Konjunktur Tag

Anatomie der deutschen Stagnation – Teil 2: «Made in Germany» hat ein Preisproblem

Die schwache Nachfrage belastet Investitionen und Jobs. Wichtigster Grund sind die hohen Preise der Unternehmen im In- und Ausland. In Kürze: Strukturreformen benötigen noch wichtige Weichenstellungen der Politik. Negative Rückkopplungsschleifen auf dem Arbeitsmarkt seit Russlands Totalinvasion. Unternehmen erhöhen die Konsumentenpreise im Inland stärker, als die Löhne steigen. Hohe Energiekosten verhindern Preissenkungen in den Exportmärkten. Der erste Teil dieser Blogserie zur Stagnation Deutschlands beleuchtet die gängigsten Strukturprobleme. Diese lassen sich selten von den konjunkturellen Ursachen einer Wirtschaftskrise trennen. Viele Unternehmen klagen tatsächlich über eine angeblich zu grosse Rolle des Staats in der Wirtschaft, die Steuer- und Abgabenlast, den Bürokratieaufwand oder auch die Arbeitskosten in Zeiten schrumpfender Betriebsgewinne. Allerdings fehlen in dieser Analyse die konjunkturellen Ursachen der Stagnation sowie die Folgen der Schocks der Jahre 2021 und 2022. Beides ist nicht zu unterschätzen. Natürlich wird jede Regierung in Berlin darauf hoffen, dass Strukturreformen die Wachstumsaussichten auf mittlere Sicht verbessern. Beim Bürokratieabbau und in der Digitalisierung der Verwaltung sollte jedoch...

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Anatomie der deutschen Stagnation – Teil 1: strukturelles Schattenboxen

Auch wenn Deutschlands Unternehmen zu Recht über strukturelle Probleme klagen, können sie nicht die Stagnation seit 2022 erklären.Zwei Blogbeiträge zum Jahresanfang sollen beleuchten, wie sehr strukturelle und konjunkturelle Ursachen die Wirtschaftsschwäche Deutschlands erklären können. Im ersten Teil geht es um die strukturellen Probleme im Inland: angefangen bei den staatlichen Ausgaben und Steuern, der Bürokratie bis hin zu den Arbeits- und Materialkosten der Unternehmen. Der China-Schock des Preisdumpings, der Deutschlands Exporteuren derzeit auf den Weltmärkten zu schaffen macht, kommt im zweiten Teil vor, wenn es um die Nachfrage geht. Zu den Ursachen der dreijährigen Stagnation in Deutschland gehen die Meinungen auseinander. Der breite Konsens der Ökonomen besagt, dass die «deutsche Volkswirtschaft sowohl von konjunkturellen als auch von strukturellen Problemen ausgebremst wird». Dabei kommt der Anpassungsdruck sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Konjunkturell heisst, dass zum Beispiel ein langer Zyklus von mehreren Jahren mit einer «normalen» Rezession, also einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung,...

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Deutschland sollte eine lange Lähmung vermeiden

Es gibt Beobachter der deutschen Konjunktur, bei denen steigert sich der Optimismus fast schon in Überschwang. Zumindest im Vergleich zum mickrigen Ausgangsniveau, von dem sich das Land jetzt aufmachen soll, um endlich den ersehnten Aufschwung zu beginnen. Die jüngste Rückkehr zum Wachstum im ersten Quartal sowie die Umfragen unter den Unternehmen lassen einige erwarten, dass es jetzt endlich für länger aufwärtsgeht. Ein schönes Beispiel für den Überschwang liefern die Ökonomen der Deutschen Bank. Sie haben Anfang Mai ihre Prognosen für dieses Jahr erheblich angehoben. Nach einem bereits gemeldeten (vorläufigen) Plus von 0,2% im ersten sollen es im zweiten Quartal bereits 0,3% werden – eine Verdreifachung der Wachstumsprognose vom Herbst. Im zweiten Halbjahr sollten sich die erwarteten Quartalsraten des Bruttoinlandprodukts dann jeweils noch von 0,2 auf 0,4% verdoppeln. Das wären auf das Jahr hoch gerechnet also 1,6% Wachstum (2023 gab es ein Minus von 0,1%, kalender- und saisonbereinigt). Das ist schon ein gewaltiges...

