Meine Stimme aus Zürich

Meine Stimme aus Zürich: Die robuste Bindung Amerikas an Europa hält noch viel mehr aus

Die USA haben sich klar zur transatlantischen Sicherheitsarchitektur bekannt – aus purem Eigeninteresse. Europa sollte gegenüber Washington wieder stärker auf eigene Werte und Interessen pochen. Für einige Beobachter war der Gipfel der Nato-Länder diese Woche eine einzige Geste der Unterwerfung Europas vor dem König von Washington D.C. Und das nach all dem anfänglichen Aufbäumen, das das Debakel mit dem ukrainischen Präsidenten Ende Februar ausgelöst hatte. Die Demütigung des Wolodimir Selenski und seines gepeinigten Volkes durch Donald Trump im Weissen Haus hat jedoch nur vordergründig alles verändert. Die Amerikaner drohten damals, nicht nur die Ukraine, sondern auch alle ihre Verbündeten im Stich zu lassen. Seither verstärkt die EU alles, um die gemeinsame Verteidigung auf ein neues Niveau zu heben und die Rüstungsausgaben besser und effizienter zu koordinieren. Russlands Angriffskrieg sei eine existenzielle Herausforderung für die Europäische Union, erklärten die EU-Staats- und Regierungschefs eine Woche später im März, was sie jetzt auf ihrem Juni-Gipfel...

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Meine Stimme aus Zürich: Das Echo der Befreiung

Wer die Entschlossenheit der Ukrainer im Winter 2023 sehen will, muss über die Glasbrücke von Kyjiw gehen. Fussgänger laufen über diesen Steg, der zwei Hügel nicht weit vom Fluss Dnipro verbindet. Es ist die Altstadtseite am rechten Ufer, da wo die alten orthodoxen Kirchen und Klöster über der Stadt thronen. Die Bewohner der Hauptstadt nennen sie auch «Klitschkos Brücke». Denn Bürgermeister Vitali hat sie 2019 eröffnet. Der Ex-Boxer war es auch, der in einem selbstgedrehten Video am 10. Oktober über die Brücke schreitet: «Unsere Fussgängerbrücke mit dem fantastischen Blick über den Fluss Dnipro wurde von den Barbaren beschädigt», sagt Klitschko. Wer die Barbaren sind, das braucht er keinem seiner Landsleute zu erklären. Längst bestätigen Umfragen, was lange nur durch Hören und Sagen bekannt war: Seit Beginn des Totalangriffs Russlands vor einem Jahr rücken auch die letzten Ukrainer vom Nachbarn ab. Alte Sentimentalitäten haben keinen Platz mehr. Wenn man so will, hat der...

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Meine Stimme aus Zürich: Habt keine Angst mehr, die Ukraine zu verteidigen

Seit zehn Jahren wehren sich die Ukrainer heldenhaft gegen die Übermacht aus dem Osten. Das Land braucht dringend neue Hilfen, um die Totalinvasion zu stoppen. Auf der Sicherheitskonferenz in München spüren alle die düstere Stimmung. Da, wo jedes Jahr im Februar das wichtigste Treffen zu Krieg und Frieden stattfindet, ist allen Teilnehmern vergangenes Wochenende klar: Die Ukrainer stehen mit dem Rücken zur Wand im Krieg gegen die Invasion aus dem Osten. Was für ein Kontrast zur grossen Zuversicht ein Jahr zuvor auf den Hotelfluren des «Bayerischen Hofs». Nun dämmert es vielen Unterstützern der Ukraine: Sie haben die Stärke der russischen Streitkräfte unterschätzt, wie anpassungsfähig sie sind und wie viele unschuldige Soldatenleben der Kreml zu opfern bereit ist – in den Fleischmühlen des Krieges. Heute steht die Ukraine wieder davor, dass sie Land und Leute an die russischen Besatzer verliert. In der Okkupation droht jedem, der sich nicht zum angeblichen Bruderstaat bekennt, Folter und...

