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China überholt die USA beim Schuldenmachen

Zur Verschuldung in China gibt es viele Berechnungen und Schätzungen, die mitunter stark voneinander abweichen. Klar ist nur eins, dass außerhalb der Finanzbranche die Schulden der Chinesen explosionsartig seit der Finanzkrise von 2007 bis 2009 gestiegen sind. Wie stark zeigen jetzt neue Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Demnach übertraf die Gesamtkreditvergabe in China im ersten Quartal dieses Jahres erstmals die in den USA, wie meine Recherche für das WirtschaftsBlatts ergab.

Haben sich in den USA alle staatlichen und privaten Haushalte sowie die Unternehmen außerhalb der Finanzbranche Gelder im Wert von 234,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgeliehen, waren es in China 240,4 Prozent. Beide Wirtschaftsräume wurden allerdings vom Euro-Raum übertroffen, wo die Verschuldung bei 259,4 Prozent lag.

Diese Zahlen berücksichtigen allerdings nicht die Vermögenswerte der Schuldner. Steigt die Bruttoverschuldung innerhalb weniger Jahren kräftig, kann dies dennoch Hinweise darauf gegeben, dass es sehr schnell zu vermehrten Zahlungsausfällen und Finanzkrisen kommen kann. So stieg in den USA die private Verschuldung der Unternehmen und Haushalte zwischen dem Jahr 2000 und Ende 2007 um 35 Prozentpunkte auf 165 Prozent des BIP. In China stieg diese Schuldenquote seit Ende 2008 noch stärker: um 82 Prozentpunkte auf zuletzt 198 Prozent des BIP.

In China sind es die Unternehmen

Waren es in den USA vor der Finanzkrise vor allem die Privathaushalte, die sich stark über Immobiliendarlehen verschuldeten, sind in China die Unternehmen, die allein für 63 Prozentpunkte des Schuldenanstiegs stehen. Zusammen mit den Privathaushalten müssen sie bereits 20 Prozent ihres Einkommens für Zins- und Tilgungszahlungen aufbringen, wie eine ebenfalls neue BIZ-Datenbank zeigt. Zum Vergleich: In den USA lag die Schuldendienstquote vor der Finanzkrise bei 18 Prozent, aktuell nur noch bei 14 Prozent.

Um sich noch einmal die Dimensionen zu vergegenwertigen. In Dollar gerechnet wies China Schulden im ersten Quartal im Wert von rund 25000 Mrd. Dollar aus. Das sind 18000 Mrd. Dollar mehr als Ende 2008, bei einer Wirtschaftsleistung (also volkswirtschaftlichem Gesamteinkommen) von rund 46600 Mrd. Dollar in den Jahren 2009 bis 2014. Das heißt, es wurde zwar knapp 40 Prozent des Einkommens gespart, die aber im Land geblieben sind und damit Kredite finanziert haben.

Hinzu kommt der Nettoexport von Erspartem (also der Leistungsbilanzüberschuss), der in dieser Zeit bei 1225 Mrd. Dollar lag. Der macht moderate 2,6 Prozent der chinesischen Einkommen aus. Man kann sich also gut vorstellen, dass Chinas Kreditboom die Weltwirtschaft sicherer gemacht hat, weil die Chinesen relativ weniger Erspartes ins Ausland transferiert haben als vor der Finanzkrise. Allein 2008 waren es noch gut neun Prozent der Wirtschaftsleistung – so wie heute in Deutschland.

Ob der Kreditboom jedoch zu sinnvollen Investitionen und Ausgaben in China geführt hat und wie das Staatssystem jetzt im Abschwung damit klar kommt, wird sich erst noch herausstellen. Voriges Jahr wuchs die Gesamtverschuldung außerhalb der Finanzbranche um 2666 Mrd. Dollar zusammen mit dem Leistungsbilanzüberschuss von 210 Mrd. Dollar entsprach diese Summe 27 Prozent des Einkommens. Ein erheblicher Spielraum für Lohnerhöhungen dürfte also noch drin sein. Vielleicht wäre das ja genau das Konjunkturprogramm, mit dem sich China jetzt durch die nahende globale Rezession retten könnte – was allerdings sehr ungewöhnlich wäre für eine Marktwirtschaft, wenn man das Land denn so bezeichnen möchte.

Die gerne als Zentralbank der Zentralbanken bezeichnete BIZ hat am Wochenende die international vergleichbaren Daten vorgelegt. Dabei wird von den BIZ-Fachleuten bei den öffentlichen Haushalten die Kreditvergabe von staatlichen Stellen untereinander heraus gerechnet. Sonst können Schuldner und Gläubiger auch aus dem selben Sektor stammen. Die Kreditaufnahme umfasst Darlehen auf dem Kapitalmarkt und von Banken.

Foto:Flickr/Thomas Depenbusch/(CC BY 2.0)
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