Rezession Tag

Anatomie der deutschen Stagnation – Teil 1: strukturelles Schattenboxen

Auch wenn Deutschlands Unternehmen zu Recht über strukturelle Probleme klagen, können sie nicht die Stagnation seit 2022 erklären.Zwei Blogbeiträge zum Jahresanfang sollen beleuchten, wie sehr strukturelle und konjunkturelle Ursachen die Wirtschaftsschwäche Deutschlands erklären können. Im ersten Teil geht es um die strukturellen Probleme im Inland: angefangen bei den staatlichen Ausgaben und Steuern, der Bürokratie bis hin zu den Arbeits- und Materialkosten der Unternehmen. Der China-Schock des Preisdumpings, der Deutschlands Exporteuren derzeit auf den Weltmärkten zu schaffen macht, kommt im zweiten Teil vor, wenn es um die Nachfrage geht. Zu den Ursachen der dreijährigen Stagnation in Deutschland gehen die Meinungen auseinander. Der breite Konsens der Ökonomen besagt, dass die «deutsche Volkswirtschaft sowohl von konjunkturellen als auch von strukturellen Problemen ausgebremst wird». Dabei kommt der Anpassungsdruck sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Konjunkturell heisst, dass zum Beispiel ein langer Zyklus von mehreren Jahren mit einer «normalen» Rezession, also einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung,...

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Streit über die «konjunkturelle Notlage» in Deutschland

Ökonomen wie Lars Feld haben unrecht, wenn sie die Gründe der Stagnation in Deutschland allein in Strukturproblemen ausmachen. Die Regierung muss die Arbeits- und die Konsumnachfrage des Landes vorübergehend anschieben. So etwas passiert nicht oft. Da fordert «Finanz und Wirtschaft», dass sich der grosse Nachbar im Norden doch endlich entschliessen sollte, eine konjunkturelle Notlage auszurufen. Dies würde es der Berliner Regierung erlauben, nach fast drei Jahren Stagnation von den strengen Vorgaben der Schuldenbremse des Bundes abzuweichen. So könnte die regierende Koalition versuchen, einen Wachstumsimpuls auszulösen, ohne dass sie an anderer Stelle im Budget kürzen müsste – was alles konterkarieren würde. Nur wenige Tage nach der FuW-Forderung doppelt ein «Wirtschaftsweiser» nach. So heissen in Deutschland die Mitglieder des Sachverständigenrats für Wirtschaft der Bundesregierung, also eines ökonomischen Beratergremiums. «Wenn sich die Indikatoren in den nächsten Monaten nicht gravierend verbessern, ist ein erneutes Ausrufen der Notlage bei der Schuldenbremse angebracht», sagt Ökonom Achim Truger in...

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Eine Sahm-Regel für die deutsche Schuldenbremse

Die Arbeitslosenquote in den USA hat gerade eine kritische Schwelle gerissen. Für Deutschland gilt dies bereits seit 2022. Die Berliner Politik sollte dringend handeln. Wer wissen will, wie die Konjunktur eines Landes läuft, muss nur auf den Arbeitsmarkt schauen. Diese Erkenntnis gilt zwar besonders für die USA, wo die Unternehmen in Abschwungphasen schneller als in Europa ihre Jobs streichen. Doch auch hierzulande sollte niemand die Daten vom Arbeitsmarkt als nachrangig abtun, wenn es darum geht, die Konjunktursignale zu erkennen. Entgegen einem Vorurteil lässt sich nicht nur aus sozialen Gründen beim Blick auf den Stellenzuwachs und die Zahl der Arbeitslosen sehr viel über den künftigen Konjunkturverlauf ablesen. Er liefert auch wertvolle Erkenntnisse darüber, ob ein Land an mangelnder Strukturpolitik leidet oder ob nicht doch das zyklische Auf und Ab eine Volkswirtschaft zurückhält. Eine Frage, die seit Monaten die deutsche Wirtschaft plagt. Die ersten Tage im August haben es jetzt wieder einmal gezeigt: Viele Marktteilnehmer...