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Meine Stimme aus Zürich: Lichtblick in Sachen Inflationssorgen

Die Notenbanker sorgen sich wieder stärker, dass Löhne und Gewinne die Preise noch länger nach oben treiben. Hoffnungsvoll stimmt dagegen die Entspannung auf Europas Gasmarkt. Anleger verlieren die Zuversicht, dass die Leitzinserhöhungen im Sommer enden. Der oberste Notenbanker in den USA, Jerome Powell, bereitet die Märkte darauf vor, dass die Zinsen stärker steigen, als viele dachten. Am Freitag warnte EZB-Direktorin Isabel Schnabel, die Inflation könnte sich als hartnäckiger erweisen, als es die Finanzmärkte vorwegnehmen. Ein breites Nachlassen der Teuerung habe im Euroraum noch nicht einmal begonnen. Kein Wunder also stehen Aktien unter Druck und steigen die Zinsen. Tatsächlich enttäuschten diese Woche die Inflationsdaten aus den USA die Erwartung von Ökonomen. In Europa stochert die Europäische Zentralbank noch im Nebel, bis nächste Woche bessere Daten für Januar vorliegen. Klar ist aber, dass die Notenbanker wieder stärker fürchten, dass Löhne und Gewinne die Preise für Güter und Dienstleistungen für länger nach oben treiben. Doch gibt es...

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Meine Stimme aus Zürich: Ein EU-Einkaufskartell für Gas muss her

Europa zahlt horrende Preise für Alternativen zum russischen Gas. Mit mehr Geschick in den Preisverhandlungen lässt sich das aber vermeiden. Jetzt dürfte auch der Letzte es gemerkt haben: Der Kreml provoziert um jeden Preis eine Energiekrise in Europa. Ganz offen redet Russlands Präsidentensprecher Dmitri Peskow davon, dass die Ostseegasleitung Nord Stream 1 erst wieder mit der vollen Kapazität in den Betrieb geht, wenn die Sanktionen aufgehoben sind. Ob wenigstens die stark reduzierten Mengen von Ende August wieder strömen werden, ist derzeit noch komplett offen. Teure Bezugsquellen Den europäischen Ländern bleibt daher nur eins: Sie müssen andere, leider sehr teure Bezugsquellen finden und den Verbrauch senken. Letzterer ist in Deutschland in der Industrie bereits erheblich gefallen – hoffentlich nicht nur deswegen, weil Produktionsstätten stillstehen. Andere Grossabnehmer wie Italien hinken aber noch deutlich hinterher. Bei den Privathaushalten versucht die Politik es oft nur mit Sparappellen. Andere, auch finanzielle Anreize werden schon gar nicht erst erwogen. Was...

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Mein Stimme aus Zürich: Bewährungsprobe für eine Fiskalunion

Vom 3. Juni 2020. Die EU-Länder wollen sich in der Coronakrise gemeinsam verschulden. Wächst damit das ­Vertrauen zwischen ihnen, kann es die Union verändern. Ein Kommentar von FuW-Redaktor André Kühnlenz. Wenn die Länder der Europäischen Union jetzt ihre Staatsausgaben bündeln, ist dies der einzig richtige Weg, mit der Krise fertig zu werden. Denn nur wenn sich der Staatenverbund nach einigen Verirrungen auch fiskalisch vertieft, wird er, so schnell es geht, wieder auf die Beine kommen. Auch, um gegen die Grossmächte in Nordamerika und Ostasien zu bestehen. Bis zum Herbst müssen alle siebenundzwanzig Nationalparlamente und das Europäische Parlament darüber abstimmen, was die Brüsseler Kommission angedacht hat. Zuvor werden die Staats- und Regierungschefs noch um jede Nachkommastelle des geplanten Recovery Fund erbittert feilschen. Die Begleitgeräusche aus den Hauptstädten werden hässlich und anstrengend sein. Doch am Ende entscheiden allein die Ergebnisse, und die können die Union fundamental zum Besseren verändern. Klare Vorteile für die Schweiz Die Schweiz...

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Meine Stimme aus Zürich: Die Soziale Marktwirtschaft bittet zum Update

Ein neuer Film beleuchtet, warum viele Deutsche mit der Wirtschaft unzufrieden sind – ohne Scheuklappen. Wenn in Deutschland über die «Soziale Marktwirtschaft» geredet wird, kann es schnell heiss hergehen. Das bekam vor wenigen Wochen auch die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, zu spüren. Sie hatte sich Anfang März in einer Rede im Bundestag verhaspelt: Die Sozialdemokraten hätten doch in den 1960er Jahren die Soziale Marktwirtschaft auf den Weg gebracht. Die Aufregung war gross in den Kommentaren der etablierten wie der sozialen Medien. Schliesslich, so sagt die Legende, gleisten doch die Christdemokraten das rheinische Wirtschaftsmodell auf, damals im Wiederaufbauboom der Nachkriegsjahre. Im Gedächtnis der Deutschen prägte sich dafür der Name von Ludwig Erhard ein. Der war Wirtschaftsminister von 1949 bis 1963. Im Gegensatz zum angelsächsischen Modell sollte das westdeutsche stärker wirtschaftliche Freiheit und Aufstieg mit sozialem Ausgleich verbinden. Konkurrenz mit Kooperation verbinden Doch die Grundpfeiler des Systems knüpften tatsächlich an sozialdemokratische Gesetze der Weimarer Republik an: Betriebsräte,...

