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Gute Zinsen, schlechte Zinsen

Irgendwie mag wohl niemand so richtig glauben, was gerade in Euroland vor sich geht. Soll das plötzlich alles vorbei sein mit der Schuldenkrise – überall reden alle nur noch von Entspannung oder sogar von einer „EURphoria“. Höchstens noch eine ungezügelte Euro-Aufwertung erscheint als Schreckgespenst am Horizont. Sonst haben sich die Anleger an den Anleihemärkten beruhigt, und auch die Unternehmen in einigen Krisenländern fassen langsam wieder Tritt.

Dabei hat EZB-Chef Mario Draghi eigentlich noch eins drauf zu setzen, wenn er am Donnerstag nach der EZB-Ratssitzung vor der Presse tritt: Endlich kommt seine Londoner Garantieerklärung vom Sommer 2012 auch in der Realwirtschaft an – also bei den Unternehmen. Besonders in Spanien dürften die Firmen sehr erleichtert sein, dass sie wieder deutlich günstiger an frische Kredite kommen. Schauen wir uns – wie schon im Januar – die Lieblingszinsen von EZB-Direktor Jörg Asmussen an. Die hat er immer dann hervorgeholt, wenn er seinen Zuhörern zeigen wollte wie sehr hier alles auseinander fliegt im Finanzsystem des Eurolands – damals im Sommer und Herbst 2012.

ZinsMittelKlein

Mussten spanische Mittelständler im August für neue Darlehen (Laufzeit ein bis fünf Jahre und bis 1 Mio. Euro) im Schnitt noch 6,61 Prozent zahlen, waren es im Dezember nur noch 5,15 Prozent – ein beeindruckender Rückgang und bereits deutlich weniger als bei der Konkurrenz in Italien mit 5,55 Prozent. In Deutschland ging es im zweiten Halbjahr knapp einen halben Prozentpunkt runter auf 3,56 Prozent. Und so kommt es auch, dass die Zinsabstände zwischen den großen Länder deutlich zurückgegangen sind (siehe die graue Fläche in der Grafik – das ist der Variationskoeffizient, der hier erklärt wurde) – der letzte Wert als runder Punkt markiert, weil er sonst von der Zinsen verdeckt wird.

ZinsKurzKlein

Nicht ganz so stark zeigt sich die Entspannung bei den kurzfristigen Kleinkrediten. Nach einem Hin und Her im vergangenen Herbst nähern sich die Zinsen zwischen den großen Euro-Ländern jedoch auch hier wieder leicht an. Gemessen am Variationskoeffizienten müssen sich die Zinsen aber noch ein ganzes Stück annähern – Ende 2012 machte er das Doppelte von dem aus, was in den Jahren vor der Finanzkrise gemessen wurde.

Zweifellos sind das dennoch gute Nachrichten für Euroland. Allerdings ist der Abschwung in den Peripherieländern noch nicht vorbei. Auch die Banken drosseln bereits das Tempo ihrer Rückzahlungen an die EZB. Politische „Risiken“ lauern zudem nicht nur in Zypern. Auch darauf dürfte Draghi am Donnerstag aufmerksam machen und damit verbal etwas Luft aus der jüngsten Euro-Rally lassen.

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  • Stephan Ewald

    Alles schön und gut. Aber was nützt die Rückkehr zur Zinsharmonie im Euroland wenn der Non-MFI Sektor keine Kredite nachfragt?

  • André Kühnlenz

    Schon klar… Ich hab nicht behauptet, dass alles schön ist in Euroland… Für ein Ende der Rezession sollten jetzt vor allem die Regierungen etwas tun…

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