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Erst die Förderbanken, dann die EZB? – Weidmann und die Kreditklemme

Auf der Jahresbilanzpressekonferenz der Bundesbank hat Michael Steen von der FT die wichtigste und interessanteste Frage gestellt. Dabei ging es darum, ob die EZB angesichts der schwierigen Finanzierungsbedingungen für kleinere und mittlere Unternehmen etwa in Italien und Spanien aktiv werden sollte. Deswegen schauen wir einmal genauer (oder hören es uns an), was Jens Weidmann darauf zu antworten hatte:

Die Finanzierungskosten, das haben Sie richtig beschrieben, aber auch die Kreditvergabe im Euro-Raum ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich, was mit verschiedenen Faktoren zusammenhängt. Es ist sicherlich so, dass die notwendigen Deleveraging-Prozesse, die in den einzelnen Ländern auch stattfinden und stattfinden müssen, die sind ja auch politisch gewollt, einen Einfluss auf das Kreditangebot ausüben.

Okay, dass Regierungen ihre Verschuldung abbauen, ist politisch gewollt. Streit gibt es nur darüber, wie schnell der Schuldenabbau vorangehen sollte. Aber wie sieht es mit dem Privatsektor aus, also den Unternehmen und den Haushalten:

130313 VERSCHULDUNG

Dass die Italiener keine Darlehen mehr bekommen, dürfte also nicht an ihrer Verschuldung liegen. Was sagt Weidmann weiter?:

Auf der anderen Seite ist es sicherlich auch so, dass sich in den Finanzierungsbedingungen die unterschiedlichen konjunkturellen Situationen, in denen sich die einzelnen Länder befinden, auch widerspiegeln. Also ein Land in einer tiefgreifenden Rezession hat sicherlich andere Finanzierungskosten als ein Land, das in der Nähe der Vollbeschäftigung operiert. Und insofern ist es mir wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Unterschied in den Finanzierungskosten auf eine politische Handlungsnotwendigkeit hinweist.

Wenn Banken in der Rezession vorsichtiger werden bei der Kreditvergabe, ist das sogar sinnvoll und wünschenswert – auch wenn viele Unternehmen über die strengeren Kreditbedingungen klagen. Nur Weidmanns Vergleich mit Ländern wie Deutschland zieht nicht so richtig. In Frankreich mit einer Eurostat-Arbeitslosenquote von 10,6 zahlen Mittelständler 2,13 Prozent für kleine, kurzfristige Neukredite und in Italien mit 11,7 Prozent Arbeitslosigkeit sind es 4,36 Prozent. Ist es nicht der Sinn von Zinssenkungen in der Rezession, dass sie von den Banken weitergegeben werden?

Immerhin erkennt Weidmann, zwar etwas verklausuliert, aber immerhin an, dass es in einzelnen Ländern durchaus starke Hinweise auf eine Kreditklemme gibt:

Jetzt haben Sie gleichzeitig darauf hingewiesen, dass diese Unterschiede besonders ausgeprägt sind im Bereich der kleineren und mittleren Firmen, die ja auch noch das zusätzliche Thema haben, dass sie sich im Gegensatz zu den größeren Unternehmen, nicht am Kapitalmarkt finanzieren können, was ja während der letzten Monate durchaus einen gewissen Ausgleich in der Finanzierung der Unternehmen dargestellt hat. Und das macht ja den Hintergrund der politischen Diskussion aus, die derzeit stattfindet.

Genau, zumindest in Italien gibt es die Nachfrage, die die Banken nicht mehr bedienen bzw. für einige Konzerne noch in Form syndizierter Großkredite vergeben. Doch was ist zu tun? Weidmann weiter:

Ich bin eher skeptisch, ob wir mit geldpolitischen Instrumenten die unterschiedlichen Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand in einzelnen Ländern auffangen könnten und sollten. Aus den Gründen, die ich eben genannt habe, weil die Bestimmungsfaktoren für die Zinsunterschiede eben auch außerhalb unseres Einflusses liegen und es sicherlich nicht so ist, dass selbst wenn die Fragmentierung der Märkte überwunden ist, die Finanzierungskosten und die Finanzierungsbedingungen in den einzelnen Ländern für jeden gleich sind und gleich sein sollten.

Auch das ist ein verständlicher Hinweis. Doch niemand möchte, dass die Zinsen sich komplett angleichen. Nur gibt es durchaus deutliche Hinweise, dass die Zinsen in Italien eben zu hoch sind. Dazu möchte ich hier noch einmal eine Grafik bringen, die ich schon einmal veröffentlicht hatte:

130302 ZINS ALQ IT FRWenn es also tatsächlich diesen Zusammenhang gibt, wie er in der Grafik dargestellt ist, sollte der Zinsabstand zwischen Italien und Frankreich doch eher bei 1,5 Prozentpunkten liegen und nicht bei 2,2 Prozentpunkten, wie aktuell.

Es folgt ein nicht zu hörender Hinweis von Michael Best, dem Pressesprecher der Bundesbank. Woraufhin Weidmann sagt:

Förderbanken zum Beispiel haben genau den Auftrag, diese Aufgabe zu erledigen. Sofern sehe ich bei dieser Diskussion weniger die Notenbank gefordert, als vielmehr die einzelnen Förderbanken in den jeweiligen Ländern.

Auffällig ist, dass Weidmann von „eher skeptisch“ und davon redet, dass „weniger die Notenbank“ gefordert sei. Das sind relativ schwache Aussagen und sie beziehen sich vor allem auf die klassischen geldpolitischen Instrumente wie Zinssenkungen. Das könnte man auch so interpretieren, dass zunächst die Regierungen alles über ihre Förderbanken versuchen sollten und wenn das auch nicht hilft, die EZB im äußersten Notfall doch eingreifen könnte. In diesem Sinne sind dann vielleicht auch die jüngsten Kommentare von Draghi und anderen EZB-Direktoren zu verstehen.

Doch was kann die EZB tun? Sicher werden Zinssenkung nicht mehr helfen, das hat Weidmann zu Recht betont, wenn die Banken die geringeren Zinsen nicht weitergeben. Da muss den Banken wahrscheinlich doch direkter geholfen werden, indem etwa faule Kredite vorübergehend aus der Bilanz genommen oder ähnliche Programme aufgelegt werden. Die Vorsorge der italienischen Banken dafür ist jetzt schon zu gering. (Sind die faulen Kredite nicht auch Folge der zu harschen Austerität?) Ob die Förderbanken allein noch wesentlich helfen können, ist eher fraglich und dürfte vermutlich zu lange dauern, um den Absturz aufzuhalten. Es sei denn eine wundersame Konjunkturwende tritt doch noch ein, aber woher soll die kommen? Ohne die EZB wird es wohl nicht gehen.

Update: Eine weitere Möglichkeit, die helfen könnte: Investoren umgehen die Banken und verleihen direkt ihre Mittel an die Unternehmen, wie die FT heute schreibt (via Google).

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