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Eine Frage für geldpolitische Moralapostel: Was ist monetäre Staatsfinanzierung?

Wann betreibt eine Notenbank wie die Bundesbank eigentlich Staatsfinanzierung über die Notenpresse oder exakter ausdrückt über die Computertastatur? Die Zentralbanker fürchten, dass sie in eine Spirale abrutschen, in der sie Staatsausgaben über Geldschöpfung aus dem Nichts finanzieren, was am Ende zu Inflation führen kann. Deshalb ist die Frage für die Frankfurter Währungshüter von größter Wichtigkeit, immerhin ist die monetäre Staatfinanzierung in den EU-Verträgen verboten worden. Nur leider sind die Antworten für den geneigten Beobachter nicht immer wirklich klar und eindeutig.

Eine Banklizenz an den Rettungsfonds ESM zum Beispiel wäre aus Sicht der Bundesbank monetäre Staatsfinanzierung. Die Idee ist einfach: Der Fonds kann sich vorübergehend bei den Notenbanken im Euro-System Geld leihen, wofür er Wertpapiere (Staatsanleihen aus Portugal, Spanien oder sonst einem Land…) als Sicherheiten hinterlegen müsste. Die EZB (oder die nationalen Notenbanken) kauft praktisch dabei Anleihen auf und schafft so neues Geld – per Tastendruck auf dem EZB-Keyboard.

Mit diesem Geld könnte der Fonds am Markt direkt Staatsanleihen aufkaufen, wenn es etwa zu einer Panik kommt und Investoren in Massen und urplötzlich Papiere von Krisenstaaten abstoßen, was die Zinsen nach oben schießen lässt. Der Grundgedanke dabei ist, dass im Hintergrund die Feuerkraft der EZB, die ja theoretisch unbegrenzt Geld schöpfen kann, jede Panik im Keim ersticken würde. Wenn die Notenbanker zusammen mit dem Rettungsfonds diese Strategie glaubwürdig genug vertreten, müsste die EZB tatsächlich aber nur wenig neues Geld einsetzen oder schöpfen, sagen zumindest die Befürworter.

Wenige Tage vor der IWF- Frühjahrstagung nun hat die Bundesbank noch einmal deutlich gemacht, dass sie bis zu einer Obergrenze von 41,5 Mrd. Euro eine Kreditlinie an den IWF bereit halten könnte – im Rahmen der Mittelaufstockung des Währungsfonds, die gut 400 Mrd. Dollar ausmachen soll, und dieses Wochenende vermutlich schon verabschiedet wird.

Wenn ein Staat wie Spanien einen Teil dieser Mittel im Notfall zieht, würde die Bundesbank aber tatsächlich per Tastendruck neues Geld schöpfen – diesmal allerdings ohne Sicherheiten. Nanu, könnte man sich jetzt fragen, ist denn monetäre Staatsfinanzierung nicht verboten. Damit solche Kreditlinien in den Augen der Bundesbank keine monetäre Staatsfinanzierung darstellen, müssen für die Frankfurter Währungshüter folgende Bedingungen erfüllt sein:

Vorraussetzung für diesen Betrag sind eine breite internationale Beteiligung und eine angemessene Lastenteilung, eine Aufstockung der allgemeinen Mittel des IWF sowie die Verfügbarkeit der Mittel für alle IWF-Mitglieder im Rahmen der regulären IWF-Geschäftspolitik.

Im Klartext: Weil Kreditlinien über 200 Mrd. Dollar von außerhalb des Euro-Raums kommen (etwa die 60 Mrd. Dollar aus Japan oder noch mehr Dollar aus einigen Schwellenländern) und auch andere Länder die Darlehen im Notfall nutzen können, wie Argentinien oder die Ukraine, stellt die Form von Darlehen in den Augen der Bundesbank keine monetäre Staatsfinanzierung da. Auch wenn es sich praktisch um den gleichen Vorgang handelt: Hilfsdarlehen über die Tastatur der Bundesbank-Geldmaschine ausgelöst. „Reguläre IWF-Geschäftspolitik“ heißt, dass die Darlehen an Bedingungen wie die üblichen IWF-Strukturanpassungsprogramme geknüpft sind.

Nun ja, es scheint also, dass geldphilosophischen Fragen in Deutschland wichtiger sind als alle Überlegungen, wie die Euro-Rettung effektiver gestaltet werden könnte, auch wenn dabei die Bundesbank ihr Engagement beim Währungsfonds locker verdoppeln könnte.

http://wirtschaftswunder.ftd.de/2012/04/19/marktwirtschaft-eine-frage-fur-geldpolitische-moralapostel-was-ist-monetare-staatsfinanzierung/

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