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Meine Stimme aus Zürich: Kein leichter Start (für die Wiederbelebung der EU)

Es war klar, dass der EU der historische Schritt nicht leichtfällt. Davon zeugt allein die Länge des Gipfels vom Wochenende. Erstmals wird die Union ihre Fiskalausgaben bündeln und über gemeinsame Staatsanleihen finanzieren. Am Ende blieb ihr nichts anderes übrig, zu stark sind die wirtschaftlichen Verwerfungen. Dass die EU diesen Schritt machen konnte, ist besonders den Konservativen in Deutschland zu verdanken. Damit sie ihre Grundüberzeugung nicht aufgeben mussten, brauchte es zwei Bedingungen: Jedes Land haftet nur mit seinem Anteil an der Wirtschaftsleistung. Und: Der Wiederbelebungsfonds darf nur vorübergehend sein und nicht den Einstieg in die Schuldenunion bedeuten. Grössere Probleme hatten andere. Allerdings wirkte es fast schon fragwürdig, wie die Regierungschefs der Niederlande, Österreichs, Dänemarks oder Schwedens versuchten, sich als Verfechter ihrer nationalen Interessen zu inszenieren. Das «gemeinsame Europa» drohte unterzugehen. Am Ende setzen sie sich durch: Die Zuschüsse, die gemeinsam ab 2028 zurückgezahlt werden, fallen um 0,05% der Wirtschaftsleistung der Jahre 2021 bis 2027...

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Meine Stimme aus Zürich: Die «Lächerlichen Fünf» sparen 0,05% der EU-Wirtschaftsleistung

Es war ein unwürdiges Schauspiel, das die Staats- und Regierungschefs der EU am Wochenende abgeliefert haben. Den vierten Tag in Folge ringen sie am heutigen Montag darum, wie stark der Fonds zur Wiederbelebung der Wirtschaft («Recovery») an rechtsstaatliche Bedingungen geknüpft wird. Erwartungsgemäss ist der Widerstand vor allem in Ungarn und Polen gross. Die Niederlande bestehen zu Beginn des Gipfels noch strikt auf einem Vetorecht bei den Reformvorgaben: An die Umsetzung von Reformen sollte ihrer Meinung nach die Auszahlung der geplanten Zuschüsse an die Mitgliedländer wie Italien geknüpft werden. Hier zeichnet sich immerhin eine pragmatische Lösung ab – auch wenn noch die letzten Details geklärt werden müssen, wie einzelne Länder ihre Zweifel am Reformeifer einbringen können. 43 Mrd. € weniger Zuschüsse als Kompromiss Lächerlich aber wird es bei den Summen, um die die Gespräche kreisen. Laut Korrespondentenberichten wird es wohl auf einen Betrag von 390 Mrd. € an Zuschüssen hinauslaufen. Die sollen in den...

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Meine Stimme aus Zürich: Bewährungsprobe für eine Fiskalunion

Bis zum Herbst müssen alle siebenundzwanzig Nationalparlamente und das Europäische Parlament darüber abstimmen, was die Brüsseler Kommission angedacht hat. Zuvor werden die Staats- und Regierungschefs noch um jede Nachkommastelle des geplanten Recovery Fund erbittert feilschen. Die Begleitgeräusche aus den Hauptstädten werden hässlich und anstrengend sein. Doch am Ende entscheiden allein die Ergebnisse, und die können die Union fundamental zum Besseren verändern. Klare Vorteile für die Schweiz Die Schweiz würde davon profitieren, wenn sich die EU-Wirtschaft mit einem Anschub von 750 Mrd. € aus dem Fonds schneller erholen könnte. Dies sind immerhin 5 bis 6% des Bruttoinlandprodukts (BIP) über die nächsten Jahre verteilt. Doch etwas anderes wird genauso wichtig für die Eidgenossenschaft sein: Denn erstmals wollen die EU-Staaten ­gemeinsam Schulden aufnehmen, um nennenswert das Budget der EU-Kommission zu finanzieren. Die Brüsseler Behörde würde mit einem Schlag und auf absehbare Zeit zum fünftgrössten Anleihenemittenten der EU aufrücken – nach Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien. Der Vorteil...

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