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Ein Staatsfonds für Deutschland (Daniel Gros und Thomas Mayer)

Daniel Gros und Thomas Mayer haben am Freitag in der FAZ einen Staatsfonds vorgeschlagen. Eine sehr sympathische Idee, wie ich bereits hier fand. Auch ohne die Kombination mit einem neuen „Bündnis für Arbeit“ – es wäre der richtige, der pragmatische Weg, den wir gehen müssen: Denn wir brauchen weniger Markt, jedoch ohne dabei in Elbphilharmonie- oder Flughafenstaatskapitalismus abzurutschen.

Der Staatsfonds wäre in der Tat ein Mittel, mit dem die Deutschen irgendwie ihre Ersparnis sinnvoll anlegen und die Leistungsbilanzüberschüsse reduzieren könnten. Aber machen wir uns nichts vor, weniger Überschuss heißt auch, dass wir weniger exportieren werden. Denn bekommt das Ausland weniger Kredit von uns, kann es zugleich weniger Waren und Dienstleistungen von uns kaufen. Was jetzt zwar nicht so schlimm wäre, aber deswegen wohl auf großen Widerstand in Deutschland stoßen wird. Am Ende bleibt es dennoch eine demokratische Entscheidung der Gesellschaft!

So nebenbei plädiere ich übrigens für Daniel Gros als Nachfolger von Hans-Werner Sinn, wenn der einmal als Ifo-Chef abtritt… (Das Renteneintrittsalter hat Sinn ja ohnehin schon erreicht)… Gros soll ja bereits als DIW-Chef im Gespräch gewesen sein… Es würde unserem Land sicher sehr gut tun, nach Marcel Fratzscher beim DIW den zweiten pragmatischen Ökonomen an ein deutsches Institut zu lotsen…

Zurück zum Vorschlag der beiden Ökonomen: Unser Erspartes würde so in „Unternehmen und öffentlicher Infrastruktur im In- und Ausland“ angelegt werden. Verluste an Auslandsvermögen von 600 Mrd. Euro, wie es das DIW für die vorerst letzte Finanzkrise schätzt, wären damit weniger wahrscheinlich. Das DIW geht übrigens in die gleiche Richtung, auch im Vorschlag der Berliner soll vor allem privates Kapital für Investitionen aktiviert werden.

Mittlerweile haben sich die Verluste an Auslandsforderungen auf nur noch 350 Mrd. Euro reduziert. (Hier meine grafische Schätzung zuvor aus der Kapitalbilanz – ohne Bundesbank und Staat.) Warum sich Gros und Mayer zunächst nur auf die Forderungen der Bundesbank und des Staates konzentrieren, bleibt zwar eher rätselhaft. Aber lesen wir doch die wichtigsten Passagen ihres lesenswerten Gastbeitrags in der FAZ:

„Die Auslandsforderungen der deutschen Bundesregierung und der Bundesbank entsprechen den Devisenreserven eines Landes mit einem festen Wechselkurs, sind aber im Gegensatz zu normalen Devisenreserven extrem illiquide. Zur Verbesserung der Rendite und Liquidität könnten sie in einen Staatsfonds überführt werden. Erreicht würde dies dadurch, dass ein zu gründender deutscher Vermögensbildungsfonds im Inland langlaufende Anleihen zur privaten Altersvorsorge mit einem garantierten positiven Realzins anbietet.

Damit die Garantien des Staatsfonds langfristig nicht im Trend relativ zum Bruttoinlandsprodukt wachsen, könnte sich der Realzins am deutschen Potentialwachstum von etwa einem Prozent pro Jahr orientieren. Darüber hinausgehende Anlageerfolge könnten den Sparern als Boni gutgeschrieben werden. Bei Eintritt in den Ruhestand würde dann das Altersvorsorgevermögen zur Aufbesserung der staatlichen Rente graduell abgebaut.

Die aufgenommenen Mittel würde der Fonds langfristig in Beteiligungen an Unternehmen und öffentlicher Infrastruktur im In- und Ausland anlegen. Die globale Allokation der Mittel könnte sich an der Größe des Bruttoinlandsprodukts der Länder orientieren. Ein Teil des Vermögens würde als Reserve für Auszahlungen in liquiden Euroanlagen gehalten.

Da der Vermögensfonds wegen seiner größeren Möglichkeit zur Diversifizierung und seines längeren Anlagehorizonts die mit Anlagen in Unternehmensbeteiligungen und Infrastrukturprojekten verbundenen höheren Risiken besser tragen kann als der Privatinvestor, kann er diesem die einem Aktienportfolio entsprechende Rendite bei dem einem Rentenportfolio entsprechenden Risiko bieten.

In Deutschland könnte der Vermögensbildungsfonds Geld zum Ausbau der Infrastruktur im Energie- und Verkehrsbereich bereitstellen und dadurch die heimische Investitionsquote erhöhen. In den anderen Euroländern könnte er mehr langfristiges Eigenkapital für Unternehmen zur Verfügung stellen und deren Abhängigkeit von knappen und zurzeit teuren Bankkrediten verringern.

Auf globaler Ebene könnte er schließlich durch eine diversifizierte Anlage der deutschen Überschussersparnisse in Aktien und andere Unternehmensbeteiligungen für eine Verringerung des Aufwertungsdrucks auf den Euro sorgen.

Zusammengenommen würde so erreicht, dass durch eine Stärkung der Investitionen im Inland der deutsche Leistungsbilanzüberschuss verringert, durch eine Erhöhung des Produktivkapitals in anderen Ländern des Euroraums das Wachstum und die Fähigkeit zur Rückzahlung der Schulden an Deutschland verbessert, und durch eine langfristig und international diversifizierte Kapitalanlage die Rendite auf das deutsche Auslandsvermögen gesteigert wird. Auch wäre die Gefahr geringer, dass mit deutschem Kapital im Ausland zukünftig wieder staatliche Überschuldung und Immobilienpreisblasen finanziert würden.“

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  • fali

    Ich finde den Vorschlag auch sympathisch – nur eine Anmerkung zu den Krediten: Es ist nicht notwendig, dass wir weniger exportieren, denn die anderen Länder sind gar nicht unbedingt auf deutsche Kredite angewiesen sind, um deutsche Waren zu kaufen.

    In Europa war es vielmehr so, dass das Gros der Kredite an die heutigen Krisenländer nicht von deutschen, sondern von französischen Banken vergeben wurde – das Geld haben die Leute zwar dann für deutsche Importe und nicht französische Importe ausgegeben; die französischen Banken haben sich aber trotzdem über die Zinsen gefreut (und ärgern sich mächtig über die Krise…).

    Wenn die Deutschen übrigens Dollar als Zahlungsmittel für ihre Warenexporte akzeptieren (was bestimmte Unternehmen sicher tun, etwa, um dann ihr Öl einkaufen zu können), reicht es, dass etwa Chinesen ihre Dollarreserven abbauen oder Amerikaner einfach gedruckte Dollar verwenden, um deutsche Waren zu kaufen.

    Kurz: Wenn wir unser Vermögen im Ausland auflösen oder unsere Exporterträge für Importe verwenden, muss niemand automatisch weniger Kredit bekommen und die deutschen Exporte dementsprechend auch nicht sinken.

    Hier (FTD ist ja nicht mehr online) hatte ich das mal detaillierter aufgeschrieben: http://fbkfinanzwirtschaft.wordpress.com/2011/05/24/die-mar-vom-deutschen-kapitalabfluss/

  • André Kühnlenz

    @fali

    Gut, was muss denn passieren, damit die Exporte nicht unbedingt sinken, wenn Deutschland versucht seinen Leistungsbilanzüberschuss bewusst zu reduzieren. So plausibel das Argument auch sein mag, dass die Kritik an den Überschüssen nicht auf die Exportstärke sondern auf die Importschwäche abzielt: Ausschließen können wir nicht, dass ein sinkender Exportüberschuss auch mit sinkenden Exporten einhergeht. Deswegen ist es in meinen Augen ein schwaches Argument.

    Gehen wir einmal davon aus, dass ein bewusster Überschussabbau am ehesten durch ein Investitionsprogramm/Staatsfonds passieren könnte. Auf Lohnerhöhungen, so notwendig sie auch sein mögen, brauchen wir wohl kaum hoffen. Deutschland hatte vergangenes Jahr einen Exportüberschuss von 160 Mrd. Euro. Mal angenommen, davon fließen 30 Mrd. Euro nicht als Kapitalexport ins Ausland, sondern sie werden im Inland ausgegeben für heimische Vorleistungs-, Konsum- und Investitionsprodukte und sowie für Importe.

    Dann würde das Ausland mit einem Schlag 30 Mrd. Euro weniger als Kredit bekommen, mit dem es zum Beispiel in Deutschland Produkte kaufen könnten. Das muss natürlich nicht heißen, dass dies sofort eins-zu-eins auf deutsche Exporte durchschlägt. Zwischendurch werden vielleicht auch weniger französische Autos gekauft, was zu weniger Einkommen in Frankreich und dort zu weniger Importnachfrage nach deutschen Maschinen führt. Über den Zweitrundeneffekt bekommen es am Ende dann doch die deutschen Exporteure zu spüren.

    Auch wenn Frankreich vor der Krise die meisten Kredite an die heutigen Krisenländer vergeben hat, waren die Franzosen ihrerseits seit 2005 auf Refinanzierung vor allem aus Deutschland angewiesen und sie sind es noch heute. Von 2005 bis 2012 hat Frankreich ein Leistungsbilanzdefizit von 250 Mrd. Euro in der Summe angesammelt. In Spanien kamen von 1999 bis 2012 eine Summe von 600 Mrd. Euro zusammen. Ob am Ende die Franzosen oder die Spanier die deutschen Autos auf Pump gekauft haben, spielt im Endeffekt keine Rolle. Bezahlt haben am Ende immer die Deutschen, mit den rund 1,5 Billionen Euro Kapitalexport von 2001 bis 2012. (Dass mittlerweile die Krisenländer auf Überschüsse zusteuern, lassen wir hier einmal außer Acht…)

    Zurück zu den 30 Mrd. Euro… Auf einen Schlag sinken die deutschen Exporte also von 1380 Mrd. Euro auf 1350 Mrd. Euro. Wenn wir ein Sechstel für Importe ausgeben – also rund 5 Mrd. Euro – dann steigen die Importe von rund 1220 auf 1225 Mrd. Euro. Und statt eines Exportüberschusse von 160 Mrd. Euro hätten wir nur noch einen von 125 Mrd. Euro. Der Überschuss wird natürlich noch mehr sinken, weil die 30 Mrd. Euro – die jetzt zuhause ausgegeben wurden – auch zu mehr Einkommen in Deutschland führen, was die Importnachfrage noch stärker anziehen lässt. Nur wenn dieses zusätzliche Einkommen die 30 Mrd. Euro ursprünglichen Kapitalexports komplett ersetzt und wieder als Kredit ins Ausland fließt, würden die deutschen Exporte nicht sinken.

    Oder? Ist das überhaupt möglich?

  • sirop

    Positive real returns can be expected in the long run based on positive real global growth.

    With the DESWF channelling a significant part of German excess savings outside the Eurozone, the euro would depreciate.
    http://www.voxeu.org/article/german-sovereign-wealth-fund-save-euro

    Wenn der Euro abwertet, wie sollen dann die deutschen Exporte sinken?

  • André Kühnlenz

    @sirop

    In der Version der FAZ steht explizit, dass der Fonds im Inland und dann im Euroland investieren soll. Siehe den von mir zitierten letzten Absatz. Da hat es wohl einen Meinungsumschwung bei den beiden Herren gegeben. Jetzt reden sie auch nur noch von geringerem Aufwertungsdruck (im Absatz davor). Die Abwertung des Euro scheint als nicht mehr so das primäre Ziele zu sein…

    Einziger Kritikpunkt bleibt: Dass sie nur die Auslandsforderungen der deutschen Bundesregierung und der Bundesbank im Blick behalten. Dabei liegen die Nettoauslandsforderungen der Unternehmen, Banken, Privathaushalte (ohne Direktinvestitionen) aktuell bei 1,1 Bio. Euro. Und genau da müssen wir ansetzen, finde ich zumindest…

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