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US-Aufschwung steht weiterhin auf der Kippe

Die Rezessionsgefahr oder das Risiko, dass die US-Wirtschaft in eine Stagnation abrutscht, ist noch immer nicht gebannt. Das zeigt die zweite Schätzung zu den Wachstumszahlen in Amerika, mit der jetzt auch die Gewinne aus dem zweiten Quartal vorliegen. Bei nichtfinanziellen Unternehmen im Inlandsgeschäft sind sie im Frühjahr zwar kräftig angezogen. Nach drei Rückgängen in Folge stiegen die Profite um 10,6 Prozent im einfachen Quartalsvergleich – im Winter gab es noch einen Einbruch um 7,6 Prozent. Gleichwohl braucht jetzt niemand anfangen, von einem ewigen Aufschwung in den USA zu träumen – das sollte man sowieso nie.

Bemerkenswert ist dennoch, dass mittlerweile die Gewinne wieder 1,4 Prozent über dem Niveau des zweiten Quartals 2013 liegen. Wie wir in den vergangenen Wochen (hier und hier) gesehen haben, sollten wir aber besser auf die durchschnittliche Gewinnquote oder –marge (vor Zinsen und Steuern) schauen. Denn die Veränderungen des Profitanteils am Gesamteinkommen (Bruttoinlandsprodukt) sagt mehr über die konjunkturelle Dynamik aus als einfache Vorjahres- oder Quartalsvergleiche. Die (nominale) Wirtschaftsleistung wuchs seit dem zweiten Quartal 2013 übrigens deutlich stärker als die Gewinne (1,4 Prozent) und zwar um 4,2 Prozent.

140902 US PROFITNETINV

Damit liegt die Gewinnquote weiterhin im roten Bereich, sie sank in den vier Quartalen bis zum Frühjahr um 0,2 Prozentpunkte. Damit dürften wir eigentlich keine große Sprünge mehr bei den Neuinvestitionen erwarten: Der Immobilienmarkt steckt in den USA noch immer in der Depression. Der wichtige Aktienindex S&P500 stieg in dem Zeitraum um 18 Prozent und im Durchschnitt des laufenden Sommersquartals kamen bislang noch einmal 4 Prozentpunkte drauf, so dass es jetzt 22 Prozent sind. Gleichwohl lässt die Dynamik auch hier bereits spürbar nach: von plus 4,8 Prozent im Quartalsdurchschnitt des zweiten Halbjahrs 2013 auf plus 3,6 Prozent seit Anfang dieses Jahres.

Bei sinkenden Gewinnmargen ist das natürlich kein Wunder. Zudem schleusen auch die nachlassenden Anleihekäufe der US-Notenbank weniger Geld in die Aktienmärkte. Noch deutlicher wird die schwindende Kraft der Aktienhausse beim breiter gefassten Russell2000-Index, dessen durchschnittliche Quartalzuwächse von 7,6 Prozent im zweiten Halbjahr 2013 auf nur noch 1,3 Prozent in diesem Jahr absackten.

Bleibt noch die Frage zu klären, warum die Nettoinvestitionen sich in den USA bis zuletzt noch so gut hielten. Zum einen geben Jahresveränderungsraten eher die Dynamik wieder, wie sie ungefähr ein halbes Jahr zuvor zu beobachten war – auch wenn dabei die neuesten Daten miteinfließen. Zum anderen sollten wir nicht vergessen, dass die Gewinnentwicklung in den Unternehmensbilanzen derzeit deutlich aufgebläht sein dürfte. Der Grund dafür sind die Steuervergünstigungen für Abschreibungen, die Ende 2013 ausgelaufen sind.

Das BEA versucht, solche Sondereffekte herauszufiltern. Nach den neuesten Zahlen sind die Bilanzgewinne im ersten Halbjahr um 23 Prozent höher ausgefallen, als die korrigierten ökonomischen Profite, die die Statistiker geschätzt haben. Ein Blick auf die obige Grafik verrät zudem, dass sich die Neuinvestitionen zudem mit der Entwicklung der unkorrigierten Bilanzgewinne bestens decken. Hier liegt die Vermutung nahe, dass ausländisches Kapital in die USA geflossen sein könnte, wobei sich Investoren eventuell an den Bilanzgewinnen orientiert haben, um die Profitabilität der US-Wirtschaft abzuschätzen.

Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die steigenden Nettoinvestitionen (wenn sie denn nicht mehr nachträglich korrigiert werden) einen gewissen Rückkopplungseffekt auf die Gewinne ausüben. Doch für einen kräftigen Aufschwung, der bis in nächste Jahr trägt, dürfte es wohl kaum noch reichen. Schlussendlich bestimmt am Ende doch die Profitabilität die Investitionsneigung und nicht umgekehrt. Vorsicht bleibt daher weiterhin geboten in diesem historisch sowieso sehr eigenartigen Aufschwung in den USA. Solange die Gewinne im roten Bereich bleiben, sollten wir eher damit rechnen, dass die Nettoinvestitionen diesem Abwärtstrend folgen werden.

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