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Meine Stimme aus Wien: Neue Geschäftsmodelle in Zeiten des Abschwungs

Der Konjunkturzyklus in den USA gibt noch immer Rätsel auf. Die Währungshüter der Notenbank Federal Reserve stochern im Nebel herum und verwirren die Marktteilnehmer noch zusätzlich mit ihren Aussagen. Dabei datiert die Industriestaatenorganisation OECD den Höhepunkt des vorigen Aufschwungs bereits auf Juli 2015 - seitdem erlebt die USA also einen Abschwung, der in einer Rezession mit Jobabbau und mauen Zuwächsen oder sogar schrumpfender Wirtschaftsleistung enden kann. Wir haben an dieser Stelle öfter dokumentiert, dass seit Sommer 2015 die Konjunkturpessimisten lauter werden. Ihre wichtigsten Argumente: Die Profitabilität der Unternehmen geht zurück und seit vorigem Jahr sinken die Investitionen. Neu ist jetzt, dass seit dem Frühjahr der Privatkonsum schneller wächst als das Gesamteinkommen der Amerikaner, dessen Wachstum durch die nachlassenden Investitionen erlahmt. Das alles zusammen ergab in der Vergangenheit immer wieder die Zutaten für eine Wirtschaftskrise. Dem wird sich Europa kaum entziehen können. Deutschland lebt derzeit von höheren Staatsausgaben wegen der Flüchtlinge sowie Impulsen...

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Und wieder eine Schuldenblase in Amerika

Ein Nachtrag zum vorherigen Beitrag, in dem es um die sinkenden Gewinne und Investitionen in den USA ging und warum der amerikanische Arbeitsmarkt noch immer so stabil aussieht. Wem der Société Générale-Stratege Albert Edwards vielleicht etwas zu obskur erscheint mit seinem Dauerpessimismus, der kann sich gerne auch den jüngsten Global Financial Stability Report des IWF anschauen. Hier noch einmal Alberts Grafik zur Schuldenentwicklung in den USA. Ähnliches hat der IWF errechnet, allerdings mit den Bruttoschulden statt den Nettoschulden. Doch wie alarmierend ist nun die Schuldenentwicklung in den USA? Dazu habe ich mir noch einmal die Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angeschaut. Für das vierte Quartal 2015 und das erste Quartal 2016 liegen noch keine Daten vor, so dass ich die Nettoneuemissionen der nichtfinanziellen US-Unternehmen aus der Datenbank von Dealogic herangezogen habe. Das heißt aber nichts anderes, als dass die Bruttoschulden in folgender Grafik vermutlich sehr konservativ geschätzt sind. Für die Nettowertschöpfung im...

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Krisentendenzen und Gegentendenzen in den USA: Bei den Unternehmensschulden braut sich was zusammen

Mitunter kommt auf Twitter der Verdacht auf, ich wäre im Lager der Dauerpessimisten und Crashpropheten gelandet. Egal wie ernst gemeint diese Frotzeleien auch sein mögen, geht es hier doch um etwas anderes. Hier sollen Krisentendenzen identifiziert werden, die die tatsächliche Konjunkturdynamik prägen. Dabei gilt es natürlich auch immer die Gegentendenzen zu erkennen, die einen latent wirkenden Abwärtstrend aufhalten (oder eben umgekehrt). Hierbei kann es natürlich niemals um die Vorhersage bestimmter Zeitpunkte gehen, wann eine Volkswirtschaft womöglich abkippt oder zu einem neuen Aufschwung ansetzt. Dies ist einfach unmöglich, egal welchem theoretischen Hintergrund man auch folgt. Es geht um eine Konjunkturanalyse, die nicht nur an der Oberfläche kratzt und die vor allem nicht allein empiristisch verfährt, sondern die selbstverständlich auch eine theoretische Grundlage hat. Die lässt sich so auf den Punkt bringen: Ein Aufschwung gibt es nur dann, wenn sich der Kapitalaufbau hinreichend beschleunigt, dass die Investitionen profitabel werden und neue Jobs entstehen....

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Erste Alarmsignale am Arbeitsmarkt in Deutschland und Amerika – aber die Gewerkschaften schweigen lieber

Es gibt viele Gründe, die Konjunktur zu beobachten. Wir können zum Beispiel dabei sehr schön lernen, wie unsere kapitalistischen Volkswirtschaften funktionieren. Der wichtigere Sinn liegt jedoch darin, rechtzeitig Rezessionen zu erkennen, bei denen viele Beschäftigte ihren Job verlieren. Das ist umso wichtiger, weil die Mehrheit der deutschen Wähler aus welchen Gründen auch immer Parteien bevorzugen, die erst in akuten Krisen anfangen über stabilisierende Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen nachzudenken. Nun wissen wir aber, dass der Arbeitsmarkt oftmals erst dann kippt, wenn eine Rezession nicht mehr zu übersehen ist. Das liegt daran, dass nicht alle Wirtschaftszweige gleichzeitig in eine Konjunkturkrise abrutschen. Zuerst spüren es die Hersteller von Investitionsgütern in der Industrie und am Ende die Produzenten von Konsumgütern und die Dienstleister. Daher sagen Ökonomen gerne auch, dass der Arbeitsmarkt ein nachlaufender Indikator wäre. Das mag so auch für die Zahl der Beschäftigten oder die Arbeitslosenquote stimmen, die ja einen Querschnitt der...

