Blog

Die absurde Rentendebatte der Jungen Union dreht sich um 0,2% des BIP (Update)

Die aktuelle politische (Phantom-)Debatte in Deutschland dreht sich um folgendes: Die Junge Union möchte wegen 0,2% des BIP die Koalition platzen lassen… Noch absurder: Die kolportierten rund 120 Mrd an Mehrkosten zwischen den zwei Projektionen des Rentenniveaus ab 2032 bis 2040 haben eh keine Relevanz.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat erst vergangene Woche die Projektionen vorgelegt, wonach die Mütterrente III und die bisherige Haltelinie von 48% bis 2031 zu Mehrkosten von 18,6 Mrd im Jahr 2040 führen werden (vgl. Grafik unten). Das gilt dann, wenn Deutschland nicht zum Rentenniveau zurückkehrt, das es ohne die Haltelinie gegeben hätte – was die populistische Forderung der Jungen Union ausmacht. (Herbstfinanzschätzung 2025 für die allgemeine Rentenversicherung und Präsentation und Rede).

Die 18,6 Mrd im Jahr 2040 entsprechen 0,3% des BIP (rund 7000 Mrd), wenn bis dahin das Bruttoinlandprodukt im Schnitt real um 1% pro Jahr wächst und sich die Inflation im Schnitt bei 2% pro Jahr einpendelt. Lässt man die Mütterrente aussen vor, so wie es die Junge Union tut, sind es sogar nur 0,2%. Das ist die einzig relevante Zahl. Die Summe über all die Jahre ist allerdings irrelevant und zweitens deutlich höher, als die Junge Union denkt.

Von 2027 bis 2040 sind es 203 Mrd, und interessanter für die Junge Union: ab 2032 sind es allein 158 Mrd, wie die Zahlen der Rentenversicherung zeigen. (42 Mrd. sind für die Mütterrente, daher kommen die rund 120 Mrd.) Wenn, dann müsste die JU wegen dieser Zahl aus dem Fenster springen; macht sie natürlich nicht, weil auch sie in Wahrheit weiss, was für eine Phantomdebatte sie da führt.

Wie viel werden nun die Bundesmittel bis 2040 steigen? Die Mittel setzen sich in diesem Jahr aus 93 Mrd Zuschüssen und 30 Mrd weiteren Mitteln zusammen. Allein für die Zuschüsse erwartet die Rentenversicherung einen Zuwachs um 73% auf 161 Mrd bis 2040. Aber keine Panik wegen der 73%. Auch hier gilt es, alles im Verhältnis zum BIP zu betrachten. Würden die weiteren Mittel ebenfalls um 73% wachsen, stiegen die Bundesmittel also von 123 Mrd im Jahr 2025 auf 213 Mrd im Jahr 2040. Im Verhältnis zum BIP würde dies bedeuten:

von 2,76% im Jahr 2025 (eine der niedrigsten BIP-Quoten seit Ende der Neunzigerjahre – dank der jüngsten Inflationsjahre, die 2026 konstant bleibt, wie das Ifo heute berichtet hat...)

auf 3,04% im Jahr 2040 (sollten die sonstigen Mittel bei 30 Mrd bleiben, würde die Quote bei 2,73% stagnieren).

Relevanter ist, wie man den Anstieg der Rentenbeträge von 18,6 auf 21,2% und das Absinken des Rentenniveaus auf 46,3% bis 2040 verhindert. Dafür ist aber tatsächlich noch Zeit. Allein die jüngste Projektion des Sachverständigenrats im Jahresgutachten 2023/24 hat eindrucksvoll bewiesen (vgl. Grafik oben) wie man sich gleich im ersten Jahr der Berechnungen um 0,4% des BIP verhauen kann. Vielleicht sollte man da nicht schon im Jahr 2025 um 0,2% des BIP im Jahr 2040 feilschen…

Update (19.11.25, 11 Uhr): Hinzu kommt ein technischer Aspekt, der am Dienstag in der Talkshow von Markus Lanz deutlich wurde. Am Ende musste sogar Hans-Werner Sinn der Aussage von Karl Lauterbach zustimmen: Das Vorhaben der Jungen Union, das Rentenniveau nach 2032 mit einem Schlag um 1 %-Punkt zu senken, würde tatsächlich zu nominal sinkenden Rentenauszahlungen führen. Und das ist gesetzlich ausgeschlossen. Rein hypothetisch könnte man sich einen sanften Übergang zum neuen Rentenniveau vorstellen: Doch das würde vermutlich auch nur zu dem Verlauf (vgl. Grafik oben) führen, wie er jetzt im Gesetzentwurf steht. Vielleicht gäbe es noch kosmetische Verhandlungsmasse ab 2038, damit die Junge Union nicht ihr Gesicht verliert. Das Theater ist es jedoch nicht wert.

Hinweise: Dieser Blogbeitrag basiert zu grossen Teil auf einem ursprünglichen Linkedin-Posting.

Foto: Unsplash


Entdecke mehr von WeitwinkelSubjektiv

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Post a comment

Entdecke mehr von WeitwinkelSubjektiv

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen