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Nachtrag Exporteuropameister: Ist die Welt so dumm und kauft überteuerte spanische Güter?

Am Wochenende fand eine interessante Diskussion zum vorherigen Beitrag hier im Blog statt. Zwischen Thorsten Hild von der sehr lesenswerten Seite www.wirtschaftundgesellschaft.de (da sollte man ruhig regelmäßig vorbeischauen) und mir.

Konkret schrieb Thorsten auf seiner Seite und später diskutierten wir auf Facebook. Seine Meinung war – kurz zusammengefasst -, dass erst die Entwicklung seit 1999 zeigen würde, wie die Länder im Euroraum auseinander gedriftet sind. Womit er natürlich völlig recht hat. Aber er meint auch, das würde dann erklären, warum Länder wie Spanien ihre Preise und Löhne senken müssen (abwerten) und Deutschland umgekehrt aufwerten müsse. Daran zweifle ich jedoch weiterhin – zumindest mit Blick auf Spanien oder auch Portugal.

Ich bleibe bei meiner Einschätzung. Die Export- und Lohnentwicklung seit 1999 erklärt zwar die Ursache der Krise. Sie erklärt jedoch nicht, welchen „Anpassungsbedarf“ es noch geben könnte. Gerade mit Blick auf Spanien bedeutet die These von Hans-Werner Sinn doch nur eins: Die ganze Welt ist so dumm und kauft tatsächlich überteuerte spanische Güter und Dienstleistungen – wie die Exportzahlen eindrucksvoll zeigen. Und wenn die Welt schon so dumm ist und in Spanien einkauft, warum sollen die Spanier dann überhaupt ihre Preise senken?

Unter großen Opfern zum Exportüberschuss

Oder aber die Güter und Dienstleistungen aus Spanien sind gar nicht so überteuert, wie es immer wieder vermutet wird. Sinn schaut auf das gesamte volkswirtschaftliche Preisniveau (BIP-Deflator) und folgert mechanistisch und wohl etwas oberflächlich: Was früher raufgegangen ist – muss jetzt auch wieder runtergehen. So etwas kann jeder Bankanalyst mit einer Excel-Tabelle in wenigen Minuten zusammenrechnen. Bei mir bleiben da aber eher Fragen offen: Vielleicht sollte ein Ökonom auch einmal schauen, welche Kapazitäten diese Krise bereits zerstört hat? Eine Branchenanalyse fehlt bei Sinn völlig. Die Forschungsressourcen wären doch im Ifo-Institut eigentlich dafür vorhanden.

Jetzt erwirtschaftet Spanien also einen Exportüberschuss (nach großen Opfern). Damit kann es wohl ohne Problem seinen Schuldendienst im Ausland leisten. So groß der Schuldenberg der Unternehmen auch sein mag, sie kommen damit erst einmal klar. Zumal keine deutsche Bank in naher Zukunft die Spanier wieder auf Pump leben lassen wird. Halbwegs vernünftige Wachstumsraten sind allerdings ohnehin erst wieder absehbar, wenn es einen Schuldenschnitt gibt, die Banken ihre faulen Kredite losgeworden sind und sie großzügig kapitalisiert sind.

Sind die Spanier auch so dumm?

Ein Punkt wurde bisher ausgelassen. Kann es sein, dass spanische Güter wenn schon nicht im Ausland so doch im Inland zu teuer sind? Besonders wenn ausländische mit einheimischen Herstellern um die Gunst der Spanier konkurrieren. Diese Frage ist allerdings nicht einfach zu beantworten. Was wir aber wissen: Der Import schrumpft seit Beginn der Austeritätspolitik, Mitte 2011, schneller als der inländische Konsum und die Investitionen zusammen. Sind die Spanier also auch so dumm wie die Ausländer und kaufen lieber zu teure heimische Güter?

Apropos Schrumpfen. Spaniens Statistikamt hat erst vor wenigen Tagen darauf hingewiesen. Die Binnenkrise hat sich zuletzt weiter verschärft und das obwohl die Jahresrate der BIP erstmal seit 2011 wieder gestiegen bzw. weniger negativ ausgefallen ist. Kein Wunder bei 26 Prozent Arbeitslosigkeit.

Bildschirmfoto 2013-08-11 um 23.21.20Quelle: INE

Das Amt schreibt (meine Hervorhebung): „The GDP annual variation in the second quarter 2013 was –1.7%, as compared to the –2.0% registered in the first quarter. This result was basically caused by a more negative contribution in the domestic demand, which was compensated partially by a positive contribution of the external demand.“

Wer die vergangenen zwei Jahre nicht verschlafen hat, weiß natürlich, was diese (Binnen-) Rezession ausgelöst hat: nicht zu teure Güter, sondern die Austeritätspolitik. Doch die läuft langsam aus, wie es scheint – dazu dann mehr im nächsten Beitrag. Die Regierung in Madrid führt ihr Defizit seit Anfang des Jahres wieder behutsamer zurück (ungefähr so wie bis in den Sommer 2011 hinein) und schon sinkt seit dem Frühjahr die Arbeitslosigkeit. Was für ein Wunder aber auch!?

Wer aber meint, die Regierung solle wieder rabiat Ausgaben senken und Einnahmen erhöhen – und somit wieder Druck auf Löhne und Preise ausüben -, der will auch, dass die Arbeitslosigkeit wieder steigt. Oder der hofft auf das nächste Kreditmonster, das vorbeikommt und spanische Güter schluckt wie ein Staubsauger. Woraufhin dann viele Spanier einen Billigjob in der Exportindustrie und sonst wo finden und die Unternehmen ganz schnell ihr Schulden abbauen können.

Hmm… Das kennen wir doch irgendwoher…

 

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