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So beginnt nun einmal in der Regel eine Rezession

Für Leser des WirtschaftsBlatts kommt die Diskussion wenig überraschend. In meiner Kolumne (wie auch hier im Blog) warne ich ja schon länger vor der nahenden Rezession in Amerika und den Auswirkungen auf den fragilen Euroraum. Seit wenigen Tagen beherrscht nun das R-Wort auch die Debatte unter Bankökonomen und Investoren. Offen diskutieren sie, ob die Zinserhöhung der US-Notenbank im Dezember 2015 ein Fehler war. Derzeit sind es aber vor allem die Volkswirte in der Finanzbranche, die eher Panik an den Börsen ausmachen, statt Indizien für einen Abwärtstrend in der US-Wirtschaft zu erkennen. Wenn, dann sind es die Schwellenländer, allen voran China, die den Konjunkturausblick trüben. Dabei ignorieren viele beharrlich, dass die chinesische Konjunktur zuletzt zwar schwach geblieben ist, sich in den vergangenen Monaten aber immerhin stabilisierte. Zugleich heißt es dann gern: In Europa wird die Erholung schon noch langsam voranschreiten und der Arbeitsmarkt stützt weiterhin den Privatkonsum der Amerikaner. Dabei leugnet eigentlich niemand,...

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Egal ob Frankfurt-Bockenheim oder Düsseldorf, Hauptsache die private Konsumnachfrage stimmt…

Wer sich dieser Tage die Prognosen für das nächste Jahr anschaut, stößt immer wieder auf schöne Aussagen über die tolle Binnennachfrage, die das Wachstum in Deutschland stützen sollte, womit die Konjunktur weiterhin aufwärtsgerichtet bleibt. So lesen wir bei der Bundesbank aus Frankfurt-Bockenheim folgenden Satz ihres Präsidenten Jens Weidmann: „Treibende Faktoren sind hierbei die günstige Arbeitsmarktlage und die kräftigen Zuwächse der realen verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte.“ Unsere Gewerkschaftsfreunde vom IMK in Düsseldorf schrieben (pdf) bereits rund zwei Monate zuvor: „Dabei wird verstärkt die Binnennachfrage für ein stabiles Wachstum sorgen. Insbesondere werden die privaten Konsumausgaben – bei abermals deutlich steigenden Realeinkommen sowie der weiterhin positiven Arbeitsmarktentwicklung – einen maßgeblichen Beitrag leisten.“ Nun gibt es zur deutschen Konjunktur eigentlich aktuell nicht viel Neues zusagen, solange Eurostat noch nicht die Nettoanlageinvestitionen der Unternehmen veröffentlicht hat. Deswegen schauen wir einfach kommentarlos, was so passiert, wenn die privaten Konsumausgaben tatsächlich zur wichtigsten Stütze der Wirtschaftsentwicklung werden. Einmal...

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Meine Stimme aus Wien: Angespannter Optimismus

Wer sich die jüngsten Konjunkturmeldungen durch den Kopf gehen lässt, der kann schon einmal ins Grübeln geraten. Da signalisieren Umfragen unter Einkaufsmanagern sowie die Beschäftigtenzahlen, dass die amerikanische Industrie sich bereits in einer Rezession befindet. Die Profitabilität im Unternehmenssektor sinkt ohnehin schon länger. Zugleich bereiten die US-Notenbanker die Marktteilnehmer auf eine Zinserhöhung in der nächsten Woche vor. So, als würde Amerika tatsächlich kurz vor einer überhitzten Konjunkturphase stehen. In Deutschland weist der Trend bei den Neubestellungen von Investitionsgütern deutlich nach unten – die Nachfrage schwächt sich aus allen Teilen der Welt spürbar ab. Im Sommer sanken die privaten Anlageinvestitionen der Deutschen bereits das zweite Quartal in Folge. Die Warenexporte fielen von August bis Oktober um drei Prozent unter das Niveau im Vierteljahr zuvor. Das alles ist jedoch kein Grund zur Sorge für die Fachleute der Bundesbank: Die deutsche Konjunktur werde in den nächsten beiden Jahren zunehmend an Kraft gewinnen, heißt es...

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