeit ist jedoch noch alles viel schlimmer, die Gegenwartswerte sind deutlich höher: Die Barwertberechnungen der Deutschen Bank stammen noch vom Dienstag vergangener Woche vermutlich bevor der franz. Vorschlag im Internet kursierte. Denn die Analysten gehen noch davon aus, dass nur 50% der Rückflüsse in neue Anleihen fließt. Erst später wurde klar, dass es 70% sind.
Die Deutsche Bank-Analysten nahmen bei ihren eher konservativen Berechnungen an, dass 30% der Rückflüsse als Cash bei den Banken bleiben und 20% ebenfalls als Cash anzusehen ist, die in die „AAA“-Anleihen fließen. 50% gehen in neue griechische Anleihen, darauf gibt es im Jahr einen Kupon von 5,5%=2,75. Die Kuponzahlungen und der Nennwert werden bei der DB mit der aktuellen Marktrendite von 11,6% diskontiert.
Also: 50+(2,75/(1,116^1)+…+(2,75/(1,116^30)+(50/1,116^30)=74,68
Bei einem Kupon 8% ergibt sich ein Barwert laut Deutscher Bank von 85,0.
So weit die von der FAS zitierten Berechnung. Richtigerweise müsste man aber meiner Meinung nach mit 70% in neuen Anleihen und 30% Cash rechnen. Zudem müsste man zum Diskontieren die Rendite einer EFSF-Anleihe über 30 Jahre nehmen: 4% (=3,7% für 30j. Bundesanleihen plus 0,3 Prozentpunkte Aufschlag). Denn der Nennwert der neuen Griechenanleihen ist komplett durch das Zahlungsversprechen eines „AAA“-Emittenten (z.B. EFSF) besichert.
Angenommen 2014 gibt es einen Schuldenschnitt um 60%. Und angenommen, die Griechen zahlen ab 2015 den Kupon von 5,5% nur noch auf 28 (=40%*70), dann ergibt sich bis 2014 eine jährliche Kuponzahlung von 3,85 (=5,5%*70) und ab 2015 eine jährliche Kuponzahlung von 1,54 (=5,5%*28).
Also: 30+(3,85/1,04^1)+…+(1,54/1,04^30)+(70/1,04^30)= 84,62
Ohne Schuldenschnitt ergeben sich folgende Barwerte:
0 % Wachstum (5,5% Kupon): 118,6
2,5% Wachstum (8% Kupon): 148,4
Vorigen Dienstag notierten die auslaufenden Anleihen laut Deutsche Bank im Schnitt bei 74,7%.
Jede Wette, dass die bis 2014 auslaufenden Anleihen nach offizieller Verkündung der Beteiligung der Banken im Durchschnitt bei 85 Prozent notieren werden!
Welche Verluste muss Herr Ackermann wohl seinen Aktionären erklären?
Zugegeben: Wenn die Alternative keine Gläubigerbeteiligung wäre, würden die Banken wohl auch 100% der bis 2014 auslaufenden Anleihen zurückbekommen. Im Vergleich dazu sind neue Anleihen mit einem Gegenwartswert von 85% – im Fall eines Schuldenschnitts – tatsächlich eine Beteiligung der Banken. Dann würde Griechenland im Schnitt auch nur 3,5% Zinsen den Banken zahlen.
Kommt es jedoch nicht zum Schuldenschnitt, müssten die Griechen aber max. 10% ZInsen den Banken zahlen, da von 70% nur 49 Prozentpunkte tatsächlich in Athen ankommt. Das macht es den Griechen wiederum kein Deut leichter, die Schuldenlast zu reduzieren. Es würde eher für einen Schuldenschnitt sprechen.
Update: Nachdem S&P mitteilte, dass das franz. Modell wohl als teilweiser Zahlungsausfall gewertet werde, hier noch weiter unten eine Übersicht über Barwerte, Kuponzahlungen und die effektive Verzinsung in dem Modell… Ungeachtet von S&P könnte Fitch Griechenlands Staatsanleihen nach einem Rollover mit „CCC“ bewerten, während das Land bereits als zahlungsunfähig gilt. Dies wäre zumindest ein Ausweg für die EZB, die Papiere in ihren Refinanzierungsgeschäften zu akzeptieren, denn gewöhnlich reicht ihr, dass eine Ratingagentur noch ein akzeptables Rating für die Anleihen aufweist.
Update2: Die FT zitiert am 5.7.2011 einen „senior finance official“, der sagt die EZB würde automatisch griechische Anleihen akzeptieren, solange eine der vier Ratingagenturen (S&P, Moody’s, Fitch, DBRS) das Land nicht mit „Zahlungsausfall“ oder „teilweisen Zahlungsausall“ bewertet. Allerdings gilt diese Regel bereits seit Mai 2010 nicht mehr. Sollte es dazu kommen, dass nur noch eine Agentur griechische Staatsanleihen besser als „Zahlungsausfall“ oder „teilweiser Zahlungsausfalls“ einstuft, müsste eigens der EZB-Rat entscheiden, ob die Notenbank die Papiere weiter akzeptiert.
Schuldenschnitt 2014 um 60% und danach 2,5% Wachstum |
Kein Schuldenschnitt und kein Wachstum |
Kein Schuldenschnitt und 2,5 % Wachstum |
|||
Kuponsumme |
72 |
116 |
168 |
||
Banken |
Cash |
30 |
30 |
30 |
|
verliehenes Kapital |
70 |
70 |
70 |
||
Gegenwartswert des Kapitals und Cash |
95% |
118% |
148% |
mit 4% diskontiert (Rendite 30j. EFSF-Bond) |
|
Tilgung nach 30 Jahren |
28 |
70 |
70 |
||
Tilgung „AAA“-Fonds |
42 |
0 |
0 |
||
effektiver Jahreszins |
3.43% |
5.50% |
8.00% |
= (Kuponsumme) / Kapital / 30 Jahre |
|
Griechenland |
geliehenes Kapital |
49 |
49 |
49 |
|
Tilgung „AAA“-Fonds |
21 |
21 |
21 |
||
effektiver Jahreszins |
3.47% |
6.43% |
10.00% |
= (Kuponsumme – Tilgung „AAA“) / Kapital / 30 Jahre |
Anmerkung vom 05.07.2011: Die Tilgungen habe ich nachträglich noch einmal angepasst. Dadurch hat sich der effektive Jahreszins für Griechenland in der ersten Spalte geändert. Unklar ist, was mit dem Rest der Summe aus dem „AAA“-Fonds passiert. Bei den effektiven Zinsen handelt es sich zum Durchschnittszinsen.
Ohne die Tilgungen des Sicherungsfonds nach 30 Jahren ergeben sich folgende Zinssätze:
Zinseinnahmen Banken | Zinslast Griechenlands |
5,5% | 7,9% |
6,0% | 8,6% |
6,5% | 9,3% |
7,0% | 10,0% |
7,5% | 10,7% |
8,0% | 11,4% |
http://wirtschaftswunder.ftd.de/2011/07/04/was-die-banken-an-der-griechenrettung-verdienen/