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Geht es ohne Schuldenschnitt in Spanien?

Zu Recht weisen viele Ökonomen darauf hin, dass in modernen Volkswirtschaften die Privatschulden (von Unternehmen und Haushalten) eine der wichtigsten Größen ist, auf die wir achten müssen. Was nach dem 2. Weltkrieg in Ländern wie Deutschland noch gut ging, einfach die Kreditaufnahme in acht Jahren verdoppeln – das geht halt nur so lange gut, wie die sich Schulden noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau (im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung) immer wieder einpendeln.

Interessant ist dabei die Frage, ab welchem Niveau die Privatschulden zu hoch für eine Volkswirtschaft werden können. Die EU hat in ihrer Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte eine Grenze von 160 Prozent des BIP festgelegt und zwar für alle Länder der EU. Diese Schwelle ist jedoch lächerlich, weil sie komplett die nationalen Gewohnheiten bei der Schuldenaufnahme ignoriert.

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Wenn in Deutschland bei 135 Prozent des BIP Anfang des Jahrtausends Schluss war, muss dies jedoch noch lange nicht für Länder wie Spanien gelten, wo krisenbedingt erst bei 228 Prozent im Jahr 2010 der Höhepunkt erreicht wurde. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, wie die Darlehen ausgestaltet sind. Ob die Kreditzinsen über die gesamte Laufzeit fix sind oder ob sie sich mit den Markzinsen verändern. Zugegeben, eine Grenze festzulegen, die für alle Länder gelten kann, dürfte einfach unmöglich sein.

Genauso schwierig ist es zu sagen, wo das „richtige“ Niveau für nur ein Land liegt. Konkret: Welchen Schuldenstand Unternehmen und Haushalte nach einem Kreditboom gerne anstreben würden. Wann ist das Ende des Schuldenabbaus erreicht, noch nicht einmal deutsche Unternehmen haben den Einheits- und New Economy-Boom verdaut, wie es scheint? Bislang fiel die private Schuldenquote in Spanien „nur“ auf 216 Prozent – also um 12 Prozentpunkte innerhalb von zwei Jahren. Deutschland brauchte für 15 Prozentpunkte Schuldenabbau vor der Finanzkrise fast genau vier Jahre, wobei hier die Unternehmen allerdings auch von sinkenden Reallöhnen profitierten.

Doch kann dies auch weiterhin das richtige Rezept für Spanien sein, wo die offizielle Arbeitslosenquote bereits auf 27 Prozent gestiegen ist? Nur einmal angenommen, die 160 Prozent der EU-Kommission wären die „richtige“ Schuldengrenze für Spanien, dann müsste das Land immer noch 56 Prozentpunkte im Verhältnis zu BIP abbauen – was mehr als der Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. (Update: Selbst wenn wir die 50 Mrd. Euro abziehen, die mittlerweile in der Bad Bank Sareb gelandet sind, blieben immer noch 55 Prozentpunkte übrig, wobei es sich bei den 50 Mrd. Euro noch nicht einmal allein um Kredite handelt.)

Wie soll der Schuldenabbau also voranschreiten ohne Schuldenschnitt? Wahrscheinlich wartet Berlin noch ab, bis sich auch die letzten deutschen Investoren und Banken aus Spanien verabschiedet haben – Häusern bei denen sich die iberischen Geldhäuser über Jahre zuvor refinanziert hatten.

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