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“Eisberg voraus” auf dem Target-Dampfer

Die Schuldenkrise zwingt uns mittlerweile in die Tiefen der Zahlungsverkehrs im Euro-Raums zu schauen, wie es sich vor Jahren wohl niemand vorgestellt hat. Selbst der Steuerzahlerbund springt jetzt etwas arg wirr auf die Kampagne auf, die Hans-Werner Sinn vor mehr als einem Jahr gestartet hat. Wenn wir optimistisch wären, könnten wir jetzt hoffen, dass die Target-Debatte ihren Höhepunkt erreicht hat, wenn jetzt schon der Steuerzahlerbund sein Leid klagt…

Bleiben wir also lieber pessimistisch: Denn Sinn verbreitet mit seiner Target-Interpretation weiterhin nur noch Angst und Schrecken. Damit schürt er jedoch genau das Gegenteil dessen, was wir jetzt brauchen, damit die Target-Forderungen bei der Bundesbank sinken. Denn die Target-Forderungen (mein Tipp: sie liegen bei der Bundesbank längst irgendwo zwischen 700 und 800 Mrd. Euro) gehen nur dann zurück, wenn deutsche Banken wieder anfangen, unser Erspartes im Süden und Westen des Euro-Raums anzulegen und die Geldhäuser im Rand des Währungsraums aufhören, Fluchtgelder nach Deutschland zu überweisen. So in etwa hat es Paul De Grauwe formuliert, als er heute in Berlin mit uns gesprochen hat.

Interessanterweise hat kürzlich Ex-EZB-Banker Bini Smaghi darauf hingewiesen, dass auch die Finanzaufsicht ihren Teil an den riesigen Forderungen in der Bundesbank-Bilanz hat:

Die Angst der Banken, sich gegenseitig über die Grenzen hinweg Geld zu leihen, ist noch durch einige Finanzaufseher geschürt worden, die große Banken daran hindern, ihre Liquidität im Ausland einzusetzen. So ist es zu großen Ungleichgewichten auf dem Markt gekommen.

Und hier noch ein sehr erwähnenswerter Punkt Bini-Smaghis, wenn es darum geht, mögliche Kosten bei einem Zusammenbruch Euro-Raums abzuschätzen:

Davon abgesehen ist die Diskussion aber zu einseitig. Vor allem blendet sie die gegenseitigen Forderungen unter den Notenbanken aus, die sich aus der Ausgabe der Banknoten ergeben. In diesem Punkt ist die Bundesbank den anderen Notenbanken rund 170 Milliarden Euro schuldig, weil sie weit mehr Banknoten ausgegeben hat, als ihrem Anteil am Euro-System entspricht.

Was auch immer am Ende als Target-Forderung bei der Bundesbank im allerschlimmsten Fall hängen bleiben sollte, wir dürfen nicht vergessen, dass eine Notenbank niemals illiquide werden kann und den Staatshaushalt deswegen auch nicht belasten muss. Hans-Werner Sinn, der Steuerzahlerbund und die Finanzaufseher sollen endlich aufhören, Panik zu verbreiten. Ich möchte von Sinn lieber Vorschläge hören, wie die Euro-Zone besser gerettet werden kann.

Update (27.03.2012) @KantoosEcon weist auf Twitter darauf hin, dass die Gewinne der Bundesbank sinken dürften, was auch den Steuerzahler belasten würde. @mh120480 widerspricht, für ihn läuft die Tatsache, dass nicht skalierbare Gewinne verplant werden und den Haushalt belasten können unter politisches Versagen.

http://wirtschaftswunder.ftd.de/2012/03/26/target-eisberg/

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