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Von Äpfeln und Birnen in der FAZ (Steuern und so…)

Wir begehen alle immer wieder Fehler (vor allem wir Menschen Journalisten). Aber zweimal hintereinander den selben Fehler zu machen, das ist dann schon irgendwie blöd oder vielleicht gewollt?

Am Freitag schreibt die FAZ:

„Die Steuereinnahmen steigen weiter kräftig. Im vergangenen Jahr wuchs das Aufkommen um 3,3 Prozent auf mehr als 570 Milliarden Euro, obwohl die Wirtschaft nur um 0,4 Prozent zulegte.“

Ei, ei, ei, das sieht ja irgendwie nach einem überdurchschnittlichen Anstieg der Steuerlast aus. Werden die Deutschen also einmal mehr ordentlich vom Staat geschröpft? Auch am Sonnabend schreibt die FAZ:

„Insgesamt mussten Bürger und Unternehmen 570 Milliarden Euro an Steuern zahlen – und damit 3,3 Prozent mehr als im Jahr 2012. Die Wirtschaft wuchs dagegen nur um 0,4 Prozent.“

Nur zur Info: Um 0,4 Prozent wuchs die deutsche Wirtschaft, weil der Preisanstieg aus den Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) heraus gerechnet wurde. Steuereinnahmen werden jedoch nicht inflationsbereinigt. Deshalb muss man hier zum Vergleich das nominale BIP-Plus von 2,6 Prozent heranziehen – also den Zuwachs der Ursprungswerte „in jeweiligen Preisen“ –  nicht das inflationsbereinigte (oder „real“ genannte) Plus von 0,4 Prozent.

Abgesehen von dieser kleinen „Verwechselung“, von einem überdurchschnittlichen Anstieg der Steuerlast kann auch dann nicht die Rede sein, wenn wir uns anschauen, worauf die FAZ-Kollegen eigentlich hinaus wollten.

Die Zeitung hatte sich am Freitag zunächst gewundert über die ihr vorab vorliegenden Zahlen: Die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer, die vor allem Kapitalgesellschaften zahlen, waren 2013 kräftig gestiegen: plus 15,2 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro. Das sind 3,4 Prozent des gesamten Steueraufkommens bei Bund und Ländern im Jahr 2013. Und die Entwicklung der Körperschaftssteuer sei ja auch von politischer Bedeutung, heißt es weiter. Denn: „Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich wiederholt besorgt gezeigt, dass die Unternehmen Lücken und Widersprüche im internationalen Steuerrecht ausnutzen, um ihre Abgabenlast zu drücken. Die aktuelle Entwicklung deutet zumindest nicht darauf hin, dass die Gestaltungsmöglichkeiten den deutschen Fiskus vor unbeherrschbare Probleme stellen“, schreibt die FAZ am Freitag.

Fairerweise muss hier erwähnt werden, dass die FAZ am Sonnabend die Erklärung aus dem Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums nachreicht. Hier im Original:

„Die Kasseneinnahmen aus der Körperschaftsteuer nahmen im Kalenderjahr 2013 um 15,2 % zu. Die Zuwachsrate des Aufkommens wird durch einige Sonderfälle aus dem Vorjahr beeinflusst, welche die Basis erheblich gemindert haben.“

Aber welche Sonderfaktoren haben den Anstieg bei den Körperschaftssteuern so überzeichnet? In der Tat gab es 2012 starke Schwankungen in den Einnahmen, wie der Monatsbericht ein Jahr zuvor vom Januar 2013 zeigt:

„Die Kasseneinnahmen aus der Körperschaftsteuer nahmen im Berichtszeitraum 2012 um 8,3 % zu. Das Aufkommen war im Jahresverlauf geprägt von einigen Sonderfaktoren, die das Bild der einzelnen Quartale beeinflussten. Während es im 1. und 2. Quartal noch zu Zuwächsen von 120,1 % beziehungsweise 18,5 % kam, gingen die Einnahmen im 3. und 4. Quartal 2012 um 16,4 % beziehungsweise 33,4 % zurück.“

Warum sich gerade die letzten beiden Quartale eines Jahres (hier 2012) so stark auf die Wachstumsrate im folgenden Jahr (also 2013) auswirken können, das haben wir hier bereits erklärt. Angesichts dieser hefitgen Schwankungen haben also Prozentangaben für die Körperschaftssteuern – zumindest im Vergleich einzelner Gesamtjahre – überhaupt keine Aussagekraft (wenn überhaupt, dann sollte man sich hier eher laufende Zwölfmonatssummen anschauen). Jedenfalls liefern die Zahlen keine Anhaltspunkte für einen überdurchschnittlichen Anstieg der Steuerlast im vergangenen Jahr – wie es die FAZ suggeriert.

Viel spannender liest sich dann aber, was das Bundesfinanzministerium im aktuellen Monatsbericht weiter über die Einnahmen des Jahres 2013 schreibt (meine Hervorhebungen):

„Die im Jahr 2013 wirkenden konjunkturellen Einflüsse auf das Körperschaftsteueraufkommen finden ihren Niederschlag in dem leichten Rückgang der Vorauszahlungen um circa 1 %. Die verhaltene Entwicklung der Vorauszahlungen steht wohl im Zusammenhang mit der gedämpften Gewinnsituation der eher exportorientierten großen Kapitalgesellschaften, die durch das schwierige außenwirtschaftliche Umfeld belastet wurden.

Wobei auch hier unklar ist, wie diese Zahlen zu interpretieren sind. Denn wenig später heißt es dann wieder: „Im Gesamtjahr stiegen die Vorauszahlungen insgesamt jedoch um circa 5 % an.“ Was uns das Bundesfinanzministerium damit wohl sagen will: „minus 1 %“ oder doch lieber „plus 5 %„…? Das wir auf den ersten Blick nicht so klar.

Wie auch immer, einfacher wird das „außenwirtschaftliche Umfeld“ derzeit wohl kaum. Denn wie heißt es im aktuellen Monatsbericht auch noch: „Die Vorauszahlungen gingen im Dezember leicht um circa 2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück.“ Hmm, also im Vergleich zum Dezember 2012, als es bereits ein Minus zum damaligen Vorjahreszeitraum von 7 Prozent bei den Vorauszahlungen gab. Ein Boom sieht mit Sicherheit anders aus – Sonderfaktoren hin oder her – wenn wir dem Bundesfinanzministerium hier mal glauben wollen.

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  • Jochen

    Na, immerhin spricht der BDI von „rasanter Dynamik“ und 2% Wachstum (wenn gerade mal der Anlass passt: http://bit.ly/1aTo6p5 ). Das gilt freilich nur unter BDI-freundlichen Voraussetzungen, denn dazu müssen wir freilich zusätzlich „im Jahresverlauf nur noch 1,5 Prozentpunkte erwirtschaften.“ Logisch, denn „wir wollen mehr!“ Schließlich wissen die Industrielobbyisten: „Wir leben in einer Welt, die sich rasant vorwärts entwickelt.“
    So einfach ist das!

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