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Hört endlich mit den Lügen auf in Berlin!

Mit ihrer öffentlichen Position bewegt sich die Bundesregierung in der Ukraine-Krise mittlerweile am Rande der Demagogie. Russland wird vorgeworfen, es tue nichts, um seinen Einfluss im Osten der Ukraine geltend zu machen. Kiew dagegen habe erste Schritte unternommen, die Genfer Erklärung umzusetzen, wie die Kanzlerin gestern in Washington noch einmal betonte. Wir wissen nicht, was Frau Merkel dem US-Präsidenten hinter verschlossenen Türen gesagt oder ob sie nicht schon längst aufgegeben hat. Doch wenn wir genau hinschauen, was in den vergangenen zwei Wochen in der Ukraine passiert ist, (und wenn ich hier nicht irgendetwas Gravierendes übersehen habe), dann bleibt für mich nur noch ein Schluss übrig:

Öffentlich lügt die Bundesregierung! Denn die Kiewer Führung war es, die die Genfer Erklärung als Erste gebrochen hat:

1. Es gab keine Amnestie für die politischen Gefangenen, die eine Föderalisierung der Ukraine fordern. Noch wurden Strafverfahren wegen Separatismus eingestellt, die der Generalstaatsanwalt von der nationalistischen Swoboda-Partei eingeleitet hatte. Zum Beispiel gegen den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Oleg Zarjow, dem auch jeder Polizeischutz gegen rechte Schlägerbanden verweigert wurde. (Das steht so zwar nicht in der Erklärung – wäre aber in ihrem Geiste gewesen.)

2. Kiew reagiert mit Gewalt im Osten (Wiederaufnahme der „Anti-Terror-Operation“) nur eine Woche nach dem Genfer Abkommen. Zur Erinnerung: Es war in Genf auch beschlossen worden, dass vom damaligen Status Quo aus keine weitere Eskalation erfolgen soll – von allen Seiten, auch von der Übergangsregierung in Kiew. Das ist ein klarer Bruch der Erklärung, nachdem die zivilen OSZE-Beobachter gerade erst begonnen hatten, mit den pro-russischen Aktivisten zu reden. Auch der Verfassungsdialog hatte noch nicht begonnen.

3. Kiew blockiert noch immer den Verfassungsdialog mit den Politikern, die eine Föderalisierung fordern. Dagegen zieht diese Übergangsregierung weiterhin rote Linien, wonach z.B. Russisch keine Amts- oder Staatssprache werden darf. Völlig unklar ist, was Kiew unter Dezentralisierung versteht und ob es darüber mit den Politikern reden will, die eine Föderalisierung der Ukraine fordern – und nicht nur mit den von Kiew eingesetzten Gouverneuren.

Angesichts dessen ist auch unerheblich, ob die Kiewer Führung Barrikaden auf dem Maidan abbauen ließ oder die von rechten Banden illegal besetzten Gebäude noch schnell mit irgendwelchen Tricks legalisiert wurden. Angesichts dieser drei Punkte, darf sich keiner wundern, dass Moskau die pro-russischen Aktivisten nicht zur Waffenniederlegung auffordert. Und man darf sich auch nicht wundern, dass die Aktivisten seit einer Woche den Konflikt wieder eskalieren lassen. Klar ist damit, dass nicht nur Moskau sondern auch Kiew (mit Rückendeckung der USA) die Durchführung der Wahlen am 25. Mai unmöglich macht (siehe auch erster Punkt). Neue Sanktionsdrohungen gegen Russland mit Blick auf die Wahlen sind einfach nur lächerlich!

Solange Berlin diese drei Punkte verschweigt, kann sich unser Außenminister noch so lange hinstellen und sagen: „Die Tragödie von Odessa muss ein Weckruf sein! Gewalt löst nur Gegengewalt aus. Wenn dem jetzt nicht Einhalt geboten wird, kann der Moment kommen, an dem sich alles nicht mehr stoppen lässt.“ Es nimmt ihm niemand ab. Auch nicht, wenn er fordert: „Deshalb darf von den politisch Verantwortlichen aller Seiten nicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen werden.“ Herr Steinmeier, beziehen Sie doch endlich auch öffentlich klar Stellung und verschweigen sie nicht, wer hier wann eskaliert hat.

Bei allen Fehlern – bewusst oder unbewusst – die Berlin im Assoziierungsprozess der Ukraine an die EU begangen hat. Wer sich weiterhin hinter der „Geschlossenheit der westlichen Verbündeten“ gegen Russland versteckt und öffentlich nur das nachplappert, was Washington vorgibt, der bereitet nur den Weg für den Krieg. Putin muss nicht (mehr) bestraft werden – das Gerede muss endlich aufhören. Lasst die Leute in der Ukraine endlich reden! Lasst sie eine Verfassung auf den Weg bringen (dafür reichen jetzt keine drei Wochen mehr). Erst dann muss und kann es Präsidentschafts- und (!) Parlamentswahlen geben.

Aufwachen, liebe Bundesregierung, bevor es zu spät ist!

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