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Die US-Notenbank wird noch zum Brandbeschleuniger

Es gibt diese Zeiten, da wird Konjunkturbeobachtung endlich wieder spannend. Meist dann, wenn sich wie derzeit eine neue Krise anbahnt. Noch weiss niemand, wie schwer sie ausfallen wird und was letztlich die Gründe sein werden. So fragen sich viele Leute heute zu Recht, ob nicht sogar eine lähmende Wachstumsschwäche droht, die mit den stark steigenden Preisen zusammenfällt, hochgeschaukelt auch durch Putins verdammten Krieg. Oder sind es am Ende tatsächlich die Notenbanken, die mit den harschen Zinserhöhungen die Wirtschaft abwürgen? Springen sie vielleicht nur auf den fahrenden Zug des unabwendbaren Abschwungs auf? Klar ist nur eins: Lange vorbei sind die Monate wie zu Beginn der Pandemie oder in der Finanzkrise, als die Wirtschaftsleistung einfach nur wie ein Stein in die Tiefe fiel. Wir alle merken die Einschnitte starker Konjunktureinbrüche oft drastisch, wenn die Einkommen sinken und viele Leute ihren Job verlieren. Für Konjunkturinteressierte sind solche Phasen aber ehrlich gesagt eher langweilig, also wenn...

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Und wieder eine Schuldenblase in Amerika

Ein Nachtrag zum vorherigen Beitrag, in dem es um die sinkenden Gewinne und Investitionen in den USA ging und warum der amerikanische Arbeitsmarkt noch immer so stabil aussieht. Wem der Société Générale-Stratege Albert Edwards vielleicht etwas zu obskur erscheint mit seinem Dauerpessimismus, der kann sich gerne auch den jüngsten Global Financial Stability Report des IWF anschauen. Hier noch einmal Alberts Grafik zur Schuldenentwicklung in den USA. Ähnliches hat der IWF errechnet, allerdings mit den Bruttoschulden statt den Nettoschulden. Doch wie alarmierend ist nun die Schuldenentwicklung in den USA? Dazu habe ich mir noch einmal die Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angeschaut. Für das vierte Quartal 2015 und das erste Quartal 2016 liegen noch keine Daten vor, so dass ich die Nettoneuemissionen der nichtfinanziellen US-Unternehmen aus der Datenbank von Dealogic herangezogen habe. Das heißt aber nichts anderes, als dass die Bruttoschulden in folgender Grafik vermutlich sehr konservativ geschätzt sind. Für die Nettowertschöpfung im...

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Krisentendenzen und Gegentendenzen in den USA: Bei den Unternehmensschulden braut sich was zusammen

Mitunter kommt auf Twitter der Verdacht auf, ich wäre im Lager der Dauerpessimisten und Crashpropheten gelandet. Egal wie ernst gemeint diese Frotzeleien auch sein mögen, geht es hier doch um etwas anderes. Hier sollen Krisentendenzen identifiziert werden, die die tatsächliche Konjunkturdynamik prägen. Dabei gilt es natürlich auch immer die Gegentendenzen zu erkennen, die einen latent wirkenden Abwärtstrend aufhalten (oder eben umgekehrt). Hierbei kann es natürlich niemals um die Vorhersage bestimmter Zeitpunkte gehen, wann eine Volkswirtschaft womöglich abkippt oder zu einem neuen Aufschwung ansetzt. Dies ist einfach unmöglich, egal welchem theoretischen Hintergrund man auch folgt. Es geht um eine Konjunkturanalyse, die nicht nur an der Oberfläche kratzt und die vor allem nicht allein empiristisch verfährt, sondern die selbstverständlich auch eine theoretische Grundlage hat. Die lässt sich so auf den Punkt bringen: Ein Aufschwung gibt es nur dann, wenn sich der Kapitalaufbau hinreichend beschleunigt, dass die Investitionen profitabel werden und neue Jobs entstehen....

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Erste Alarmsignale am Arbeitsmarkt in Deutschland und Amerika – aber die Gewerkschaften schweigen lieber

Es gibt viele Gründe, die Konjunktur zu beobachten. Wir können zum Beispiel dabei sehr schön lernen, wie unsere kapitalistischen Volkswirtschaften funktionieren. Der wichtigere Sinn liegt jedoch darin, rechtzeitig Rezessionen zu erkennen, bei denen viele Beschäftigte ihren Job verlieren. Das ist umso wichtiger, weil die Mehrheit der deutschen Wähler aus welchen Gründen auch immer Parteien bevorzugen, die erst in akuten Krisen anfangen über stabilisierende Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen nachzudenken. Nun wissen wir aber, dass der Arbeitsmarkt oftmals erst dann kippt, wenn eine Rezession nicht mehr zu übersehen ist. Das liegt daran, dass nicht alle Wirtschaftszweige gleichzeitig in eine Konjunkturkrise abrutschen. Zuerst spüren es die Hersteller von Investitionsgütern in der Industrie und am Ende die Produzenten von Konsumgütern und die Dienstleister. Daher sagen Ökonomen gerne auch, dass der Arbeitsmarkt ein nachlaufender Indikator wäre. Das mag so auch für die Zahl der Beschäftigten oder die Arbeitslosenquote stimmen, die ja einen Querschnitt der...

