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Kreditklemme in Italien und Spanien: Warten auf Draghis nächsten Knall

Ein eigenartiges Rätsel hat Mario Draghi den Journalisten am Donnerstag mit auf den Weg gegeben. So richtig wollte er es auf der Pressekonferenz nicht zugeben: Die klassische EZB-Geldpolitik versagt in Italien und Spanien völlig, die dortigen Banken geben die Minileitzinsen nicht an die Firmen weiter. Im Gegenteil, die Kreditzinsen entfernen sich immer stärker von denen in Frankreich oder Deutschland, als hätte es nie eine Gemeinschaftswährung gegeben. Industrieverband und Notenbank in Italien warnen eindringlich vor Kreditklemme und Kreditnotstand. Doch noch schlimmer als in Italien (-3,2%) sieht die Jahresrate in Spanien (-11,4%) aus  – hier die aktuellsten Kreditflussdaten für die Unternehmen.

Aber woran liegt es, dass die Kreditkosten im Euroland so stark auseinander driften, die „dispersion of lending rates“ also zunimmt. Liegt es an den Banken oder der zu harschen Austerität in vielen Ländern? Man hätte gerne mehr dazu von Draghi erfahren. Wahrscheinlich hat sich beides mittlerweile gefährlich aufgeschaukelt. Immerhin war die Zinsdrift ein wichtiger Punkt, mit dem er dem überkritischen Publikum gerade in Deutschland im Sommer noch erklärte, wie nötig es sei, dass die EZB mit unbegrenzten Anleihekäufen notfalls bereit stehe – und zwar zu Recht!

Doch am Donnerstag sagte er so rätselhafte Sätze, wie den hier: „The dispersion of the lending rates of the various countries, the median dispersion, is now lower than it was in the first six months of last year. Now, it has not declined by as much as dispersion on the funding side. That has gone down by much more. But nevertheless, we are seeing signs that it is improving.“ Ach ja, tatsächlich?

130319 ECB COV

Öfter wurde hier im Blog bereits erwähnt, wie die EZB das Auseinanderdriften der Kreditzinsen misst. Sie schaut dabei auf etwas, was erst einmal schrecklich technisch klingt: den Variationskoeffizienten (das ist die Standardabweichung der Zinsen dividiert durch deren Mittelwert). Wenn stimmt, was Draghi sagt, hätte die dickere rote Linie in der Grafik eigentlich zuletzt sinken müssen. Dies hätte uns gezeigt, dass sich im Vergleich zu Anfang 2012 tatsächlich etwas verbessert hat. Was auch immer Draghi mit seinen Sätzen meinte: Die anhaltende Zinsdrift im Euro-Raum spricht eher dafür, dass sich die Misere ungebrochen verschärft hat.

Auffällig ist, wie sehr und wie oft Draghi und auch Jörg Asmussen seit Ende Februar das begrenzte Mandat der EZB betonen. Und klar, da darf die Bundesbank mitten in der laufenden EZB-Pressekonferenz mit einem Tweet nicht fehlen:

 

Bereits in München sagte der EZB-Chef: „Wir können strauchelnden Banken nicht wieder auf die Beine helfen. Wir können nicht die tief verwurzelten strukturellen Probleme der Volkswirtschaften in Europa lösen. Unsere Währungsunion wurde bewusst so ausgestaltet, dass derartige Maßnahmen den gewählten Regierungen der Mitgliedstaaten vorbehalten sind.“

Klingt fast wie ein verzweifelter letzter Aufruf an die Regierungen, wie wir ihn schon vor jedem Anleiheaufkaufprogramm so oft gehört haben. Doch wie sollen Madrid oder Rom jetzt noch ihre Banken retten? Es wird wieder allein auf die EZB hinauslaufen – und zwar noch bevor die Bankenunion kommt. Denn die muss natürlich sehr, sehr gründlich vorbereitet werden. Ist doch klar, wir sind die Deutschen, daran ändert sich auch nichts in dieser Krise: An Provisorien darf erst gar nicht gedacht werden. Reden wir lieber noch ein wenig über Clowns und verwirren alle mit Euro-Austrittsgedanken, bevor Regierung und Opposition endlich aufwachen, falls sie denn überhaupt noch von allein aufwachen vor der Bundestagswahl. Der Wecker ist jedenfalls gestellt!

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