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Meine Stimme aus Wien: Das Imperium schlägt zurück

Ein Leitartikel aus dem Wirtschaftsblatt vom 18. Juli 2014

Wer gehofft hatte, nach der Präsidentenwahl würde in der Ukraine endlich Ruhe einkehren, wurde enttäuscht. Jeden Tag sterben noch immer Menschen in den Kämpfen – tragisch ist jeder Tote, egal, welche Sprache er gesprochen hat. Und für Geschäftsleute aus Österreich wird es immer schwieriger zu erkennen, wie die Großmächte im Hintergrund die Fäden ziehen. Dies gilt auch für Journalisten, die sich aus nah und fern ein Bild machen wollen.

Aus Sicht der neutralen Österreicher sind alle gut beraten, weiterhin auf eine Verhandlungslösung zu drängen – nicht nur wegen der Interessen der Austro-Wirtschaft in Russland. Eine verstärkte Isolation und härtere Sanktionen führen am Ziel einer friedlichen Zukunft für die Region vorbei. Doch die Falken behaupten, dass Moskau erst bestraft werden müsse, damit es auch einknickt.

Am Gerede der Scharfmacher mutet vieles falsch an. Nicht nur, dass Sanktionen, die gerade von den USA (under EU) verschärft wurden, die krisengeplagte Euro-Wirtschaft zusammen mit Russland treffen. Es könnten auch andere Interessen eine Rolle spielen.

Denn Russland hält wie China wichtige Schlüsselindustrien daheim unter nationaler Kontrolle: sei es durch den Staat oder die mit ihm verbandelten Eliten. Zudem planen Russen und Chinesen seit Jahren, sich vom US-Dollar als Zahlungsmittel im internationalen Handel vor allem im Ölgeschäft zu lösen. Die Gründung eines eigenen Reservefonds der großen BRICS-Schwellenländer diese Woche dürfte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.

Wer würde sich wohl darüber freuen, wenn einmal im Kreml ein Staatschef sitzt, der Öl- und Gaskonzerne so weit für Ausländer öffnet, dass US-Gesellschaften dort die Kontrolle erlangen könnten? Die Vorherrschaft des Dollar wäre auf Jahre gesichert und damit auch, dass die USA weiterhin jeden Aufschwung mit den Ersparnissen aus aller Welt finanzieren können. Ob eine solche Strategie aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. So manch Imperator hat sich an Russland schon die Zähne ausgebissen.

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