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So beginnt nun einmal in der Regel eine Rezession

Für Leser des WirtschaftsBlatts kommt die Diskussion wenig überraschend. In meiner Kolumne (wie auch hier im Blog) warne ich ja schon länger vor der nahenden Rezession in Amerika und den Auswirkungen auf den fragilen Euroraum. Seit wenigen Tagen beherrscht nun das R-Wort auch die Debatte unter Bankökonomen und Investoren. Offen diskutieren sie, ob die Zinserhöhung der US-Notenbank im Dezember 2015 ein Fehler war. Derzeit sind es aber vor allem die Volkswirte in der Finanzbranche, die eher Panik an den Börsen ausmachen, statt Indizien für einen Abwärtstrend in der US-Wirtschaft zu erkennen. Wenn, dann sind es die Schwellenländer, allen voran China, die den Konjunkturausblick trüben. Dabei ignorieren viele beharrlich, dass die chinesische Konjunktur zuletzt zwar schwach geblieben ist, sich in den vergangenen Monaten aber immerhin stabilisierte. Zugleich heißt es dann gern: In Europa wird die Erholung schon noch langsam voranschreiten und der Arbeitsmarkt stützt weiterhin den Privatkonsum der Amerikaner. Dabei leugnet eigentlich niemand,...

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Egal ob Frankfurt-Bockenheim oder Düsseldorf, Hauptsache die private Konsumnachfrage stimmt…

Wer sich dieser Tage die Prognosen für das nächste Jahr anschaut, stößt immer wieder auf schöne Aussagen über die tolle Binnennachfrage, die das Wachstum in Deutschland stützen sollte, womit die Konjunktur weiterhin aufwärtsgerichtet bleibt. So lesen wir bei der Bundesbank aus Frankfurt-Bockenheim folgenden Satz ihres Präsidenten Jens Weidmann: „Treibende Faktoren sind hierbei die günstige Arbeitsmarktlage und die kräftigen Zuwächse der realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte.“ Unsere Gewerkschaftsfreunde vom IMK in Düsseldorf schrieben (pdf) bereits rund zwei Monate zuvor: „Dabei wird verstärkt die Binnennachfrage für ein stabiles Wachstum sorgen. Insbesondere werden die privaten Konsumausgaben – bei abermals deutlich steigenden Realeinkommen sowie der weiterhin positiven Arbeitsmarktentwicklung – einen maßgeblichen Beitrag leisten.“ Nun gibt es zur deutschen Konjunktur eigentlich aktuell nicht viel Neues zusagen, solange Eurostat noch nicht die Nettoanlageinvestitionen der Unternehmen veröffentlicht hat. Deswegen schauen wir einfach kommentarlos, was so passiert, wenn die privaten Konsumausgaben tatsächlich zur wichtigsten Stütze der Wirtschaftsentwicklung werden. Einmal...

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Meine Stimme aus Wien: Angespannter Optimismus

Wer sich die jüngsten Konjunkturmeldungen durch den Kopf gehen lässt, der kann schon einmal ins Grübeln geraten. Da signalisieren Umfragen unter Einkaufsmanagern sowie die Beschäftigtenzahlen, dass die amerikanische Industrie sich bereits in einer Rezession befindet. Die Profitabilität im Unternehmenssektor sinkt ohnehin schon länger. Zugleich bereiten die US-Notenbanker die Marktteilnehmer auf eine Zinserhöhung in der nächsten Woche vor. So, als würde Amerika tatsächlich kurz vor einer überhitzten Konjunkturphase stehen. In Deutschland weist der Trend bei den Neubestellungen von Investitionsgütern deutlich nach unten – die Nachfrage schwächt sich aus allen Teilen der Welt spürbar ab. Im Sommer sanken die privaten Anlageinvestitionen der Deutschen bereits das zweite Quartal in Folge. Die Warenexporte fielen von August bis Oktober um drei Prozent unter das Niveau im Vierteljahr zuvor. Das alles ist jedoch kein Grund zur Sorge für die Fachleute der Bundesbank: Die deutsche Konjunktur werde in den nächsten beiden Jahren zunehmend an Kraft gewinnen, heißt es...

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